Der 30. Jahrestag der Atomkatastrophe am 26. April von Tschernobyl ist für die GRÜNEN in Hessen eine Mahnung zum weiteren Kampf gegen die Atomkraft und gegen die Erderwärmung. „Das Reaktorunglück vom 26. April 1986 in der Ukraine ist eine der schlimmsten Umweltkatastrophen aller Zeiten“, erklärt Angela Dorn, energiepolitische Sprecherin der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag. „Für uns GRÜNE gehört der Kampf gegen die lebensgefährliche Nutzung der Atomkraft zum Erbgut, wir sind unter anderem aus der Anti-AKW-Bewegung entstanden. Mit dem GAU von 1986 wurde weit über die Umweltbewegung hinaus die bis dahin abstrakte Bedrohung greifbar.“
„Für uns GRÜNE war die Konsequenz der weitere politische Kampf für den Atomausstieg und die Energiewende hin zu Sonne, Wind und anderen sauberen Energiequellen“, so Dorn weiter. „Dieser Kampf ist noch lange nicht gewonnen, auch wenn die Tage der letzten deutschen AKW gezählt sind. In vielen europäischen Nachbarländern ist noch kein Ende der Atomkraft in Sicht. Und auch bei uns ist mit dem Ende der Atomkraft noch keine Energiewende für Mensch und Umwelt vollzogen. Denn auch die Folgen des Klimawandels werden unser Leben vollkommen verändern. Schon jetzt sind Dürren als Folge des Klimawandels eine der Ursachen für die Flucht aus afrikanischen und arabischen Ländern. Die Zahl der Klimaflüchtlinge wird zunehmen. Deshalb setzen wir GRÜNE uns für Energie aus Sonne, Wind und anderen natürlichen Quellen ein.“
„Wie schon im jahrzehntelangen Einsatz gegen Atomkraftwerke treffen wir auch auf diesem Weg auf Hindernisse, wieder schützen Politiker wie Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die Profitinteressen der Energiekonzerne, und wieder gibt es Unverbesserliche, die glauben, eine unsichtbare Bedrohung einfach wegreden zu können. Wir GRÜNE haben uns beim Kampf gegen die Atomkraft nicht von solchen Widerständen entmutigen lassen, und wir werden auch für die Energiewende so lange kämpfen, bis sie umgesetzt ist.“
Die Erinnerungen unserer Abgeordneten, Regierungsmitgliedern, Parteivorstand und Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter:
In Mails und Facebook-Kommentaren haben uns unter anderen die folgenden Beiträge erreicht:
Ich war auf der Rückfahrt aus einem Kurzurlaub mit meinem Freund in unserem Käfer zurück nach Hessen. Wir waren ein paar Tage in Norddeutschland in Brunsbüttel, dort hatten wir uns die Schleuse angesehen. Als wir in den Sendebereich des Hessischen Rundfunks kamen, hörten wir die Wahnmeldungen. Uns kam das komisch vor, denn im Norden war nichts davon zu hören. Es war ein komisches Gefühl, denn die Strahlung war ja nicht zu sehen. Wir waren verunsichert und fuhren ohne Umweg nach Hause. Während der Fahrt traute ich mich kaum aus dem Auto, auch wenn ich mal aufs WC musste. Zu Hause angekommen, war uns ganz mulmig. Ich kaufte dann gleich Trockenmilch, die dann doch auch verseucht war, ich glaube mit Salmonellen. Ich hatte sie nicht verwendet. Wir haben dann erst einmal keinen Salat und frisch Gewachsenes gegessen und nur von Konserven gelebt.
Claudia Kutschker (Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN in Bad-Nauheim)
Nach Bekanntwerden der Katastrophe von Tschernobyl war auch in Kassel überall Angst und Sorge zu spüren, welche Konsequenzen für einen selber dadurch entstehen könnten. Öffentlich gewarnt wurde vor allem vor dem ersten Regen, der nach dem Reaktorunglück auf Kassel niedergehen würde, da hier die stärkste Konzentration radioaktiver Verseuchung vermutet wurde. Alle Fenster sollten dann geschlossen bleiben und man sollte in dieser Zeit nicht ins Freie gehen. Der erste Regen für Kassel wurde nun für den 8. Mai beziehungsweise schwerpunktmäßig den 9. Mai vorhergesagt – für alle Fußballfreunde des KSV Hessen Kassel eine Schocknachricht, stand doch für den Abend des 8.Mai das vorentscheidende Heimspiel gegen Blau-Weiß Berlin auf dem Spielplan. Jeder musste nun für sich entscheiden, ob er es trotz Regenankündigung wagen würde, Zuschauer dieses Spiels zu sein. Ich traf Jo Dreiseitel vor dem Stadion. Er war mit einem Regenschirm ausgestattet, aber auch bei ihm überwog die sportliche Neugier vor den nicht abzuschätzenden Risiken. Das Spiel war für 20:15 Uhr angesetzt, mit 12.000 Zuschauern nicht ausverkauft und begann mit 15 Minuten Verspätung, da der Rasen noch mal bewässert wurde. Später erfuhren wir den Grund: zu hohe radioaktive Messwerte auf dem Rasen. Der Rest ist schnell erzählt: Es regnete nicht während des Spiels. Der KSV spielte 1:1 und stieg wieder nicht in die 1. Bundesliga auf.
Volker Haus
Aus der Perspektive eines damals fast sechsjährigen Mädchens: Im Frühjahr des Jahres 1986 sagte mir meine Mutter auf einmal, dass ich in den nächsten Wochen nicht mehr im Sandkasten und auf meinen Lieblingsspielplätzen spielen dürfte. Barfuß zu laufen war tabu und es gab vieles nicht zu essen, was sonst gerne den Weg zu uns auf den Tisch fand. Vor allem frisches und saisonales Gemüse blieb monatelang aus. Verstanden habe ich das als kleines Mädchen natürlich nicht aber ich wusste, dass etwas Schlimmes passiert sein musste und verspürte eine Angst in mir, die mich die Verbote meiner Mutter akzeptieren ließ. Die Erwachsenen waren in den Tagen und Wochen nach der Katastrophe sehr aufgeregt und man sprach oft über das nahegelegene Biblis, schließlich sei das ja alles sehr in der Nähe und nicht so weit weg wie man denken könnte. Die Stilllegung von Biblis im Jahre 2011 war lange überfällig, ich begrüßte sie als Erwachsene mit den erlebten Erinnerungen an die Nuklearkatastrophe sehr. Ich hoffe, dass wir den Weg der erneuerbaren Energien weitergehen und in diverse Technologien dieser Art wie z.B. piezoelektrische Bauteile in Straßen investieren.
Sabrina-Anna Hänsel (Kreisgeschäftsführerin der Grünen im KV Darmstadt)
Im Alter von zwölf Jahren habe ich das, was bei uns über die öffentlich rechtlichen Sender ankam, in meinem kindlichen Unbedarftsein nur zunächst am Rande zur Kenntnis genommen. Am 1. Mai 1986, damals war ich Messdiener der örtlichen Pfarrei am Bodensee, haben wir einen Messdiener-Wanderausflug unternommen. Dabei soll wohl die radioaktive Wolke bereits über Süddeutschland angekommen sein. Uns hatte davor niemand gewarnt, leider. Einige Tage danach hatte man Spielplatz-Sandkästen abgesperrt, Sportplatzanlagen waren für den Sport unter freiem Himmel gesperrt. Zuhause mieden wir Salat und frühes Obst aus dem eigenen Garten; Pilze aus der freien Natur sowie Wildfleisch im Sommer und Herbst waren verboten. Als Kind habe ich auf Wiesen esstellergroße Wiesenchampignons entdeckt, diese waren steinhart und fühlten sich an wie Plastik.
Matthias Peter
Ich erinnere mich gut. Ich war nämlich ganz am Anfang schwanger und war natürlich so ängstlich und unsicher, wie eine Frau in so einer Situation nur sein kann. Zuerst riss ich unter verständnislosen Blicken der Nachbarn den ganzen Spinat aus meinem Gemüsebeet. Es folgte später der Rest. Der Radiosender HR3 hatte eine Hotline eingerichtet, wo man anrufen und um Rat fragen konnte. Die Antworten auf meine Fragen bezüglich meiner jungen Schwangerschaft und welche Gefahren auf mein Ungeborenes warten könnten wurden von den „Fachleuten“ abgetan mit den Worten „bleiben Sie ruhig, es wird schon“. Das war natürlich genau die Hilfe, die kein Mensch braucht. Letztendlich habe ich mich für mein Kind entschieden und einen gesunden Jungen zur Welt gebracht.
Heike Wilke
Ja, wir haben die Milch für unsere Kinder (Jahrgang 81 und 83) vom örtlichen Bauern in einem Labor auf Radioaktivität untersuchen lassen – unter 10 Becquerel – alle haben dann dort ihre Milch geholt. Besonders erschreckend war für mich als Mutter, dass ich die beiden Kinder nicht raus lassen konnte – obwohl herrlichstes Frühlingswetter war – das war wirklich gruselig!
Martina Dröll
Ich war damals Kinderbetreuerin auf einem Wochenende für Familien. Wir mussten trotz besten Wetters drinnen bleiben und es war eine allgemeine, große Anspannung und Besorgnis zu spüren. Die Welt hatte sich spürbar und auf Dauer verändert.
Dorot Fliedner
Als die radioaktive Wolke über dem hessisch-bayerischen Grenzgebiet abregnete, war ich als Grundwehrdienstleistender auf einer Durchschlageübung zwischen Wildflecken und Mellrichstadt unterwegs. Bei Starkregen überquerten wir den Rücken der Hohen Rhön. Als wir in einer Bretterbude Unterschlupf suchen wollten, kam es zum Streit mit dem ehrgeizigen Zugführer – einem jungen Unteroffizier, der gerne als Erster in der Kaserne angekommen wäre. Unglaublich aber wahr: Er hetzte uns weiter und drohte mit dem Einsatz seiner Pistole („…bei Befehlsverweigerung darf ich auch in Friedenszeiten schießen“). Wir haben also quasi die volle Ladung Cäsium abbekommen – und er nach einer Beschwerde beim Wehrbeauftragten sein Fett weg: Beförderungsstopp bis zum Ausscheiden. Es war übrigens nicht die Angst vor der Radioaktivität, sondern vor dem mit dem Starkregen einhergehenden Gewitter, die uns damals zu Befehlsverweigerern machte. Was das für ein Regen war, bekamen wir erst später mit.“
Holger Laschka (Pressesprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bayerischen Landtag)
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