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18.06.2009

Eklat um die Verleihung des Hessischen Kulturpreises

Kulturpreis: Öffentlicher Dialog notwendig GRÜNE: Landesregierung muss sich ihrer Verantwortung stellen

„Die geplante  Verleihung  und  die darauf folgende  Aberkennung des hessischen Kulturpreises  an Navid Kermani in diesem Jahr endete in einem Eklat, in dem die Landesregierung eine mehr als missliche Rolle spielte. Nachdem sich die Vertreter der beiden christlichen Kirchen über einen Artikel Kermanis beschwerten, wurde ihm der Preis wieder aberkannt. Damit wurde auch und gerade vom Vorsitzenden des Kuratoriums, Ministerpräsident Roland Koch, die Intention des Preises, den Dialog zwischen den Kulturen und Religionen zu fördern, ganz erheblich zurückgeworfen. Die Preisverleihung für den interreligiösen Dialog ist an religiöser Intoleranz gescheitert. Und umso unverantwortlicher ist das bis heute andauernde auffällige Schweigen der Landesregierung. Wir fordern einen öffentlichen Dialog über die ganzen Vorgänge rund um die Vergabe des Kulturpreises anstatt  sich weiterhin hinter dem Kuratorium zu verstecken und die Verantwortung der Verständigung allein auf die Preisträger abzuwälzen“, so die kulturpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von  BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sarah Sorge.

„Es ist ein Armutszeugnis für das Kuratorium und Roland Koch, dass bislang die Motivation für die Entscheidung verschwiegen wird. Es ist zu befürchten, dass der persönlichen Verletztheit von Lehrmann und Steinacker mehr Gewicht eingeräumt wurde als sachlich und tolerant auf den Stein des Anstoßes zu sehen. Das wird aber nicht nur der Intention des Kulturpreises nicht gerecht, sondern hat zudem diffamierenden und spaltenden Charakter. Diffamierend gegenüber der Person Navid Kermani, einem iranischstämmigen deutschen Intellektuellen, der sich gerade mit interkulturellen und interreligiösen Fragen sehr klug auseinandersetzt und mit seinen Arbeiten schon zahlreiche Preise gewonnen hat. Aber nicht nur diese Leistungen wurden nicht anerkannt, sondern er wurde ungeschützt in der Öffentlichkeit als Christenhasser dastehen lassen und damit seine intellektuelle Integrität diskreditiert. Über einer Million Muslimen in Deutschland wurde damit zu verstehen gegeben ‚Mit uns kann man es ja machen‘.“

„Es steht der Vorwurf im Raum, das Land Hessen lasse sich von den Vertretern der christlichen Kirchen beeinflussen. Auch dazu muss sich Ministerpräsident Koch endlich erklären. Er muss auch erklären, wie es zu der äußerst tendenziösen Auswahl der Zitate aus Kermanis Essay in der Presseinformation der Staatskanzlei kam. Und er muss erklären, ob er die Einschätzung Lehmanns und Steinackers teilt. Auf all diese Fragen, die in der ganzen Republik diskutiert werden, gibt die Landesregierung keine Antwort.“

„Beschämend ist, dass sich die FDP in dieser ganzen Debatte wochenlang gar nicht geäußert hat. Weder der Integrationsminister noch die für die Kirchen zuständige Kultusministerin haben sich geäußert, und auch im Wissenschaftsausschuss verhielten sich die drei FDP-Abgeordneten wie die berühmten drei Affen: Nichts sehen, nichts hören, nichts sprechen. Dieses armselige Spiel, das die FDP hier veranstaltet, hätte es mit Ruth Wagner nicht gegeben.“