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25.06.2013
Portraitfoto von Daniel May vor grauem Hintergrund.

Daniel May: Regierungserklärung der Wissenschaftsministerin

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu Beginn der Rede von Herrn Dr. Büger war ich noch geneigt, zu sagen: Wenn die Regierungserklärung schlecht ist, dann wird wahrscheinlich der Abgeordnetenbrief für die Koalition auch nicht besonders gut sein. – Aber jetzt muss ich sagen: Das, was Sie da zusammengeschustert haben, kann aus keinem Abgeordnetenbrief stammen. Das hat nicht einmal Bezug zu der dürftigen Regierungserklärung der Ministerin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der FDP)

Wenn Sie für eine Aussprache zur aktuellen Hochschulpolitik Presseerklärungen der GRÜNEN von 1984, das Sitzenbleiben und eine Leistungskultur an unseren Schulen mit Bürokratieabbau zusammenrühren, dann zeigt das doch: Ihnen fällt wirklich nichts mehr in Sachen Hochschulpolitik ein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Da sind Sie in Eintracht mit der Frau Ministerin, die heute den zweiten Anlauf gemacht hat innerhalb von eineinhalb Jahren, dieses Thema in einer Regierungserklärung zu skizzieren. Aber genauso wie beim ersten Anlauf vor eineinhalb Jahren ist es auch diesmal wieder gescheitert. Frau Ministerin, mir ist wirklich schleierhaft, was Sie sich dabei gedacht haben, diese Regierungserklärung heute abzuliefern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir hatten in Hessen einmal ein Institut für vergleichende Irrelevanz. Dafür wäre diese Regierungserklärung ein Fall gewesen; denn es gibt wirklich wenig Vergleichbares, das so irrelevant ist wie diese Regierungserklärung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Anstatt auf die großen Herausforderungen im Hochschul- und Wissenschaftsbereich einzugehen, verstecken Sie sich hinter Projekten. Da wundert es wenig, dass der Ministerpräsident vorschlägt, ein Zukunftsministerium zu gründen, wenn das Ihre Vorstellungen zur zukünftigen Forschungs- und Wissenschaftspolitik sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei will ich sagen, dass jedes der einzelnen Projekte, das Sie vorgestellt haben, durchaus sinnvoll sein kann. Auch das seniorengerechte Brot und der rote Apfelsaft verdienen unsere Anerkennung. Wir GRÜNE sprechen den Forscherinnen und Forschern in diesem Land unseren Dank und unsere Anerkennung aus für die Arbeit, die sie für diese Gesellschaft Tag für Tag leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Aber diese Aufzählung von Projekten macht noch kein Regierungshandeln aus. Sie können damit nicht verdecken, dass an der Spitze des Wissenschaftsministeriums eine Ministerin sitzt, die vollkommen erschöpft und verbraucht ist und auf die Abwahl wartet.

(Zurufe von der CDU)

– Ich wusste doch, dass Sie darauf reagieren. – Es ist durchaus richtig, dass Politiker die Arbeit von Forscherinnen und Forschern in diesem Land wertschätzen. Ja, es war richtig, das 2008 gestartete LÖWE-Programm weiterzuführen. Aber damit ist die Wissenschaftspolitik doch noch nicht erschöpft. Das allein kann nicht Inhalt einer Regierungserklärung zur Wissenschafts- und Hochschulpolitik sein. Das allein ist unzureichend.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man die Arbeit von Wissenschaftlern in diesem Land ernst nehmen möchte, dann tut man das nicht, indem man sich nicht mit ihren Ergebnissen wie mit falschen Federn schmückt, sondern dann muss man ihre Arbeitsbedingungen verbessern. Dann muss man ihre Ratschläge annehmen. Ich denke, grundsätzlich sollte die Regierung in einer Regierungserklärung ihr Handeln erklären und nicht erklären, wie andere Leute gehandelt haben. Aber da haben Sie heute versagt; denn Sie haben nichts mehr vor in der Wissenschaftspolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben sich in Ihrer Erklärung auch mit der Arbeit des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Systemtechnik in Kassel geschmückt. Ich greife das einmal heraus, weil das sehr deutlich macht, wie Sie mit Forschung umgehen, auch vor dem Hintergrund, welch salbungsvolle Worte Herr Büger eben verloren hat.

Sie haben jahrelang dieses Institut – da hieß es noch ISET – ausgebremst. Wir haben nicht vergessen und die Forscher in Kassel auch nicht, dass es die CDU in der Landesregierung war, die beim ISET damals die Mittel zusammengestrichen hat und stattdessen zugunsten eines Lobbyvereins der Kernenergie die Zuschüsse hochgefahren hat. Das zeigt, Sie sind vollkommen unglaubwürdig, was eine unabhängige Forschung angeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich sage, Sie haben mit Ihrer Regierungserklärung meilenweit an den tatsächlichen Lebenszusammenhängen und an den Problemen der Fachhochschulen und Universitäten in diesem Land vorbeigeredet. All die guten Projekte können nicht verdecken, dass Sie für die bestehenden Probleme keine Lösungsangebote liefern können. Für uns ist klar: Forschung und Lehre gehören zusammen.

(Zuruf des Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU))

– Ja, Herr Dr. Müller, für Sie ist es vielleicht 19. Jahrhundert. Für uns ist das 21. Jahrhundert und unser Konzept für die Zukunft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU))

Für uns beginnt die akademische Ausbildung an den Hochschulen im ersten Semester und nicht erst bei der Promotion.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von daher ist es unverantwortlich, in einer Regierungserklärung zur Forschung nicht über die Situation der Studierenden zu reden. Wir haben die Situation, dass wir ein Studierendenhochplateau vor uns haben, aber die Ministerin darauf in ihrer Regierungserklärung nur randweise eingeht. Wir haben die Situation, dass der Bund nur übergangsweise Geld für mehr Studienplätze zur Verfügung stellen kann, da ein sinnloses Kooperationsverbot – der ehemalige Außenminister hat es vor kurzem als in die Verfassung gegossenen Unsinn bezeichnet – eine dauerhafte Mitfinanzierung verhindert. Die Hochschulen brauchen aber Planungssicherheit. Es ist doch Etikettenschwindel, dass der Vertrag „Hochschulpakt 2020“ heißt, aber nur für ein oder zwei Jahre Mittel bereitstellt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das zeigt ein Problem. Sie glauben immer noch, dass das ein vorübergehendes Problem sei, das man untertunneln könne. Es wird aber eine dauerhafte Herausforderung für die Hochschulpolitik sein, mit einer steigenden Studierneigung umzugehen und dafür attraktive Angebote zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei der Finanzierung kommen Sie immer mit derselben Passage. Man konnte sie auch in der Regierungserklärung von vor eineinhalb Jahren nachlesen. Insofern sind wir gut darauf vorbereitet. Ja, in absoluten Zahlen gibt es so viel Geld wie noch nie. Das ist richtig. Aber wenn wir das in Relation setzen zu dem, was die Hochschulen zu machen haben, sieht die Welt schon anders aus. Denn wenn man die Anzahl der Studierenden in Relation nimmt und die Inflation einrechnet, dann sind die Ausgaben rückläufig.

Sie haben in Ihrer Regierungserklärung viele Forschungsergebnisse unserer hessischen Hochschulen angeführt. Ich möchte das an dieser Stelle auch machen und mit Genehmigung des Präsidenten eine Grafik zeigen, welche die Konferenz Hessischer Universitätspräsidien angefertigt hat.

(Der Redner hält eine Grafik hoch.)

Sie erkennen dort die durchschnittliche Zuweisung pro Studierenden an die Universitäten. Sie erkennen deutlich anhand der Grafik, dass das rückläufig ist. Die Zahlen sind für Sie natürlich nicht erkennbar, aber deshalb lese ich sie Ihnen der Vollständigkeit halber vor. 2009 – Frau Kühne-Hörmann übernimmt das Amt – waren es 9.542 € Zuweisung pro Studierenden an die hessischen Universitäten. 2012 waren es 8.437 Euro pro Studierenden.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Das heißt, dass wir etwa 1.100 Euro weniger haben. Was die Ausgaben pro Kopf angeht – Herr Dr. Büger hat damit angefangen; er hat gesagt, wir hätten Spitzenwerte –, sieht das Statistische Bundesamt dies etwas anders. Ich zitiere aus „Hochschulen auf einen Blick 2012“. Dort steht Hessen auf dem achten Platz. Ich würde sagen, das ist knapp an der Spitze vorbei. Von daher kann man auch an dieser Stelle nicht sagen, dass wir dort besonders herausragend seien.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern nutzt das Blenden mit absoluten Zahlen überhaupt nichts.

Wir haben außerdem ein fehlgeleitetes Finanzierungssystem der Hochschulen, das wiederum dazu führt, dass die Betreuungsrelation zwischen Studienderen und Lehrenden immer schlechter wird. Auch dazu kein Wort von der Ministerin. Wir hatten 2008 noch eine Betreuungsrelation von 64,7 Studierenden pro Professur an Unis und 48 Studierenden pro Professur an Fachhochschulen. Ihr Verdienst ist es, dass es heute an den Unis statt 64,7 Studierende auf eine Professur 75 sind. Ihr Verdienst ist es, dass es an Fachhochschulen heute statt 48 Studierende pro Professur 57,7 sind.

Das zeigt, die Betreuungsrelation entwickelt sich rückläufig. Das betrifft auch die Qualität von Forschung und Lehre. Diese Verschlechterung der Relation von Lernenden zu Lehrenden geht vollumfänglich auf Ihr Konto, Frau Ministerin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Frau Ministerin, Ihr Problem war, dass Sie den Ideologen von der FDP geglaubt haben, die da meinten, auch im Hochschulbereich wird der Wettbewerb schon alles richten. Daher haben Sie keinen Plan entwickelt, wie man die Hochschullandschaft weiterentwickeln soll, um den großen Herausforderungen, was steigende Studierneigung, was Studierendenhochplateau angeht, entgegentreten zu können.

Stattdessen fabulierten Sie auf der Hochschulleitertagung darüber, dass man den Zugang zur Hochschule besser begrenzen solle, eine Höchstquote von 45 % sei Ihr Ziel. – Wir GRÜNE sagen: Das ist der vollkommen falsche Weg, Politik zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verantwortliche Politiker nehmen gesellschaftliche Entwicklungen wahr, nehmen sie auf und gestalten anschließend die staatlichen Einrichtungen bedarfsgerecht. Stattdessen wollen Sie diese Entwicklung künstlich in Grenzen setzen. – Ich sage: Das ist der vollkommen falsche Weg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Entsprechend schwach sind auch Ihre Ausführungen zur sozialen Infrastruktur an den Hochschulen. Die hat etwas mit Studierneigung zu tun. Wenn wir einen fairen Zugang zu Hochschulen gewährleisten wollen, dann bedeutet das auch, dass soziale Ungleichheiten mit einer sozialen Infrastruktur abgefedert werden müssen. Dazu sagen Sie wenig.

Entlarvend finde ich auch das Beispiel Ihrer fiktiven Familie. Das ist nämlich die Tochter, die in Hessen studiert, aber noch zu Hause wohnt und zum Hochschulstandort einpendelt. Ja, warum denn? – Weil sie sich vermutlich keine Wohnung in ihrer Hochschulstadt leisten kann, weil Schwarz-Gelb keinen bezahlbaren Wohnraum geschaffen hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das, was Sie vor Kurzem an neuen Wohnheimplätzen versprochen und wiederholt haben, reicht doch bei Weitem nicht aus, um Anschluss an die anderen Bundesländer zu halten. Hessen hat im Ländervergleich eine schlechte Relation von Studierenden zu Wohnheimplätzen.

In Zahlen heißt das: Wir hatten 2002 noch ein Angebot von Wohnheimplätzen zu Studierenden in Höhe von 9,5 Prozent. 2011 war die Unterbringungsquote jedoch auf 7,3 Prozent zurückgefallen. – Das zeigt: Sie haben dort die Entwicklung verschlafen, und die Wohnungsnot der Studierenden geht voll auf Ihre Kosten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sagen: Es ist höchste Zeit, dass das Land wieder Verantwortung übernimmt und die Studierendenwerke dazu befähigt, in ausreichendem Maße neue Plätze zu errichten. Dazu haben wir bereits im letzten Herbst einen Antrag vorgelegt. Das, was Sie jetzt vorhaben, ist bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.

Auch kein Wort von Ihnen zur Weiterentwicklung der Autonomie der Hochschulen. Das hat mich schon sehr gewundert, weil man in einer Grundsatzrede der Wissenschaftsministerin etwas darüber erfahren können sollte, wie es mit den Hochschulen weitergehen soll. – Für uns ist klar: Wir wollen die Autonomie stärken und uns an den guten Beispielen orientieren, die es gibt.

(Zuruf von der CDU)

Dazu gehört es, die Bauautonomie mit den Hochschulen, die das wollen, zu erweitern. Ich verstehe auch nicht, dass Sie das nicht aufgreifen, denn Ihre Vorvorvorgängerin Ruth Wagner hat in diesem Bereich tatsächlich seinerzeit etwas Sinnvolles auf den Weg gebracht. Aber auch an dieser Stelle zaudern Sie. Das spricht Bände darüber, wie wenig Ihnen Ihr Ministerium noch bedeutet, Frau Ministerin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann haben Sie in Ihrem Redebeitrag die Fachhochschulen lobend erwähnt. Neben dem fiktiven Frühstück und dem fiktiven Handy war hier zumindest die Spur eines politischen Akzentes zu erkennen. Ich erkenne an, Sie haben mittlerweile gelernt, dass die Fachhochschulen für die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Land wichtig sind, dass sie Wissenschaftstransfer in kleine und mittlere Unternehmen befördern, dass sie dort Forschung befördern.

Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie sich verhalten positiv zum Promotionsrecht an Fachhochschulen geäußert haben. Aber man muss auch klar sagen: Erstens haben wir GRÜNE das, was Sie geäußert haben und was Sie unter Umständen machen könnten, in unserem Konzept „Hochschulpolitik für Hessen“ schon im letzten Herbst gefordert, dass man sich nämlich auf den Weg macht, ein Promotionskolleg der forschungsstarken Fachbereiche der Fachhochschulen zu gründen.

Aber auch dann bleiben Sie wieder unscharf und sagen: Na ja, irgendwie will ich erst einmal über das Ganze nachdenken und überprüfen. – Das ist natürlich das Gegenteil von Klarheit. Das ist meines Erachtens ein Versuch, die Fachhochschulen zu vertrösten, um über den Wahltag zu kommen.

Wie ernst es Ihnen mit dieser Überlegung ist, hat man gemerkt, als der Koalitionsabgeordnete Dr. Büger eben gerade versprochen hat, dass es so etwas mit ihm nicht geben wird. Von daher ist doch ganz klar: Sie haben immer noch keine Ahnung, wie es an dieser Stelle weitergehen soll. Das zeigt, Sie nehmen das Thema Forschung an den Fachhochschulen immer noch nicht ernst genug.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für uns ist klar: Fachhochschulen sind in Lehre und Forschung stark gewachsen. Ihre Bedeutung für Hessen ist immens. Sie öffnen den Zugang zur Hochschule einerseits für mehr Menschen, aber eben auch, damit kleine und mittlere Unternehmen Zugang zu Forschung und Wissenstransfer haben.

Um diese Entwicklung aufzugreifen, müsste diese Landesregierung Akzente setzen. Doch leider haben Sie es auch in dieser Regierungserklärung versäumt, dazu klare Ansagen zu machen.

Wenn Forschung und Lehre zusammen gehören – das ist immer noch unsere Meinung –, dann muss man auch etwas zu Bologna sagen. Sie haben kein Wort zur Bologna-Reform verloren. Dabei muss uns doch allen klar sein, dass so, wie wir Bologna in Hessen und in Deutschland umgesetzt haben, Fehlentwicklungen stattgefunden haben. Bologna sollte mehr Mobilität und Vergleichbarkeit bringen.

Das Gegenteil ist eingetreten. Das hat die Belastung der Studierenden dramatisch gesteigert. Das, was G 8 in der Schule ist, ist Bachelor und Master in der Hochschule. Das war aber nicht intendiert, und das muss nicht sein. Es ist unser erklärtes Ziel, mit den Hochschulen Lösungen zu entwickeln, damit die Studierenden wieder mehr Freiheit im Studieren haben können.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein Problem, das sich in unserem Bereich noch weiter massieren wird, ist die Hürde, einen Masterstudienplatz zu erhalten. Ich will damit nicht sagen, wir sollten jetzt einsteigen, dass alle einen Master machen müssen. Der Bachelor muss berufsbefähigend sein. Trotzdem haben wir die Entwicklung, dass ein grober Mangel stattfindet.

Es kann doch nicht sein, dass wir sehenden Auges eine Entwicklung haben, dass diejenigen Absolventen, die einen Master machen wollen, zu großen Teilen nicht mehr in ein Masterstudium aufgenommen werden. Sie haben viel über Forschung geredet – wo sollen denn die Nachwuchswissenschaftler herkommen, wenn viele Studierende keinen Masterstudienplatz mehr erhalten können?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch zu dieser Problematik kein Wort von Ihnen.

Ebenso schweigsam sind Sie zur Frage des Universitätsklinikums Gießen und Marburg. Wir hatten den Versuch unternommen, durch Zusammenlegung von Anträgen dieses Thema in diese Debatte mit hineinzuheben. Ich glaube, dass eine Regierungserklärung zur Forschungspolitik etwas dazu sagen sollte, wie es am Universitätsklinikum Gießen und Marburg weitergeht.

Stattdessen haben Sie darüber geredet, dass unsere Wissenschaftler in der Medizin herausgefunden haben, dass Kaffee nicht schädlich ist. Ja, das ist auch für uns alle lebensbedeutsam und sicherlich interessant. Aber es ist nicht die Debatte, die zurzeit in zwei von drei medizinischen Fachbereichen in Hessen geführt wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Andrea Ypsilanti (SPD))

Wir haben die Situation – Sie haben das in der Presse verfolgt –, dass es vielleicht wieder zu einem Eigentümerwechsel kommt. Wir haben diese Situation schon einmal debattiert. Damals haben Sie sinngemäß gesagt: „Alles ist besser wie Rhön“, als Sie darauf angesprochen wurden, wie das denn mit Fresenius sei. Dann wäre doch eigentlich zu erwarten gewesen, dass Sie heute hier sprachfähig sind und etwas dazu sagen, wie es beim UKGM weitergehen soll, wenn jetzt Fresenius wieder einsteigt. Aber dazu sagen Sie nichts. – Ich sage: Das spricht Bände.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Noch ein anderer Bereich, der im Bereich UKGM verortet ist, muss man hier ansprechen, nämlich die Partikeltherapie. Wir haben lange Zeit nachgebohrt und Sie darauf hingewiesen, dass der Abbau durch Siemens droht und dass damit das ganze Projekt scheitert – ein Projekt, was Sie noch als ausschlaggebend genannt hatten, als Sie das Universitätsklinikum Gießen/Marburg privatisiert haben.

Jetzt haben wir wieder die öffentliche Debatte, weil bekannt geworden ist: Aha, ja da gibt es eine Vertragskündigung von Siemens. – Was sagen Sie dazu? Nichts. – Ich sage: Das ist schlimmes Desinteresse an der Hochschulmedizin in Mittelhessen, die Sie hier zeigen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Sie haben auch kein Wort zur Situation des akademischen Nachwuchses gesagt. Auf Antrag der drei Oppositionsfraktionen hat der Wissenschaftsausschuss im letzten Herbst eine große Anhörung zu der Frage gemacht, wie die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses ist. Da war man sich sehr schnell einig, dass die Situation prekär ist, dass es dort zu viele Kettenverträge und kurzzeitige Verträge gibt und dass zu viele Befristungen stattfinden.

(Zuruf des Abg. Dr. Matthias Büger (FDP))

– Herr Dr. Büger, dann sind Sie halt anderer Meinung. Aber alle anderen hatten schon diese Auffassung.

Die Hochschulpräsidenten haben gesagt: Wir würden daran gerne etwas ändern. – Sie haben gesagt: Wir würden daran gerne etwas ändern, aber leider sind unsere Mittelzuweisungen so volatil, dass wir nicht planen können.

Ich sage: Wenn wir daran nichts ändern, werden wir massenhaft junge Nachwuchswissenschaftler an das Ausland verlieren. – Deshalb sage ich: Wir müssen daran etwas ändern. Dazu gehört, den Hochschulen mehr Planungssicherheit zu geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, es wäre noch viel zu sagen. Aber mit Blick auf die Zeit möchte ich zum Schluss meiner Rede kommen. Sie haben in Ihrer Regierungserklärung den Tagesablauf einer fiktiven Familie erklärt. Ich glaube, vielmehr wird uns Ihr Tagesablauf zu Beginn der nächsten Legislaturperiode interessieren. Ich kann im Sinne der Hochschulen und Universitäten dieses Landes nur hoffen, dass Ihr Tagesablauf damit enden wird, dass Sie Ihrer Nachfolgerin oder Ihrem Nachfolger, die oder der jetzt noch der Opposition angehört, das Amt übergeben werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Beifall der Abg. Willi van Ooyen und Janine Wissler (DIE LINKE))

Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Kollege May, vielen Dank.

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