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18.06.2010

Aktuelle Stunde: Marcus Bocklet zu: Soziale Arbeit braucht gute Arbeitsbedingungen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Streik haben wir mit Aufmerksamkeit verfolgt. Ich glaube, man muss sich nicht in diese Auseinandersetzung zwischen unabhängigen Tarifpartnern einmischen, aber man kann dazu eine Meinung haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Insbesondere mein Kollege Martin Häusling, das neu designierte Mitglied des Europäischen Parlaments,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

hat mir nochmals versichert, er trage unsere Position mit, auch ins Europaparlament hinein.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Das möchte ich nochmals unterstreichen. – Ja, wenn so wichtige Leute dafür sind, muss man das hier auch sagen dürfen.

(Heiterkeit)

Im Prinzip geht es hier um zwei Fragen, auf die sich das Problem zuspitzen lässt.

Es geht darum, dass viele Erzieherinnen und Erzieher in den Kindertagesstätten zu Recht sagen, angesichts steigender Anforderungen an unsere Arbeit verdienen wir zu wenig – ich nenne die Stichpunkte: Bildungsprogramme erstellen, Förderpläne verfassen, Lerntagebücher schreiben, Entwicklungsverläufe dokumentieren, Gespräche mit Institutionen und Eltern führen und vieles mehr. Wir empfinden die Situation so, dass es gestiegene Anforderungen an unseren Job gibt, und wir finden es berechtigt, mehr zu verdienen.

Wenn Sie nach unserer Meinung fragen, so glaube ich auch, der Beruf der Erzieherin und des Erziehers hat eine höhere Anerkennung verdient, und die macht sich natürlich auch durch eine entsprechende Entlohnung bemerkbar. Das werden wir auch unterstützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Eine zweite Forderung finde ich besonders charmant. Diesmal geht es vordergründig und zunächst nicht um mehr Geld, sondern um die Gesundheit. Es kann nicht dabei bleiben, dass wir bei den Erzieherinnen und Erziehern einen Krankenstand von 13,7 Tagen haben. Dieser Wert liegt um 2,7 Tage höher als der Schnitt bei allen anderen Angestellten. Es kann nicht unser Interesse sein, diesen höheren Krankenstand auf Dauer zu tolerieren. Die Opfer dieses Krankenstandes sind die Kinder, und damit sind die Leidtragenden auch die Eltern.

Deswegen muss bei Gesundheitsförderungsprogrammen mehr passieren. Bei Lärmschutzmaßnahmen weiß ich nicht genau, was ich mir darunter vorzustellen habe.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Ich denke dabei immer an den Bauarbeiter, der bei Pressluftarbeiten so ein Ding aufhat – das wird hier aber nicht zielführend sein. Nein, wir brauchen präventive Gesundheitsprogramme, mehr kluge Pausen und Gesundheitsaktivierungsprogramme.

Ich habe einen fünfjährigen Sohn und bin selbst Betroffener, weil mein Sohn in einer städtischen Kita ist. Ich habe mich jetzt mehrfach daran erfreuen dürfen, dass unser Kind zu Hause betreut wurde, einmal sogar auf dem Hessentag. Das hat gewisse Folgen.

Wenn ich mit den Erziehern spreche, kann ich immer wieder hören, die Arbeit sei unglaublich anstrengend, es sei unglaublich laut, sie sitzen auf kleinen Stühlen, haben Rückenprobleme und vieles andere mehr. Deswegen muss man zukünftig tariflich Gesundheitsprogramme und eine bessere Bezahlung vereinbaren.

In diesem Sinne sind wir mit den Forderungen der Streikenden solidarisch. Wir fordern die Verhandlungspartner auf, zügig zu einem Ende zu kommen und die Situation in den Kindertagesstätten zu verbessern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Ein letzter Satz. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, sehen Sie es uns nach, dass wir uns mit einem Antrag – der um 9:05 Uhr eingebracht wurde, der sehr umfangreich ist und einige Forderungen enthält, mit denen man konform gehen kann, aber auch einige sehr spezielle – heute nicht befassen wollen. Unser Vorschlag wäre, ihn an den Ausschuss zu überweisen.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Wenn Sie auf eine Abstimmung bestehen, sagen wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wir enthalten uns bei diesem Antrag. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU))

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank.