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22.11.2012
Portraitfoto von Daniel May vor grauem Hintergrund.

Daniel May: Ausbau von Wohnheimplätzen für Studierende vorantreiben

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Wohnungslage in den hessischen Hochschulstädten ist schon seit mehreren Jahren angespannt. Günstige Wohnungen sind bei den Studierenden heiß begehrt und Mangelware. Dies hat zur Folge, dass zu Semesterbeginn viele Studierende noch kein Zimmer ergattert haben oder sehr hohe Mieten zahlen müssen.
In diesem Herbst hat sich die Situation nochmals verschärft; denn die vielen neuen Studierenden – über die wir uns natürlich sehr freuen – brauchen natürlich ein Dach über dem Kopf. Daher ist der günstige Wohnraum noch knapper und die Not noch größer geworden.
In diesem Herbst war, wie auch im Jahr zuvor, in den Medien viel über diese angespannte Situation zu sehen und zu lesen. Sie spiegelt sich beispielsweise bei den Studierendenwerken wider, sodass die Warteliste für einen Wohnheimplatz Mitte Oktober in Frankfurt und Marburg jeweils etwa 1000 Namen lang war, in Darmstadt waren es rund 1400, in Kassel 800. Auch in Gießen muss man im Schnitt etwa ein halbes Jahr auf einen Wohnheimplatz warten. Auf jedes angezeigte WG-Zimmer kommen Dutzende Bewerber, sodass die WGs geradezu Castings veranstalten, um den Platz zu vergeben.
Wenn dies alles so in der öffentlichen Debatte ist, dann frage ich mich – und das sollte sich auch die Wissenschaftsministerin fragen –: Wenn die Medien zum Anfang des Semesters melden, dass es erhebliche Missstände gibt, viele Studierende in Matratzenlager ziehen müssen und die Mieten durch die Decke gehen, müssen doch auch Sie, Frau Kühne-Hörmann, auf die Idee kommen, als zuständige Ministerin etwas zu tun.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich halte es für die Aufgabe einer Wissenschaftsministerin, sich um die Belange der Studierenden zu kümmern. Dazu gehört auch bezahlbarer Wohnraum.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)
Die von mir beschriebene Situation auf dem Wohnungsmarkt kommt nicht von ungefähr und nicht ganz überraschend. Es brauchte wahrlich keine hellseherischen Fähigkeiten, um erahnen zu können, welche Lage sich auf dem Wohnungsmarkt insbesondere für Studierende ergeben würde – gerade dann, wenn die Studierendenzahlen seit Jahren steigen und weiter steigen werden. Deshalb weise ich noch einmal ausdrücklich auf die Prognosen hin, nach denen wir weiter Höchstzahlen bei den Studierenden haben werden. Diese Entwicklung ist noch nicht am Ende angelangt.
Leider hat die Hessische Landesregierung wie auch die zuständige Ministerin diese Entwicklung in den letzten Jahren ignoriert. Seit mehreren Jahren wird kritisiert, dass sich das Land Hessen nicht ausreichend auf dieses kommende Studierendenhochplateau, wie es die KMK beschreibt, vorbereitet. So ist es auch beim studentischen Wohnen. Wenn die Hochschulen immer neue Rekordzahlen an Studierenden vermelden, läuft der Wohnungsmarkt voll.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
So wird auch bei diesem Thema mehr als deutlich, dass diese Regierung und die zuständige Ministerin amtsmüde und verbraucht sind, wenn sie dieser Entwicklung so tatenlos zusehen.
Sie haben entweder kein Interesse oder nicht die Kraft, politisch zu handeln, um die Wohnungsnot der Studierenden zu lindern.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dabei haben viele andere Politiker diese Situation bereits in Angriff genommen, beispielsweise die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, die jetzt ein Sonderprogramm aufgelegt hat, um Wohnheimplätze neu zu schaffen, während das in Hessen nicht der Fall ist. Auch der Bundesminister Ramsauer von der CSU hat jüngsten Pressemeldungen zufolge erkannt, dass es zu wenig studentischen Wohnraum gibt und einen Runden Tisch für Bund und Länder einzurichten versucht. Da wir immer weniger Soldaten haben, hat er ganz aktuell vorgeschlagen, die leer stehenden Kasernen für die Studierenden zur Verfügung zu stellen. Übrigens wäre es zumindest in Darmstadt sehr wünschenswert, wenn sich der Minister durchsetzt, weil ein ähnliches Modell bisher immer an der schwerfälligen Bundesbauverwaltung gescheitert ist.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))
Diese Beispiele zeigen ganz deutlich, dass die Hessische Landesregierung aufwachen und das Thema anpacken muss. Dabei ist das Angebot an Wohnheimplätzen nun einmal ganz entscheidend.
Unsere hessischen Studierendenwerke stellen an den Standortkommunen Studentenwohnheime zur Verfügung. Die Versorgungsquote ist nach Angaben des Deutschen Studentenwerkes in Hessen mittlerweile bei nur noch 7,4 Prozent angelangt, während sie im Bundesschnitt immerhin noch bei 11,2 Prozent liegt.
Das bedeutet, wir haben eine unterdurchschnittliche Versorgung mit Wohnheimplätzen. Wir brauchen vor allem in den Landesteilen, in denen Wohnraum ohnehin knapp ist, mehr Wohnheimplätze, um die Lage dort zu entspannen. Das Studentenwerk Rhein-Main rechnet z. B. für den Raum Frankfurt mit einem zusätzlichen Bedarf von rund 1.000 Plätzen.
Daher will meine Fraktion mit dem heute vorliegenden Antrag erreichen, dass die Landesregierung endlich Stellung nimmt, wie sie mit dieser sich verschärfenden Situation umgehen und zusätzlichen Wohnraum für Studierende schaffen will.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir stellen Forderungen auf. Wir fordern, dass die Landesregierung aktiv in diese Politik eingreift; denn es kann nicht sein, dass sich die Landesregierung hierbei zurücklehnt und die Arbeit den Studierendenwerken überlässt.
Aus diesem Grund haben wir konkrete Handlungsaufträge erarbeitet, um die anerkennenswerten Anstrengungen der Studierendenwerke, die es bereits gibt, zu unterstützen und mehr Investitionen zu ermöglichen, um weitere Wohnheime zu schaffen. Dies betrifft erstens die Bereitstellung von günstigen Grundstücken – dazu gab es ein lobenswertes Beispiel in Darmstadt –, das betrifft zweitens die Bereitstellung von vergünstigten Krediten und drittens die direkte Bereitstellung von Fördermitteln im hessischen Landeshaushalt.
Damit wollen wir die Studierendenwerke befähigen, ihre Anstrengungen zur Schaffung von neuen Wohnheimplätzen zu unterstützen, um die Lage für die Studierenden zu entschärfen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ein weiterer Teil unseres Antrags ist es, kreative Lösungen, wie sie beispielsweise mit dem Projekt „Wohnen für Hilfe“ in Marburg versucht werden, als Vorbild zu nehmen und auch in anderen Studentenstädten als sinnvolle Ergänzung einzurichten. Aber es ist natürlich nur ein ergänzendes Angebot. Es ist klar, das sich Politik über solche Projekte noch einmal an die Bevölkerung wendet und um Hilfe bittet. Auch ich appelliere an die Bevölkerung: Bitte helfen Sie mit. Wenn Sie die Möglichkeit haben, noch ein Zimmer unterzuvermieten, dann tun Sie das und helfen so einem Studierenden oder einer Studierenden.
Aber das kann die Regierung nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Sie ist in der Verantwortung, aktiv zu werden und mehr studentischen Wohnraum zu schaffen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Lassen Sie mich zum Abschluss feststellen: Die Landesregierung hat der Entwicklung im Bereich des studentischen Wohnens lange genug zugesehen. Wir kennen kein Programm, keinen Plan der zuständigen Landesministerin, wie sie mit dem Problem umgehen will. Wir brauchen aber jetzt eine Offensive für mehr Wohnheimplätze.
(Beifall des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Wenn wir nicht wollen, dass sich aus fehlenden sozialen Angeboten – dazu gehört ein erschwinglicher Wohnraum – eine wirtschaftliche Selektion beim Zugang zu Hochschulen entwickelt, dann müssen wir handeln. Wir können es uns nicht leisten, Talente zurückzulassen, nur weil sich die Eltern das WG-Zimmer nicht leisten können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Vizepräsidentin Ursula Hammann:
Vielen Dank, Herr Kollege May.

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