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11.04.2013

GRÜNE: Wohnungsbau-„Sonderprogramm“ der Landesregierung ist Schildbürgerstreich

Hochhaus1, WohnungspolitikDie Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wirft Ministerpräsident Bouffier (CDU) und Wirtschaftsminister Rentsch (FDP) vor, den Bürgerinnen und Bürgern mit ihrem „Sonderprogramm für den sozialen Wohnungsbau“ etwas vorzugaukeln und mit ungedeckten Wechseln auf die Zukunft zu hantieren. Zudem werde der tatsächliche Bedarf damit bei Weitem nicht gedeckt. „Dieses angebliche ‚Sonderprogramm‘ ist ein Schildbürgerstreich“, urteilt der wohnungspolitische Sprecher der GRÜNEN, Kai Klose. „Allein mit dem Streichen der Fehlbelegungsabgabe in Höhe von ca. 17 Millionen Euro jährlich wurde den Kommunen mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau entzogen als sie jetzt mit ca. 14 Millionen Euro jährlich erhalten sollen. Bei dem ‚Sonderprogramm‘ geht es überwiegend um bereits für die Wohnungsförderung verbuchte Mittel und über die vom Bund eingeplanten Gelder ist noch nicht einmal entschieden.“ Schwarz-Gelb nehme das Thema nach wie vor nicht ernst, was sich auch daran zeige, dass vor gerade einmal vier Monaten wirkliche wirkungsvolle Vorschläge von uns GRÜNEN im Landtag abgelehnt wurden.

1. Keine zusätzlichen Bundesgelder

Der hessische Anteil an den seit 2007 fließenden Kompensationsmitteln des Bundes (Föderalismusreform) für die soziale Wohnraumförderung in Höhe von rund 30 Millionen Euro wurde bereits im Haushaltsplan 2013/14 in nahezu voller Höhe als Zuführung zum Sondervermögen Wohnungswesen und Zukunftsinvestitionen verbucht, das u.a. der Wohnraumförderung dient. „Es handelt sich bei den im ‚Sonderprogramm‘ verplanten Mitteln also keineswegs um zusätzliches Geld“, so Klose. „Hier wird den Bürgerinnen und Bürgern Handeln nur vorgegaukelt.“

2. Ungedeckte Wechsel auf die Zukunft

Ministerpräsident Bouffier und Wirtschaftsminister Rentsch haben angekündigt, Kompensationsmittel des Bundes in Höhe von 150 Millionen Euro bis 2019 für den Wohnungsbau zweckzubinden. „Der Haushalt des Bundes für 2014 ist bisher aber noch gar nicht verabschiedet“, stellen DIE GRÜNEN fest. „Erst recht wurde über die Höhe dieser Kompensationsmittel in den Jahren danach noch gar nicht entschieden. Bouffier und Rentsch hantieren also mit ungedeckten Wechseln auf die Zukunft. Das sind Hütchenspielertricks.“

3. Keine Zweckbindung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau

Abgesehen davon würden diese Gelder von der Landesregierung nicht für den sozialen Wohnungsbau zweckgebunden: Verplant seien sie vielmehr laut Ankündigung der Landesregierung neben dem Bau von Studierendenwohnungen und den Stadtentwicklungsfonds JESSICA auch für den Erwerb von Wohneigentum. „Angesichts historisch niedriger Hypothekenzinsen ist der Erwerb von Wohneigentum nun wirklich nicht das größte soziale Problem in unserem Land. Die Suche nach bezahlbarem Wohnraum hingegen treibt Viele um. Trotz des erheblichen Bedarfs aufgrund der jahrelangen Untätigkeit der Landesregierung findet auch jetzt keine Fokussierung auf die soziale Wohnraumförderung statt. Das ist grob fahrlässig“, urteilt Klose.

4. Sondervermögen „Wohnungswesen und Zukunftsinvestitionen“

Eine vermehrte Kreditvergabe aus dem Sondervermögen für den Wohnungsbau bedeute natürlich auch, dass diese Mittel nicht in andere Bereiche fließen können, für die das Sondervermögen bisher genutzt wurde, z.B. die Gründungs- oder Mittelstandsfinanzierung. „Selbst wenn das Kreditvolumen aus dem Sondervermögen insgesamt in den nächsten Jahren ansteigt, dürfte damit das Ende der Fahnenstange erreicht sein. Auch hier fischt Schwarz-Gelb also im Trüben statt wirkungsvoll zu handeln.“

5. Ergebnis jahrelanger Klientelpolitik

Die Landesregierung habe viel zu lange behauptet, es gebe in Hessen gar keinen Bedarf an sozialem Wohnungsbau. Die Pläne von Finanzminister Schäfer (CDU), sich von den Landesanteilen an der Nassauischen Heimstätte zu trennen, wurden erst nach erheblichem öffentlichem Druck fallengelassen. „Fehlbelegungsabgabe, sozialer Wohnungsbau nach althergebrachtem Muster und staatliche Wohnungsbauunternehmen stammen aus einer längst vergangenen Zeit“, argumentierte die FDP-Fraktion noch im Mai 2012 in einer Presseerklärung. „Statt den erheblichen Bedarf an sozialem Wohnraum gerade im Ballungsraum endlich anzuerkennen, hat Schwarz-Gelb vor gerade einmal vier Monaten ein Wohnraumförderungsgesetz durch den Landtag gepeitscht, das der Eigentumsförderung ausdrücklich Vorrang vor der Schaffung von sozialem Mietwohnungsbau einräumt“, erinnert Klose. Die Panik der Landesregierung werde auch daran offensichtlich, dass im Sonderprogramm neue Belegungsrechte und damit Sozialbindungen gekauft und verlängert werden sollen, während noch im Herbst von der FDP qua Presseerklärung argumentiert wurde: „Dazu taugen starre Programme mit jahrzehntelangen Bindungsfristen nicht.“

6. GRÜNER GESETZENTWURF WEIST DEN WEG

„Unser Gegenentwurf sah sowohl die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe als auch die längst nötige Konzentration der begrenzten Landesmittel ausschließlich auf den sozialen Mietwohnungsbau vor. Beim derzeitig historisch niedrigen Stand der Hypothekenzinsen gibt es überhaupt keinen Grund, die Wohneigentum Schaffenden zusätzlich mit Landesmitteln zu fördern.“ Da jährlich für rund 3.000 Wohnungen die Sozialbindung auslaufe und zudem über 40.000 Haushalte in Hessen eine Sozialwohnung suchen, sei das Ziel des „Sonderprogramms“ der Landesregierung (200 neue Wohnungen pro Jahr) den realen Problemen vollkommen unangemessen. Darüber hinaus hatten DIE GRÜNEN beantragt, ein Sonderprogramm zur Förderung von Investitionen für Studierendenheime aufzulegen, um dem ebenfalls erheblichen Bedarf an studentischem Wohnraum zu begegnen. Das habe Schwarz-Gelb noch am 29. November im Wirtschaftsausschuss abgelehnt. Man dürfe jetzt auf die weitere Beratung im Wissenschaftsausschuss gespannt sein.

„Es war schon im Oktober 2012 Zynismus, als Jürgen Lenders (FDP) in einer Presseerklärung vor einem ‚öffentlich geförderten Überangebot an Wohnraum‘ warnte. Dieses ‚Sonderprogramm‘ ist jetzt sowohl für die betroffenen Bürgerinnen und Bürgern als auch für die bedrängten Kommunen insbesondere im Ballungsraum auch noch der sprichwörtliche Tritt in den Hintern“, fasst der Wohnungspolitiker zusammen. „Bouffier und Rentsch haben ein Potemkinsches Dorf zusammengebastelt und Ex-Staatssekretär Hirschler als Komparsen engagiert. Hinter der eilig angestrichenen Fassade aber befindet sich keinerlei Substanz.“


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecherin: Elke Cezanne

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