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16.09.2009

Andreas Jürgens zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaften im hessischen Landesrecht

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist höchste Zeit, die Diskriminierung homosexueller Lebenspartnerschaften zu beenden. Es ist höchste Zeit, schwule Beamte und lesbische Beamtinnen in der Beihilfe, Besoldung und Hinterbliebenenversorgung mit ihren heterosexuellen Kolleginnen und Kollegen gleichzustellen. Es ist höchste Zeit, die Lebenspartnerinnen und Lebenspartner in allen Belangen Eheleuten gleichzustellen. Dem dient unser vorliegender Gesetzentwurf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Fraktion trägt aus diesem Grunde heute auch das neue Zeichen hierfür, den weißen Knoten. Mit diesem Zeichen machen immer mehr Menschen weltweit die Rechte homosexueller Menschen zu ihren eigenen und bekennen sich gegen Homophobie. Wir beteiligen uns heute daran.

Meine Damen und Herren, wir legen Ihnen zum wiederholten Male einen Gesetzentwurf vor, der die Gleichstellung regelt. In der 16. Wahlperiode ist er an der absoluten CDU-Mehrheit gescheitert, in der 17. Wahlperiode fiel er in die Diskontinuität. Wir bringen also nun den dritten Gesetzentwurf ein.

Als wir ihn zu Beginn der Sommerpause vorstellten, warnte der Justizminister in einer Presseerklärung vor Hektik und Schnellschüssen. Herr Hahn, Sie haben schon manche Merkwürdigkeiten in Presseerklärungen geschrieben, aber hier von einem Schnellschuss zu reden, das stellt die Verhältnisse komplett auf den Kopf. Seit acht Jahren, seit dem Lebenspartnerschaftsgesetz, warten die Lebenspartner in Hessen auf ihr Recht. Seit acht Jahren wird darüber debattiert.

(Beifall bei den BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Seit viereinhalb Jahren, spätestens seit der Einbringung unseres ersten Gesetzentwurfs, beschäftigt sich der Hessischen Landtag immer wieder damit. Dazu haben zwei Anhörungen im Ausschuss stattgefunden. Ihr Haus hat im letzten Jahr sehr hilfreiche Hinweise für ein handwerklich einwandfreies Gesetz geliefert. Selten war ein Gesetz so gut vorbereitet, so fundiert diskutiert und so überfällig wie dieses. Also kann nicht von Hektik und Schnellschüssen die Rede sein. Es ist höchste Zeit, endlich zu handeln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Eingetragene Lebenspartner begründen eine auf Dauer angelegte Lebens- und Schicksalsgemeinschaft. Sie wollen ihre auf Liebe gegründete Verbundenheit durch die Lebenspartnerschaft ebenso verfestigen, wie dies Eheleute durch die Eheschließung tun. Sie versprechen sich ebenfalls Beistand, Fürsorge, Verantwortung für den gemeinsamen Lebensweg so wie Eheleute. Deshalb ist es aus unserer Sicht konsequent, ihnen auch die gleichen Rechte und Pflichten einzuräumen.

Es ist eben nicht gerecht, wenn heterosexuelle Beamte Beihilfe und Versorgung für ihre Ehegatten erhalten, homosexuelle Beamte aber nicht. Ich zitiere aus einer Presseerklärung des Justizministers: „Wer gleiche Pflichten hat, verdient auch gleiche Rechte.“ – Genauso ist es, Herr Hahn. Deshalb müssten Sie unserem Gesetzentwurf eigentlich zustimmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Sie haben mehrfach erklärt, dass Sie an einem eigenen Gesetzentwurf arbeiten. Ziel sei – ich zitiere ebenfalls aus einer Presseerklärung – „die Abschaffung der Benachteiligung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften für Beamtinnen und Beamte“. Genau das sehen wir in unserem Gesetzentwurf vor. Wenn Sie das wirklich wollen, gibt es einen ganz einfachen Weg: Stimmen Sie unserem Entwurf zu. Das erspart Ihrem Haus überflüssige Arbeit. Es ist der schnellste Weg zur Gleichstellung und im Übrigen der einzige, der die Diskriminierung tatsächlich beseitigen kann.

(Beifall von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eins ist für uns völlig klar: Ein bisschen Gleichstellung kann es nicht geben. Ein bisschen gleich geht nicht. Gleich ist gleich. Wer immer Ungleichheit weiterhin aufrechterhält, erhält auch die Diskriminierung der eingetragenen Lebenspartnerschaften aufrecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Herren von der FDP, deshalb ist es eigentlich ganz einfach: Wollen Sie Beihilfeleistungen auch für Lebenspartner, ja oder nein? Wollen Sie die Absicherung hinterbliebener Lebenspartner, ja oder nein? Wollen Sie die Diskriminierung beseitigen, ja oder nein? Wenn Sie dies alles wollen, dann müssen Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen. Das können Sie gleich von diesem Pult aus erklären; ich bin gespannt darauf.

Wenn Sie nicht zustimmen, dann fügen Sie der Reihe Ihrer Wortbrüche einen weiteren hinzu; das sage ich gleich. Ich zitiere aus einer Presseerklärung Ihrer Bundestagsfraktion vom Juli dieses Jahres:

Die FDP-Bundestagsfraktion fordert die volle Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe.

Genau das ist Gegenstand unseres Gesetzentwurfs. Wir werden sehen, ob die FDP-Fraktion im Landtag dieses Versprechen ihrer Bundestagsfraktion einlöst oder weiterhin daran arbeitet, den Wortbruch zum politischen Prinzip zu erheben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wiederhole noch einmal, was ich von diesem Pult schon mehrfach zu diesem Thema gesagt habe. Die vollständige Gleichstellung der Lebenspartnerschaften mit der Ehe ist rechtlich zulässig. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2002 entschieden – ich zitiere –:

Der besondere Schutz der Ehe in Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz hindert den Gesetzgeber nicht, für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich- oder nahekommen. Dem Institut der Ehe drohen keine Einbußen durch ein Institut, das sich an Personen wendet, die miteinander keine Ehe eingehen können.

Genau das ist der entscheidende Gesichtspunkt. Dass Lebenspartner gleiche Rechte erhalten, ist rechtlich zulässig; es hat mit der Ehe nichts zu tun. Wir können das in eigener Verantwortung politisch entscheiden. Meine Fraktion bekennt sich dazu, die Diskriminierung endlich zu beseitigen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir würden damit übrigens nur übernehmen, was andere Bundesländer längst geregelt haben. Ich erwähne hier nur CDU-regierte Länder: Saarland, Schleswig-Holstein, Hamburg oder Nordrhein-Westfalen, die die Lebenspartner inzwischen in die Beamtenbeihilfe einbezogen haben, was bei uns immer noch aussteht. In Niedersachsen ist dies konkret in Vorbereitung. Hinterbliebenenrenten für Lebenspartner gibt es inzwischen auch in Hamburg und im Saarland. Berlin, Bremen und Hamburg haben inzwischen die Lebenspartnerschaften vollständig der Ehe gleichgestellt. In Niedersachsen liegt ein Gesetzentwurf dazu vor. Wir wollen das für Hessen auch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich zu dem Gesetzentwurf der SPD nur folgende Bewertung sagen: politische Zielsetzung sehr gut, handwerkliche Umsetzung mangelhaft. Sie reden einmal von Lebenspartnern, einmal von eingetragenen Lebenspartnern, wechseln die Terminologie sogar in einer Vorschrift mehrfach. Einmal verwenden Sie die weibliche und die männliche Form, meist nur die männliche. Man muss leider sagen: gut gedacht, schlecht gemacht. Sie haben dann eine Regelung im Schulgesetz vorgeschlagen, die im Kontext der Gleichstellung eigentlich ein Fremdkörper ist, also gar nicht hierher gehört. Mehrere berechtigte Anliegen zu vermengen dient nicht der Klarheit und Wahrheit.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Die Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften ist nach meiner Überzeugung nicht mehr aufzuhalten. Der Drang der Menschen nach Freiheit, nach Toleranz, gegen Diskriminierung wird sich früher oder später durchsetzen. Wir sollten von Hessen aus die Menschen dabei unterstützen und nicht weiterhin behindern und diskriminieren. – Schönen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Jürgens.

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