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26.06.2012
Portraitfoto von Daniel May vor grauem Hintergrund.

Daniel May: Änderung des Hessischen Hochschulgesetzes

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Seyffardt, ich glaube, ein bisschen kleiner hätte Ihre Rede schon ausfallen können.

(Zurufe von der CDU)

Ich meine, der Überschwang, mit dem Sie Ihr Projekt gelobt haben, wird dem Anlass nicht ganz gerecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Dass wir überhaupt eine Hochschule in Geisenheim gründen, hängt mit einer Strukturfrage zusammen. Diese Strukturfrage vernebelt uns ein bisschen den Blick auf das Wesentliche in diesem Zusammenhang.

Wir GRÜNE sehen völlig ein, dass wir Forschung und Lehre in Geisenheim zusammenfassen sollten. Die Trennung hat historische Gründe: Sie war dadurch bedingt, dass die Forschungsanstalt von den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz gemeinsam errichtet wurde, und beruhte zudem auf den damaligen hochschulpolitischen Rahmensetzungen. Beides existiert nicht mehr. Von daher ist es richtig, das zusammenzufassen.

Aber jetzt stellen wir einmal die Frage: Wieso müssen wir deshalb eine Ausgründung vornehmen? Das haben Sie nicht hinreichend begründet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Peter Seyffardt (CDU))

– Nein, Sie haben den eigentlichen Grund nicht genannt. Das ist eine Strukturfrage. Damit fangen Sie an, in der Hochschulpolitik so zu argumentieren wie in der Schulpolitik, in der die Strukturfragen ebenfalls den Blick auf das Wesentliche verhindern.

Wir sehen das ganz pragmatisch. Lehre und Forschung sollen zusammengeführt werden. Aber wir sind dagegen, dass durch eine Ausgründung in Geisenheim unnötige Kosten fabriziert werden. Das ergibt keinen Sinn. Wir sehen es nicht ein, dass eine neue Verwaltung in Geisenheim Kosten produziert, deren Begleichung zulasten von Forschung und Lehre geht. Von daher sind wir der Meinung, diese Ausgründung ergibt keinen Sinn.

Ich habe eingangs gesagt, es ist eine Strukturfrage, die Ihnen da den Blick vernebelt. Darauf möchte ich kurz näher eingehen. Es geht um eine Ausdifferenzierung der Hochschullandschaft. Sie haben den Wissenschaftsrat zitiert. An dieser Stelle sind wir bei Ihnen. Es ist sinnvoll, die Hochschullandschaft auszudifferenzieren.

Allerdings ergibt es keinen Sinn, nur aufgrund der Sorge der Universitäten, dass die Fachhochschulen in Zukunft das Promotionsrecht erhalten könnten, eine Hochschule neuen Typs aus der Fachhochschule auszugründen. Es geht doch in Wahrheit nur darum, was mit den forschungsstarken Fachbereichen der Fachhochschulen passiert. Wir haben in Geisenheim den sehr forschungsstarken Fachbereich einer Fachhochschule, weil die Forschung bisher in der Forschungsanstalt angesiedelt war.

Wenn Sie das zusammenfassen würden, hätten Sie aufgrund des sehr forschungsstarken Fachbereichs, den Sie nun fördern möchten, das logische Problem: Was machen Sie mit den forschungsstarken Fachbereichen anderer hessischer Fachhochschulen? Wollen Sie die auch alle ausgründen? Das kann es nicht sein. Daran zeigt sich, dass die Ausgründung in Geisenheim nicht notwendig ist, sondern bloß aus ideologischen Gründen stattfindet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrter Damen und Herren, wir GRÜNE reden gar nicht einer Nivellierung innerhalb des Hochschulsystems das Wort. Wir sind nicht dafür, dass die Unterschiede zwischen Fachhochschulen und Universitäten aufgehoben werden. Beide Strukturen haben ihre Berechtigung; beide Strukturen haben sich bewährt.

Aber wir wollen uns auch vorurteilsfrei der Frage zuwenden, wie man mit den forschungsstarken Fachbereichen der Fachhochschulen umgeht. Daher hielten wir es für ein Zeichen der Souveränität der Landesregierung, wenn sie es gewährleisten würde, dass die Gründung einer Hochschule neuen Typs unter dem Dach einer Fachhochschule erfolgt.

Es sollte doch in der Politik möglich sein, zwischen folgenden Punkten zu differenzieren: Welche Fachbereiche können unter Umständen so aufgewertet werden, dass sie ein kooperatives Promotionsrecht erlangen, und bei welchen geht das nicht? Jedenfalls gibt es für uns keinen Automatismus dahin gehend, dass es, wenn wir den Fachbereich Geisenheim der als Hochschule neuen Typs unter dem Dach der Hochschule RheinMain belassen würden, in allen anderen Fachhochschulen in Hessen genauso wäre.

Da es diesen Automatismus nicht gäbe, bleibt nur die Frage zu stellen: Was soll das, was Sie da in Geisenheim machen? Unter dem Strich bleibt übrig: Erstens wird es zu Mehrkosten kommen. Zweitens wissen Sie nicht – das wurde in der Anhörung klar –, ob es Ihnen in der Zeit, die Ihnen noch verbleibt, überhaupt gelingt, in Geisenheim die notwendigen Verwaltungsstrukturen zu schaffen. Drittens erzeugt das keinen Mehrwert für Forschung und Lehre am Fachbereich.

Von daher sind auch alle Argumente, die Sie noch genannt haben, etwa die Herstellung einer Sichtbarkeit, völlig an den Haaren herbeigezogen. Die Neugründung, die Sie vorhaben, ist so unnötig wie ein Kropf.

(Zuruf des Abg. Peter Seyffardt (CDU))

Wenn Ihre Argumente wirklich ernst genommen werden würden, würde es zu einem explosionsartigen Anstieg der Zahl der kleinen Hochschulen in Hessen kommen; denn wie wollen Sie den Vertretern der exzellenten Fachbereiche in Hessen erklären, dass an der einen Stelle für viel Geld etwas ausgegründet wird, damit die sichtbar werden, sie aber unter dem Dach einer großen Hochschule oder Universität bleiben sollen? Das ergibt doch keinen Sinn.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Ich komme zum Schluss. Wir haben im letzten Jahr eine Schuldenbremse beschlossen; das Volk hat sie in einer Volksabstimmung bestätigt. Eigentlich müssten wir nach dieser Volksabstimmung zur Schuldenbremse wissen, wir haben so wenige Ressourcen, dass wir es uns nicht leisten können, aus Furcht vor irgendwelchen Missverständnissen in Geisenheim oder anderswo teure Prestigeobjekte zu schaffen.

Wir haben so wenige Ressourcen für Forschung und Lehre, dass diese Ausgaben unnötig sind. Wenn Sie ehrlich wären, müssten Sie sagen, dass sie vollkommen unnötig sind und nur die Mittel für Forschung und Lehre an anderer Stelle entziehen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Lothar Quanz: 

Vielen Dank, Herr May.

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