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25.03.2010

Andreas Jürgens zum Gesetz zur Anpassung der Rechtsstellung von Lebenspartnerschaften

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der heutige Tag ist für meine Fraktion ein Tag der Freude. Endlich wird wahr, wofür wir so lang gekämpft haben. Die eingetragenen Lebenspartnerschaften homosexueller Menschen werden endlich mit der Ehe gleichgestellt. Aus unserer Sicht wurde das auch höchste Zeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich darf Sie daran erinnern, unseren ersten Gesetzentwurf zur Gleichstellung haben wir am 9. Mai 2007 vorgelegt. Dieser wurde damals noch in zweiter Lesung von der damals mit absoluter Mehrheit regierenden CDU vollständig abgelehnt und von der FDP immerhin hinsichtlich der beamtenrechtlichen Gleichstellung bei Besoldung, Versorgung und Beihilfe, ein Kernbereich des Gesetzentwurfs, ebenfalls abgelehnt.

Dann haben wir eine Wahlperiode weiter einen zweiten Gesetzentwurf am 10. April 2008 eingebracht. Im Ausschuss wurde der Entwurf von der CDU noch abgelehnt. Die FDP enthielt sich damals kraftvoll der Stimme. Wegen Auflösung des Landtages fiel der Entwurf in die Diskontinuität.

Auch in dieser Wahlperiode haben wir wiederum als Erste einen Gesetzentwurf vorgelegt, der in zweiter Lesung an den Landtag zurückkommt, der die Gleichstellung umsetzen sollte.

Wenn jetzt am Ende dieses Tages als Ergebnis, voraussichtlich mit großer Mehrheit, das beschlossen wird, was wir immer wieder beantragt haben, dann ist das ein großartiger grüner Erfolg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Landtagsdebatte vom 29. Mai 2007 habe ich gesagt – und ich bitte um Verzeihung, dass ich mich ausnahmsweise einmal selbst zitiere –:

Wir sind davon überzeugt: Der Drang der Menschen nach Freiheit, nach Toleranz, gegen Diskriminierung wird sich schrittweise durchsetzen.

Heute kann ich in der Tat feststellen: Bezüglich der Gleichstellung homosexueller Partnerschaften ist dies in Reichweite gekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu dem Gesetzentwurf von CDU und FDP haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, mit dem wir einen wichtigen Teil nachholen wollen, der in ihrem Gesetzentwurf fehlt: die Rückwirkung der Gleichstellung bei der Besoldung und sonstigen beamtenrechtlichen Regelungen. Einfacher wäre es natürlich, Sie würden unserem Gesetzentwurf zustimmen, der das schon beinhaltet. An anderer Stelle haben Sie ja gute Erfahrungen damit gemacht, von mir formulierte Texte zu übernehmen.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sollten sich an Ihrem eigenen Handeln ein Beispiel nehmen und auch hier einfach das übernehmen, was wir formuliert haben.

Selbstverständlich bin ich auch damit einverstanden, wenn Sie uns die Gelegenheit geben, in späteren Monaten den Gesetzentwurf und dieses Thema wiederum aufzurufen. Auch dafür bin ich selbstverständlich dankbar und offen. Im Ergebnis wird das nicht viel ändern.

Meine Damen und Herren, nach unserer Überzeugung ist Liebe unter den Menschen immer etwas Wunderbares. Das hängt nicht davon ab, ob die Liebenden das gleiche Geschlecht haben oder unterschiedlichen Geschlechts sind. Der Staat sollte sich nicht als Schiedsrichter aufspielen, welches die richtige und welches die falsche Liebe ist, sondern er sollte alle gleichermaßen anerkennen und akzeptieren. Das streben wir heute an.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist eine – hoffentlich – auf Liebe gegründete und grundsätzlich auf Dauer angelegte Lebens-, Beistands- und Schicksalsgemeinschaft wie die Ehe auch. In beiden Fällen werden die gleichen Pflichten begründet. Daher ist es nur konsequent, den Partnern auch die gleichen Rechte einzuräumen.

Meine Damen und Herren, natürlich haben wir nicht die Illusion, dass mit unserer heutigen Beschlussfassung die Diskriminierung von homosexuellen Menschen vollständig beseitigt werden kann. Ich finde es außerordentlich bedauerlich, dass unser Antrag für die Erstellung eines Aktionsplans gegen Homophobie von Ihnen im Ausschuss abgelehnt worden ist. Wir werden weiterhin daran arbeiten müssen, aber es ist durchaus ein wichtiger Schritt – von der Diskriminierung über die rechtliche Gleichstellung mit dem Ziel zu mehr gesellschaftlicher Akzeptanz. Daran werden wir weiter arbeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Wir sollten nicht vergessen, dass in Deutschland die Diskriminierung von Schwulen und Lesben eine unselige Tradition hat. Noch 1957, also vor 53 Jahren, urteilte das Bundesverfassungsgericht – ich zitiere nur einen Satz-: „Gleichgeschlechtliche Betätigung verstößt eindeutig gegen das Sittengesetz.“

Nach der damaligen Entscheidung waren einvernehmliche homosexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern weiterhin strafbar. Diese NS-Fassung des § 175 des Strafgesetzbuchs blieb weiterhin in Kraft.

Sie wurde erst 1969 in der Strafandrohung entschärft und erst 1994 vollständig aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Das Ende der strafrechtlichen Diskriminierung ist also gerade erst 16 Jahre her.

Jahrzehntelang wurde Homosexualität als psychische Störung behandelt. Einige Unbelehrbare vertreten das im Übrigen noch heute.

(Lachen und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die eingetragene Lebenspartnerschaft wurde durch Bundesgesetz im Jahr 2009 eingeführt, und jetzt endlich auch die Gleichstellung in Hessen. Im Kampf der Betroffenen gegen ihre tägliche Diskriminierung, gegen ein Leben im Verborgenen, sind das alles wichtige Erfolge – denen hoffentlich weitere folgen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Meine Damen und Herren, mit unserer Beschlussfassung heute wird aller Voraussicht nach die Gleichstellung der homosexuellen Lebenspartnerschaften vollendet, jedenfalls in wesentlichen und wichtigen Bereichen. Dies ist ein Erfolg unserer beharrlichen Gleichstellungspolitik. Es ist ein Erfolg der Vernunft. Vor allem und ganz besonders ist es eine gute Nachricht für die betroffenen Menschen. Deshalb ist der heutige Tag für uns ein Tag der Freude.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Jürgens.

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