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30.08.2012

Regierungserklärung der Hessischen Kultusministerin betreffend Freiheit, Vielfalt und Qualität für die Zukunft unserer Kinder – Hessens Schulen geht es gut

Regierungserklärung der Kultusministerin zum Schuljahresbeginn: Neue Ministerin, alte Rede – Probleme des Bildungssystems weiter ungelöst

„Die Ministerin ist neu, aber die Rede war alt“, kommentiert der bildungspolitische Sprecher von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag, Mathias Wagner die erste Regierungserklärung von Kultusministerin Beer zum Schuljahresbeginn. „Man fragt sich, warum die frühere Ministerin Dorothea Henzler zurück treten musste, wenn Frau Beer die gleichen Reden hält und an der bisherigen Politik nichts ändern will.“ Leider habe auch die vierte Kultusministerin in vier Jahren die Chance für einen Neuaufbruch in der Bildungspolitik verpasst.

 GRÜNEN Antrag: Denkpause Landesschulamt

Auf Antrag der GRÜNEN stimmt der Landtag mit der Regierungserklärung darüber ab, ob die Beratung zum Landesschulamt vorerst ausgesetzt und der Gesetzentwurf geprüft und überarbeitet wird. „Nach der einhelligen Kritik in der Landtagsanhörung ist das das Mindeste, was geschehen muss. Es macht keinen Sinn, Politik gegen die komplette Bildungsverwaltung machen zu wollen. Die Abstimmung über unseren Antrag ist auch ein Lackmustest für Kultusministerin Beer: Wird auch unter ihrer Verantwortung stur und gegen jeden Expertenrat an Projekten festgehalten oder hat sie die Kraft tatsächliche Veränderungen in der schwarz-gelben Bildungspolitik durchzusetzen?“

Eher Beschwörungsritual eines Schamanen als eine Regierungserklärung

Das von Ministerin Beer vorgetragene Mantra „Den Schulen geht es gut“ habe eher wie das Beschwörungsritual eines Schamanen denn wie eine Regierungserklärung gewirkt. Besonderes Merkmal des Schamanenamtes sei laut Wikipedia „der Einsatz bestimmter Formeln und ritueller Handlungen, vor allem zur Erzielung eines Trancezustandes“. Sprüche könnten reale Verbesserungen allerdings nicht ersetzen und auch nicht über die schlechte bildungspolitische Bilanz von Schwarz-Gelb nach mittlerweile 13 Jahren hinwegtäuschen. „Natürlich haben wir von Frau Beer nach 100 Tagen im Amt nicht erwartet, dass gleich alles besser wird. Notwendig wäre allerdings zumindest eine ehrliche Bilanz der Ist-Situation gewesen.“

 Bilanz der laufenden Legislaturperiode: Gebrochene Versprechen

In der laufenden Legislaturperiode zeichne sich die schwarz-gelbe Bildungspolitik vor allem durch gebrochene Wahlversprechen aus. „Weder gibt es die 105prozentige-Lehrerversorgung noch die Drittelfinanzierung bei der Schulsozialarbeit. Entgegen der Ankündigungen vor der Wahl wurde im Bildungsbereich gekürzt, worunter vor allem die Lehrerausbildung leidet. Und von der versprochenen Ruhe und Verlässlichkeit kann auch keine Rede sein.“

 Bilanz nach 13 Jahren Schwarz-Gelb: Alle Probleme ungelöst

Auch die Gesamtbilanz von mittlerweile 13 Jahren schwarz-gelber Bildungspolitik fällt aus Sicht der GRÜNEN negativ aus. „Statt Bildungsland Nr. 1 zu sein, landet Hessen weiter in den Vergleichsstudien nur im Mittelfeld. Der Ausbau von echten Ganztagsschulen kommt nur im Schneckentempo voran. G8 wurde in Hessen grottenschlecht eingeführt, wie mittlerweile selbst die Regierung erkannt hat. Der Schulerfolg der Kinder ist weiter zu stark von der sozialen Herkunft abhängig. Ein Fünftel eines jeden Jahrgangs verlässt die Schule weiterhin mit erheblichen Defiziten und gehört laut PISA-Studie zur so genannten Risikogruppe. Das Akzeptanzproblem der Hauptschule ist weiter ungelöst. In der gemeinsamen, inklusiven Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderungen gibt es Rück- statt Fortschritte. Und selbst die selbständige Schule ist gerade einmal an 58 von über 1700 Schulen umgesetzt.“

Grundproblem von Schwarz-Gelb: Ideologie wichtiger als Wirklichkeit

Das Grundproblem von Schwarz-Gelb sei, dass in allen wichtigen bildungspolitischen Fragen der letzten Jahre Ideologie immer wichtiger gewesen sei, als die Lebenswirklichkeit an den Schulen. „Ganztagsschulen galten Schwarz-Gelb vor zehn Jahren noch als Vorstufe zum Sozialismus. Kein Wunder, dass der Ausbau bis heute nicht richtig in die Gänge kommt. G8 wurde gegen alle Warnungen mit dem Kopf durch die Wand eingeführt statt von Anfang an auf Wahlfreiheit und eine konsequente Überarbeitung der Lehrpläne zu setzen. Während nahezu alle Bundesländer auch unter CDU Führung ihr Schulsystems in Richtung eines Zwei-Säulen-Modells aus Gymnasium und einer weiteren leistungsfähigen Schulform mit längerem gemeinsamen Lernen weiterentwickeln, hält schwarz-gelb stur an einem strikt gegliederten Schulwesen fest.“ Da wundert es nicht, dass Hessen bildungspolitisch mehr und mehr den Anschluss verpasst.

 GRÜNE Alternative zur schwarz-gelben Tristesse: Was jetzt zu tun wäre

In ihrer Entgegnung auf die Regierungserklärung haben es die GRÜNEN nicht nur bei Kritik belassen, sondern detailliert beschrieben, was jetzt für Hessens Schulen zu tun wäre. „Dreh- und Angelpunkt sind die Arbeitsbedingungen an unseren Schulen. Die Schulen brauchen wieder Luft zum Atmen, weniger Bürokratie und mehr Freiraum für individuelle Förderung. Deshalb ist die 105prozentige-Lehrerversorgung so wichtig und nicht etwa eine statistische Größe wie die Kultusministerin behauptet. Auch brauchen wir endlich eine Unterstützung der Schulen durch Schulsozialarbeit. Hier sind sich seit Jahren alle Experten einig, nur Schwarz-Gelb tut nichts.“ Ebenso fachlich unbestritten sei, dass die Einführung des flexiblen Schulanfangs an Grundschulen zu einem Mehr an Bildungsgerechtigkeit führt. Dabei werden die ersten beiden Klassen zu einer pädagogischen Einheit zusammengefasst, die je nach Entwicklungsstand jedes einzelnen Kindes in ein bis drei Jahren durchlaufen werden kann. „Seit Jahren setzen wir GRÜNE uns für eine Aufstockung des Ganztagsschulprogramms mit einer Schwerpunktsetzung bei den Grundschulen ein. Mit unserem Konzept für eine ‚Neue Schule‘ haben wir gezeigt, wie längeres gemeinsames Lernen endlich auch in Hessen verwirklicht werden kann. Ebenso liegen unsere Vorschläge zur Umsetzung von Inklusion, zur Umgestaltung der Bildungsverwaltung und zur Reform der Lehrerbildung vor.“

 

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