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05.09.2013
Portraitfoto von Daniel May vor grauem Hintergrund.

Daniel May: Aktuelle Stunde – Aachener Friedenspreis an Offenbacher Schule vergeben – wir gratulieren

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin mir nicht sicher, ob die Verleihung des Aachener Friedenspreises tatsächlich eines der fünf wichtigsten politischen Themen ist, die man kurz vor der Landtagswahl im Rahmen einer Aktuelle Stunde hier einbringen sollte, oder ob es nicht andere Punkte gäbe, wo man die Landesregierung besser attackieren könnte. Das ist aber Ihre Entscheidung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss zunächst einmal feststellen, dass hier etwas ganz Normales passiert ist. Eine Schule hat sich entschieden, keine Jugendoffiziere als Referenten an ihre Schule einzuladen. Dazu hat sie das Recht. Das entspricht der Kooperationsvereinbarung, die die Landesregierung mit der Bundeswehr geschlossen hat. Es ist ein Angebot, aber die Schulen können selbst entscheiden, ob sie dieses Angebot nutzen wollen. Von daher ist das ein ganz normaler Vorgang. Ich finde, man muss es nicht verurteilen, Herr Schork, wenn sich eine Schule damit aktiv auseinandersetzt, ob sie Jugendoffiziere zulassen will oder nicht, sondern das ist ein ganz normaler demokratischer Prozess in einer Schule, der so vorgesehen ist. Von daher finde ich, dass Sie etwas abrüsten sollten.

Was Sie bezüglich der GEW und von „linkssozialistischer Kampftruppe“ erzählt haben: Auch in bin GEW-Mitglied,

(Zurufe von der CDU und der FDP)

wie viele tausend Lehrer in Hessen auch, und ich glaube, dass Sie ein bisschen von Ihren Vorurteilen herunterkommen und die Lehrerinnen und Lehrer, die sich gewerkschaftlich organisieren, nicht in dieser Art beschimpfen sollten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Die Begründung der Jury des Friedenspreises entspricht auch nicht unserem Geschmack. Es sind nicht unsere Argumente, die da genannt wurden. Wenn davon geredet wird, dass eine Militarisierung der Gesellschaft erfolgt, muss ich sagen: Die Jury des Friedenspreises hat wahrscheinlich keine genau Vorstellung von dem, was in der Schule passiert und was die Jugendoffiziere da machen.

Das ist sogar eine Beleidigung der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrerinnen und Lehrer; denn man geht dabei davon aus, dass die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer bei dem Besuch eines Jugendoffiziers sofort indoktriniert werden. Erstens glaube ich, dass das von den Jugendoffizieren gar nicht in der Art und Weise betrieben wird, und zweitens sage ich: Selbst wenn sie es versuchten, wären Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer kritisch genug, um sich diesem Versuch zu widersetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Von daher muss ich sagen, die Jury des Friedenspreises ist etwas über das Ziel hinausgeschossen. Ich finde, wir sollten es so halten, wie es jetzt an der Käthe-Kollwitz-Schule, aber auch an den Schulen praktiziert worden ist, die sich dafür entschieden haben, in ihrem Unterricht Jugendoffiziere in die Auseinandersetzung über die Rolle des Militärs einzubinden: Jede Schule entscheidet selbstständig – wir entscheiden das nicht für sie –, wie sie in ihrem Unterricht die Auseinandersetzung über Krieg und Frieden, über Außen- und Sicherheitspolitik sowie über das Militär gestaltet.

Für uns ist völlig klar, dass die Bundeswehr allein kein ausgewogenes und vollständiges Bild der Außen- und Sicherheitspolitik vermitteln kann. Aber sie kann sicherlich einen Beitrag dazu leisten. Ich bin mir sicher, dass unsere Schulen damit selbstständig, kritisch und souverän umgehen können.

Von daher sage ich: Man kann der Käthe-Kollwitz-Schule in Offenbach dazu gratulieren, dass dort ein politischer Prozess stattgefunden hat. Aber ich glaube, man sollte das nicht so hoch hängen und es nicht zum Ausgangspunkt einer wie auch immer gearteten Gegenwehr gegen die Militarisierung der Gesellschaft machen. Eine solche Militarisierung der Gesellschaft gibt es nämlich wirklich nicht. Unsere Zivilgesellschaft ist kritisch. Es gibt auch keine militarisierenden Tendenzen in der Bundeswehr, sondern sie ist eine Freiwilligenarmee, die vom Deutschen Bundestag getragen wird und damit mittelbar von den Wählerinnen und Wählern in diesem Lande. Von daher passt das alles nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Zu guter Letzt noch ein Hinweis: Auch im Grundsatzprogramm der LINKEN ist eine Armee für Deutschland vorgesehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Von daher glaube ich, die Aussage, dass jegliche Armee schlecht sei – dieses Argument hat die Jury genannt –, ist auch nicht im Sinne der LINKEN. Man muss da Maß halten.

Von daher beglückwünschen wir die Käthe-Kollwitz-Schule dazu, dass sie einen Preis gewonnen hat. Wir wünschen den Beteiligten ein weiteres gutes, demokratisches Zusammenleben in ihrer Schule. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Vielen Dank, Herr Kollege May.

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