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21.11.2012
Portraitfoto von Daniel May vor grauem Hintergrund.

Daniel May: Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Trotz vorgerückter Stunde möchte ich mich noch etwas intensiver mit der Situation an hessischen Hochschulen auseinandersetzen. Wer jetzt über mangelnde Konzentrationsfähigkeit klagt, kann vielleicht ein bisschen mit den Studierenden mitfühlen, die um diese Zeit noch im Hörsaal und im Seminar sitzen, weil tagsüber keine Räume zur Verfügung standen, um Lehrveranstaltungen abzuhalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU) – Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

– Jetzt haben Sie mich zum Professor ehrenhalber gemacht. Es ist schade, dass Sie keine Redezeit mehr haben, um das von hier vorne für das Protokoll noch einmal zu wiederholen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Insgesamt atmet auch der Einzelplan 15 den Geist einer amtsmüden und verbrauchten Landesregierung, die nichts mehr vorhat,

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

und den Herausforderungen, die in diesem Bereich auf uns zukommen, nicht gerecht wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir erleben in diesem Wintersemester ein neues Rekordniveau bei den Studierendenzahlen, und weitere Rekordzahlen sind zu erwarten. Die Entwicklung, die jetzt stattfindet, ist nicht vom Himmel gefallen, sondern hat sich über Jahre angekündigt. Sie haben der Entwicklung tatenlos zugesehen. Was noch viel schlimmer ist: Damit vergeuden Sie Potenzial des Landes Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, Sie kommen aus Nordhessen. Im Landkreis Frankenberg gibt es unter den Kommunalpolitikern die Redensart: Wenn es Brei regnet, sollte man den Löffel raushalten. – Dieses Sprichwort passt gleich in doppelter Hinsicht zum Wissenschaftshaushalt: Es regnet in Hessen insofern Brei, als immer mehr junge Menschen ein Studium an einer hessischen Hochschule aufnehmen wollen. Um dieses Potenzial aber ausschöpfen zu können, also den Brei aufzunehmen, der da regnet, bräuchten wir Kapazitäten an den Hochschulen. Die müsste die Landesregierung bereitstellen, sie macht es aber nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So sind die Hochschulen nicht auf das vorbereitet, was gerade auf sie einstürmt. Sie sind auch nicht auf die Entwicklung der nächsten Jahre vorbereitet. Der Haushalt 2013/2014 wird dem nicht gerecht. Ganz im Gegenteil! Wenn Sie, Frau Ministerin, auf der Hochschulleitertagung darüber reden, die Studierquote müsse langfristig begrenzt werden, dann zeigt das, dass Sie den großen Gewinn noch gar nicht erkannt haben, der darin liegt, dass sich so viele junge Menschen für ein Studium interessieren. Es nützt auch nichts, wenn Sie in Werbeveranstaltungen das LOEWE-Programm oder absolute Zahlen abfeiern, wobei das LOEWE-Programm durchaus unsere Unterstützung findet.

(Zuruf des Abg. Dr. Matthias Büger (FDP))

Es nützt nichts, die Kür abzufeiern, wenn Sie bei der Pflicht versagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Pflicht ist, ausreichende Mittel für die Lehre bereitzustellen. Da versagen Sie. Das lässt sich an einer Kennzahl sehr deutlich ablesen, nämlich am Clusterpreis, an dem, was Sie den Hochschulen pro Jahr pro Studierenden zur Verfügung stellen. Der Clusterpreis ist seit Jahren rückläufig, auch 2013/2014 geht er zurück. Das bringt die Hochschulen zusehends in Schwierigkeiten, die Qualität der Lehre sicherzustellen. Es zeigt, dass Sie nicht willens sind, würdig mit dem Studierendenansturm umzugehen.

Das Bild vom Breiregnen passt noch in einer ganz anderen Art und Weise: Vonseiten des Bundes wurde die Entwicklung nicht ganz verschlafen. Über den Hochschulpakt 2020 zwischen Bund und Ländern stellt uns der Bund sehr viel Geld zur Verfügung, um dem Studierendenansturm zu begegnen. Auch wir haben dafür sehr viel Geld in den Haushalt eingestellt. Sie allerdings haben Ihre Hausaufgaben in Bezug darauf, wie mit dem Geld umgegangen werden soll, nicht gemacht, sondern die Hochschulen erst in diesem Herbst aufgefordert, darzulegen, was Sie mit den 4 Millionen Euro, die uns jetzt dankenswerterweise vom Bund zur Verfügung gestellt werden, machen wollen. Eine langfristige Entwicklungsperspektive sieht auf jeden Fall anders aus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine Planung, die gerade einmal über drei Jahre geht, ist vollkommen fehl am Platz, wenn man weiß – die Kultusministerkonferenz spricht auch vom Studierendenhochplateau –, dass sich die Entwicklung hin zu hohen Studierendenzahlen weit bis ins nächste Jahrzehnt hinziehen wird. Die Hochschulen brauchen jetzt eine langfristige Entwicklungsperspektive, langfristige Zusagen, was die Mittel angeht.

Wir hatten gerade eine Anhörung zum Thema „Prekäre Beschäftigungssituationen an den Hochschulen in Hessen“. Vonseiten der Hochschulpräsidenten wurde betont: Wir können oftmals gar nicht anders, weil wir keine langfristige Sicherheit haben, wie die Finanzierung weiterläuft. – Das zeigt ganz deutlich: Die Hochschulen brauchen eine langfristige, dauerhafte Perspektive, was die Grundfinanzierung angeht, wenn wir das Problem lösen wollen.

Eine etwas dauerhaftere Perspektive haben Sie anscheinend der European Business School versprochen. Obwohl allenthalben bekannt ist, dass unklar ist, wie es mit dem Betrieb der Law School weitergehen wird, sind im Haushalt jährlich round about 1,5 Millionen Euro Subventionen vorgesehen – eine relativ hohe Summe. Wenn man das mit anderen privaten Hochschulen vergleicht, beispielsweise mit der Frankfurt School of Finance, die wesentlich weniger braucht, dann zeigt das:

(Zuruf des Abg. Dr. Matthias Büger (FDP))

Eine langfristige Perspektive gibt es nur für Ihre Klientel, die Ihnen wesentlich wichtiger ist als eine gerechte Verteilung der knappen Mittel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Lassen Sie mich kurz zusammenfassen, was stattdessen jetzt für den Hochschulbereich zu tun wäre: Wir brauchen eine bessere finanzielle Ausstattung der Hochschulen, um den Rekordstudierendenzahlen zu begegnen. Wir brauchen auch mehr Mittel für das soziale Umfeld; darauf möchte ich jetzt nicht weiter eingehen, darüber werden wir uns morgen Vormittag noch unterhalten. Insgesamt brauchen die Hochschulen eine dauerhafte Perspektive, was eine stabile Grundfinanzierung angeht.

Lassen Sie mich in der letzten Minute meiner Redezeit noch kurz etwas zum Thema „Kulturpolitik“ sagen.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

– Nein, das möchte ich noch ausführen. Ich habe auch vielen anderen Rednern zugehört. Es ist bedauerlich, dass Sie unseren Änderungsantrag zur Filmförderung, wahrscheinlich ohne diesen ernsthaft wahrgenommen zu haben, einfach ablehnen. Unser Vorschlag zur Gründung einer hessischen Film und Medien GmbH wäre im Sinne der Filmschaffenden gewesen, nämlich eine Bündelung vorzunehmen, um zu einer zentralen Ansprechstelle für innen und außen zu kommen. Dies hätte eine bessere wirtschaftliche Förderung des Films bedeutet und die Zersplitterung der hessischen Filmförderung beendet. Leider handeln Sie auch hier nach dem Motto „Mehrheit ist Wahrheit“ und setzen sich nicht ernsthaft mit dem Thema auseinander.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Lassen Sie mich abschließend feststellen – ich darf den Landtagspräsidenten aus der Sitzung vom Dienstag zitieren –: Die Regierung hat keinen Saft mehr. – Ich ergänze: Sie gehört daher abgewählt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und des Abg. Marius Weiß (SPD))

Präsident Norbert Kartmann:

Vielen Dank, Herr Abg. May

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