Inhalt

17.09.2012

Konzept zur Neugestaltung des Übergangs Schule-Beruf ─ Jedem jungen Menschen eine Berufsausbildung

Jugendliche2Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat zusammen mit Experten ein Konzept erarbeitet, durch das jeder junge Mensch in Hessen ein Angebot für eine Berufsausbildung erhalten soll. Der Vorschlag will die bewährte duale Berufsausbildung stärken und die Angebote für junge Menschen, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, spürbar verbessern. Um dies zu erreichen, soll die Beratung verbessert und die bisher zahlreichen Förderwege auf zwei Grundtypen konzentriert werden. Zur Finanzierung des Vorhabens sollen die auf verschiedene Fördertöpfe verteilten Gelder gebündelt und effektiver verwendet werden.

„Unser gemeinsames Ziel ist, dass jeder junge Mensch das Angebot einer Berufausbildung erhält – auch diejenigen, die im dualen System keinen Platz gefunden haben. Keiner soll mehr in dem derzeitigen undurchsichtigen Förderdschungel verloren gehen. Unproduktive Warteschleifen wollen wir künftig vermeiden“, so fasst der bildungspolitische Sprecher der GRÜNEN , Mathias Wagner, die Grundgedanken eines Konzept zur Neugestaltung des Übergangs von der Schule in den Beruf zusammen. Das Konzept wurde in einer Arbeitsgruppe mit Expertinnen und Experten aus diesem Bereich erarbeitet. Ihr gehörten Vertreterinnen und Vertreter der Volkshochschule Rheingau-Taunus, des Jugend- und Sozialamt des Kreises Offenbach, der Berufsberatung der Arbeitsagentur Frankfurt, der Landesgruppe Produktionsschulen Hessen, der Max Eyth Schule Dreieich, des HessenCampus Darmstadt-Dieburg sowie der bildungspolitische Sprecher der GRÜNEN Landtagsfraktion an. Es orientiert sich an Vorschlägen der Bertelsmann-Stiftung, der bereits eingeleiteten Reform des Übergangssystems in Hamburg und NRW sowie an guten Beispielen aus Hessen.

Jedem jungen Menschen einen Ausbildungsplatz

Durch das Konzept soll erreicht werden, dass künftig allen jungen Menschen, die keinen Aubildungsvertrag im dualen Berufsausbildungssystem gefunden haben, im Anschluss an die allgemeinbildende Schule eine Berufsausbildung ermöglicht wird. Hierfür soll ihnen ein Beratungsangebot über den für sie besten weiteren Förderweg gemacht werden. Statt dem derzeitigen Durcheinander von vielen Förderprogrammen solle es künftig nur noch zwei Grundtypen von Förderangeboten geben. Erstens die mit öffentlichen Mitteln geförderte vollqualifizierende Berufsausbildung für Schülerinnen und Schüler, die keinen Ausbildungsvertrag bekommen haben. Zweitens eine Ausbildungsvorbereitung für Schülerinnen und Schüler, die für die Teilnahme an einer Ausbildung noch zusätzlichen Förderbedarf haben. Ziel einer jeden Förderung sei es, dass die jungen Menschen einen Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf machen. „Was wir nicht mehr wollen ist, dass die Schülerinnen und Schüler von einer Fördermaßnahme in die nächste geschickt werden, ohne dass sie einem Berufsabschluss näher kommen. Solche Warteschleifen bringen den jungen Menschen nichts. Das Geld hierfür kann und sollte sinnvoller eingesetzt werden“, so Renate Storm und Wolf-Dieter Petri von der Max Eyth Schule Dreieich.

Produktionsschulen als Teil der Ausbildungsvorbereitung

Die in einigen Regionen Hessens bereits sehr erfolgreich arbeitenden Produktionsschulen sollen als eine Möglichkeit des Ausbildungsvorbereitungsjahres verankert werden. Produktionsschulen verfolgen den Grundgedanken, über Arbeits- und Lernprozesse in Produktions- und Dienstleistungswerkstätten unterschiedliche junge Menschen berufsvorbereitend- und ausbildungsbegleitend nachhaltig zu fördern. Produktionsschulen weisen weitgehende betriebliche Strukturen auf, in denen reale marktbezogene Produktionsprozesse erfahrbar sind. „Wir haben mit diesem Instrument sehr gute Erfahrungen gemacht. Gerade für junge Menschen mit großen Schwierigkeiten in der allgemeinbildenden Schulen schaffen die Produktionsschulen einen Raum, in dem sie wieder Selbstbestätigung erfahren können und so überhaupt erst wieder die Voraussetzung für das weitere Lernen entsteht“, erläutert Martin Mertens von der Landesgruppe Produktionsschulen Hessen.

Lebens- und Arbeitsweltorientierung bereits in der Mittelstufe fest verankern

Die Neugestaltung des Übergangs von der Schule in den Beruf müsse bereits in der Mittelstufe beginnen. Entscheidend sei, dass den Schülerinnen und Schüler dort das Rüstzeug mitgegeben werde, um ein selbstbestimmtes Leben führen und sich in der Berufswelt zurechtzufinden. Zusätzlich soll es ab Klasse 7 eine systematische Beratung und Begleitung der Schülerinnen und Schüler geben. „Ergänzend zur Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer wird das Kollegium der Schulen um Begleiterinnen und Begleiter für die Lebens- und Arbeitsweltsorientierung ergänzt. Diese unterstützen und beraten die Lehrerinnen und Lehrer, stehen den Schülerinnen und Schüler als Ansprechpartner zur Verfügung und stellen die Vernetzung zur Jugend- und Sozialarbeit des Schulträgers sowie zu außerschulischen Bildungsangeboten her. Die Lebens- und Arbeitsweltberatung wird nahtlos an den beruflichen Schulen und der gymnasialen Oberstufe fortgesetzt und unterstützt die jungen Menschen kontinuierlich bis zum Abschluss ihrer Ausbildung oder Studienqualifizierung. Wir schlagen vor, diese Lebens- und Arbeitsweltbegleitung organisatorisch in Verantwortung der Landkreise bzw. der kreisfreien Städte zu organisieren, da so eine kontinuierliche Begleitung unabhängig von der jeweils aktuell besuchten Schule bzw. Fördermaßnahme bis zum Abschluß der Berufsausbildung sichergestellt werden kann“, erläutert Mathias Wagner.

Zusammenführung der unterschiedlichen Fördertöpfe – Hessen als Modellregion

Die vorgeschlagene Neugestaltung des Übergangs Schule-Beruf müsse nicht teurer sein als das derzeitige System mit seinen zahlreichen Reibungsverlusten. Entscheidend sei die Zusammenführung der Mittel für die unterschiedlichen Förderprogramme, um so eine Förderung aus einem Guss zu erreichen. Die anstehende neue Förderperiode des Europäischen Sozialfonds (ESF) ab dem Jahr 2014 solle genutzt werden, um die unterschiedlichen Fördertöpfe von Europäischer Union, Bundes- Landes- und kommunaler Ebene im Rahmen des hessischen ESF-Programms so weit irgendmöglich zu einem gemeinsamen Budget für den Übergangsbereich zusammenzuführen und so die Zersplitterung der Förderlandschaft in unzählige Maßnahmen mit jeweils eigenen Richtlinien zu überwinden. Die Landesregierung solle sich gegenüber der EU und dem Bund für einen Modellversuch einsetzen, mit dem Bundesländern für den Zeitraum von 2014-2020 (angelehnt an die Förderperiode des ESF) sämtliche Mittel für den Übergangsbereich zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zugewiesen werden. Das würde es dem Land in Zusammenarbeit mit den Kommunen ermöglichen, ein Fördersystem zu entwickeln, das sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der jungen Menschen orientiere und nicht an den Richtlinien zahlreicher verschiedener Förderprogramme.

Von den Jugendlichen her denken, nicht von den Förderprogrammen

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe hat die Erkenntnis zusammengeführt, dass ein wirkungsvoller Übergang von der Schule in den Beruf nur gelingen kann, wenn die Förderstrukturen endlich an die Bedürfnisse der jungen Menschen angepasst werden und nicht umgekehrt. „In unserem Bemühen, Schülerinnen und Schüler optimal zu fördern, stoßen wir im Moment immer wieder an organisatorische oder institutionelle Grenzen. Mal erfüllt ein Schüler nicht alle Kriterien für jenes Förderprogramm, mal könnte die Förderung nicht an der Schule sondern nur bei einem anderen Bildungsträger erfolgen. Es muss Schluss damit sein, dass wir eine Menge Zeit mit der Suche nach Fördermöglichkeiten statt mit der eigentlichen Förderung von Schülerinnen und Schülern verbingen“, sind sich die Autoren des Konzepts einig.

Ein Konzept zur Reform des Übergangs Schule-Beruf

Grafik


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecherin: Elke Cezanne

Schlossplatz 1-3; 65183 Wiesbaden
Fon: 0611/350597; Fax: 0611/350601
Mail: presse-gruene@ltg.hessen.de
Web: https://www.gruene-hessen.de/landtag

Kontakt

Zum Thema