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19.11.2009

Hessisches Hochschulgesetz und Gesetz zur Änderung des TUD-Gesetzes sowie weiterer Rechtsvorschriften

Hochschulgesetz: Zukunftsprobleme lösen statt Demokratie abbauen

„Die Novellierung des HHG sollte dazu genutzt werden, sich mit den aktuellen Problemen der Hochschulen zu beschäftigen und Lösungen für diese Probleme anzubieten. Die vorgelegte HHG-Novelle ist aber konzeptlos und kontraproduktiv für die Zukunftsfähigkeit der hessischen Hochschulen“, so die wissenschaftspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sarah Sorge, in der heutigen Plenardebatte zur 2. Lesung des Hochschulgesetzes (HHG).

„Auch die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen ändern daran nichts. Mehr Bildungsgerechtigkeit, ein chancengerechter Zugang zu den Hochschulen, die notwendige ‚Reform der Reform‘ des Bolognaprozesses und auch die Stärkung des wissenschaftlichen Nachwuchses werden im HHG-Entwurf überhaupt nicht angesprochen.“

„Insbesondere der Plan der Landesregierung, den Hochschulrat von einem Beratungs- zu einem Entscheidungsgremium zu machen, wurde in der Anhörung von nahezu allen Anzuhörenden einhellig abgelehnt. Und dies aus gutem Grund: Denn gerade in einer autonomen Hochschule müssen die wesentlichen Entscheidungen gemeinsam ausgehandelt, fortentwickelt und entschieden werden. Die Ausweitung der Macht der Hochschulräte aber schürt das Misstrauen in den Hochschulen. Und dass die Hälfte der Hochschulratsmitglieder vom Ministerium benannt werden, ist kein Zeichen souveräner Abgabe von Autonomie an die Hochschulen, sondern erinnert an die strenge Überwachung der preußischen Hochschulaufsicht.“

„Sehr ärgerlich ist, dass die Landesregierung wieder sämtliche Kritik ignoriert und sich noch nicht einmal für Kompromisse offen zeigt. In einem Brief habe ich in der letzten Woche Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann (CDU) und die Fraktionen von CDU und FDP aufgefordert, auf die massive Ausweitung der Befugnisse der Hochschulräte an den Hochschulen zu verzichten oder diese Ausweitung wenigstens den Hochschulen freizustellen. Gerade weil sich alle Beteiligten der Anhörung des Hessischen Hochschulgesetzes so einig sind und den Machtzuwachs der Hochschulräte ablehnen, wären Landesregierung und Koalitionsfraktionen gut beraten, dies ernst nehmen.“

„Der Regierung schwebt bei Ihrem Modell von autonomen Hochschulen vor, dass sie wie Unternehmen geführt werden sollen. Der Hochschulrat soll dabei die Rolle des Aufsichtsrates einnehmen. Hochschulen funktionieren aber nicht wie Unternehmen – und das ist auch gut so. Eine Hochschule ist ein Ort, an dem alle an Wissenschaft und Forschung Beteiligten ein Mitspracherecht haben sollten. Das genau braucht Wissenschaft, um nach vorne – oder auch mal um die Ecke – denken zu können. Eine Hochschule, deren Entwicklung alleine von einer Handvoll Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geleitet und von im wesentlich wirtschaftlich orientierten Menschen kontrolliert wird, verliert an Ideen, an Neugier, an Kreativität. Und deshalb sagen wir GRÜNE seit Jahren: Ja zur Autonomie – aber nur im Einklang mit einem Mehr an hochschulinterner Demokratie. Die Landesregierung missversteht Autonomie leider immer wieder als Verweigerung der Übernahme von Verantwortung.“

„Falsch und verantwortungslos ist daher auch die weitere Schwächung des Senats. Diese Regelung belastet die Zusammenarbeit im Senat zwischen der Hochschulleitung und den restlichen Senatsmitgliedern. Sie schürt Misstrauen. Und sie wird daher nicht dazu führen, dass die Entscheidungen besser getroffen werden – sie werden allenfalls schneller getroffen.“

„Leider wird auch die Mitbestimmung der Studierenden mal wieder eingeschränkt, das wird aber unter dem Deckmäntelchen der Autonomie versteckt. Die Organe der Studierendenschaft sollen sich in Zukunft nennen können, wie sie gerade lustig sind. Das ist nicht nötig und nicht sinnvoll. Die Landesregierung will so die einheitliche Interessenvertretung der Studierenden zerschlagen. Sie hat aber – und das ein Erfolg der Proteste der Studierenden – Angst, dies offen zu sagen.“

„Bedauernswert ist, dass die Ministerin sich der Kritik am Hochschulgesetz überhaupt nicht stellt. Die Koalition scheint den berechtigten Unmut an den Hochschulen nicht wahrnehmen zu wollen. Wir sind in Hessen leider schnell wieder da angekommen, wofür die CDU-Alleinregierung abgewählt wurde: Der Arroganz der Macht. Argumente werden in Debatten nicht aufgegriffen und die Ministerin steht für Diskussionen an Hochschulen nicht zur Verfügung. So werden Zukunftsprobleme leider nicht gelöst.“