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13.12.2012
Portraitfoto von Daniel May vor grauem Hintergrund.

Daniel May: Aktuelle Stunde – Millionengrab European Business School – unverantwortlicher Umgang der Landesregierung mit Steuergeld

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht des Hessischen Rechnungshofs, der letzten Freitag an uns verteilt wurde, ist ein vernichtendes Zeugnis für die Politik der Hessischen Landesregierung.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir müssen also heute über die Förderung der European Business School sprechen, um den Menschen im Land zu erklären, was hier passiert ist. Vielen Menschen drängt sich nämlich der Eindruck auf, dass hier ein Unternehmen bevorzugt und großzügig mit Staatsgeld gefördert wurde. Wieso? Weil das der politischen Philosophie der CDU/FDP-Landesregierung – also von Schwarz-Gelb – entspricht, die so gern über Elite redet, und weil die regierenden Parteien durch Politiker eng mit der EBS verbunden sind. Ich muss feststellen, die Landesregierung macht nichts, um diesem Eindruck entgegenzuwirken; im Gegenteil.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)
Worum geht es bei der EBS-Förderung? Die EBS zu einer Universität mit einer Jura-Fakultät bzw. – wie man das so schick sagt – mit einer Law School zu machen, sollte im dritten Kabinett Koch ein Leuchtturmprojekt von CDU und FDP sein. Eine wirtschaftsnahe Juristenausbildung würde unser Land mächtig nach vorne bringen, sagte Ministerin Kühne-Hörmann im Jahr 2009. Der damalige Ministerpräsident sagte bei der protzigen 600.000-Euro-Feier zur Selbstverleihung des Universitätstitels sogar, die EBS habe die „Rolle eines Pfadfinders“ übernommen, „weil sie das Tor öffnet zu einer Wettbewerbsfähigkeit, die wir brauchen“.
(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Leider hat der Pfadfinder seinen Pfad zur Wettbewerbsfähigkeit dann eher verloren als gefunden. Dafür fand der Pfadfinder EBS bei der Regierung Koch – später Regierung Bouffier – einen leichten Pfad zur Staatskasse.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)
Da man so begeistert von der Wirtschaftshochschule war, waren die Finanzdaten, die die EBS zur Beantragung einer Förderung bei der Landesregierung einreichte, quasi sakrosankt: heilig, unantastbar. Immer noch atmen die Auskünfte und Aussagen der Landesregierung den Geist der Heiligkeit, z. B. wenn es heißt, die EBS habe einen solch astreinen Namen gehabt, dass es gar nicht notwendig gewesen sei, so genau hinzuschauen. Meine Damen und Herren, das ist ein folgenschwerer Fehler.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist bezeichnend, dass diese Antwort von der Frau Ministerin noch am 07.12.2012 unterzeichnet wurde.
Nur zur Erinnerung: Das ist nicht nur das Datum, an dem der Landesrechnungshof dieses vernichtende Zeugnis, von dem ich vorhin geredet habe, ausgestellt und uns zugesendet hat. Nein, es ist auch der Tag, an dem die EBS in einer Pressekonferenz ihre ziemlich roten Zahlen als Zukunftsprogramm der Öffentlichkeit vorstellte. Das zeigt doch, dass sie immer noch nicht verstanden haben, worum es hier eigentlich geht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)
Wir GRÜNE haben ebenso wie andere Oppositionsfraktionen seit 2009 eine große Anzahl von Fragen, Berichtsanträgen und Kleinen Anfragen, usw. gestellt. Wir haben immer keine schlüssigen Antworten bekommen, bzw. manche Antworten sind durch den Rechnungshofbericht sogar widerlegt.
Daher bringt dieser Bericht eine ganz neue Situation. Wir stellen wieder Fragen an die Landesregierung, in der Hoffnung, dass sie vielleicht dieses Mal beantwortet werden. Wir fordern Sie auf, endlich schlüssig, ehrlich und vollständig zu antworten. Kurz: Wieso haben Sie so gehandelt? Wieso haben Sie, auch als offensichtlich wurde, dass die Förderkriterien falsch gesetzt oder viel zu weich waren, nicht gehandelt?
(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))
Wieso haben Sie die finanziellen Probleme der EBS so lange ignoriert, obwohl sie immer offenkundiger wurden? Wie gesagt: Bisher haben Sie uns nicht gut informiert, sondern sich eher herausgeredet.
Ich stelle eine Theorie auf, wie das im Jahr 2009 gewesen ist. Das Kabinett war neu gebildet worden. Die FDP war hinzugekommen. Auf Corts folgte Kühne-Hörmann im Wissenschaftsministerium. Die EBS wandte sich einmal wieder mit einem Förderantrag an die Landesregierung. Diesmal hatte sie aber schneller Erfolg als zuvor. Ziel der EBS war also ein zweiter Fachbereich in Wiesbaden, der Wiesbaden zur Universitätsstadt machen sollte. Man hatte auch ein fertiges Konzept, das ziemlich ungeprüft zum Gegenstand der Koalitionsrunde wurde und dann tatsächlich auch sehr schnell Regierungshandeln. Leider blieb dabei ein ganz wichtiger Teil eines politischen Prozesses auf der Strecke – wichtige Prozesse und Prüfungen, die bei einem Projekt mit einer öffentlichen Förderung von knapp 25 Millionen Euro dringend notwendig gewesen wären. Da wir davon ausgehen müssen, dass die Hessische Landesregierung so etwas nicht verschläft, vor allem dann nicht, wenn es eine breite öffentliche Debatte dazu gibt, in der wir das Ganze in Zweifel stellen, dann muss man doch fast von Absicht ausgehen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Kahl (SPD))
Dazu passt auch die enge personelle Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und EBS, die sich darin widerspiegelt, dass Politiker der CDU/FDP-Koalition gleichzeitig Posten bei der EBS einnehmen oder einnahmen. So wurde wild darauf losgefördert, ohne genaue Ziele zu vereinbaren, ohne einen Bedarf festzustellen und ohne die Plausibilität der Pläne zu überprüfen. Das sind die Fakten, die der Rechnungshof in seinem Bericht ganz klar dargelegt hat, die zu einem vernichtenden Zeugnis für diese Landesregierung werden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Daher ist die EBS-Förderung – das Bild wurde hier eben schon einmal genannt – wie alle anderen Leuchttürme von CDU und FDP nun ziemlich baufällig und wird auf seine Erbauer zurückfallen. Zu eindeutig sind die Aussagen des Hessischen Rechnungshofs. Sie werden sie nicht wegdiskutieren können. Der Bericht belegt eindeutig, dass beim Prestigeprojekt European Business School alle Bedenken, alle Warnungen, aber auch viele Regeln beiseitegeschoben wurden. Ohne Rücksicht auf Verluste wurde wild darauf losgefördert.
Die CDU/FDP-Landesregierung hat entgegen allen Warnungen Geld in ein Prestigeprojekt gesteckt, dessen Erfolgsaussichten nie ernsthaft geprüft wurden. Sie haben entgegen allen Warnungen auch dann noch Geld in Ihr Prestigeprojekt gesteckt, als die Zeichen unübersehbar wurden, die ein Scheitern deutlich machten. Sie haben Millionen Steuergeld in ein Prestigeprojekt gesteckt, dessen Erfolg mehr als zweifelhaft ist und das droht, ein Millionengrab zu werden. Das ist ein unverantwortlicher Umgang mit Steuergeld. Sie sind jetzt in der Pflicht, Ihr Versagen zu erklären. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)
Vizepräsident Frank Lortz:
Vielen Dank, Kollege May.

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