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21.02.2023

Wissenschaftlicher Abschlussbericht ist wichtige Grundlage für weitere Aufarbeitung und Neuausrichtung der documenta gGmbH

Antisemitische Inhalte dürfen nicht gezeigt und nicht reproduziert werden. Dass auf der documenta fifteen Werke mit klar antisemitischer Bildsprache ausgestellt wurden, hat Jüd*innen in Deutschland, aber auch weltweit tief verletzt. Der bei der documenta fifteen entstandene Schaden ist daher nicht zu relativieren. Umso wichtiger war es, Expert*innen zusammenzubringen, die aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven einen unabhängigen und kritischen Blick auf das Geschehene werfen und Empfehlungen für die Zukunft geben. Für die Einrichtung dieser fachwissenschaftlichen Begleitung hat es viel Beharrlichkeit der Kulturministerin Angela Dorn gebraucht.

Wie wichtig diese Aufarbeitung ist, bestätigt der jetzt vorgelegte Bericht der fachwissenschaftlichen Kommission, der eine fundierte und schonungslose Analyse der Vorkommnisse liefert. Das Gremium hat die in der Diskussion stehenden Werke auf antisemitische Bildsprache und den Umgang der documenta gGmbH mit den Vorfällen untersucht sowie mögliche Konsequenzen für die Organisation der documenta gGmbH formuliert. Er benennt klar, wo die Fehler bei der documenta lagen und wo Verantwortung diffundiert ist. Und noch viel wichtiger: Er zeigt auf, wie Verantwortlichkeiten zukünftig klarer definiert, wie Vorkehrungen für Konfliktfälle getroffen werden können und externe Expertise eingebunden werden muss, die in solchen Konflikten vermittelt.

Der Bericht liefert aber auch eine wichtige Grundlage für den Umgang mit antisemitischer Bildsprache in der Kunst, sowie zur Frage des Spannungsverhältnisses mit der Kunstfreiheit. Es wird klargestellt, dass es nicht reicht, Antisemitismus erst dann zu ächten, wenn er strafrechtlich relevant wird. Stattdessen ist es notwendig, sich im Vorfeld von Kunstausstellungen auf Definitionen und Standards für den Umgang mit Antisemitismus und anderen Formen der Diskriminierung zu verständigen, die sich nicht in den Vorgaben des Strafrechts erschöpfen.

Gleichzeitig ist die Kunstfreiheit vom Grundgesetz geschützt, und staatlichen Eingriffsmöglichkeiten – im Fall der documenta durch das Land und die Stadt als Gesellschafter oder den Bund als Förderer – sind deswegen extrem enge Grenzen gesetzt. Das Gutachten macht sehr deutlich: Die Vorab-Kontrolle künstlerischer Programme durch Politiker*innen ist mit der Kunstfreiheit nicht vereinbar! Aber es macht auch deutlich, dass es sehr wohl das Recht, ja sogar die Pflicht staatlich geförderter Einrichtungen ist, Antisemitismus und andere Formen der Menschenfeindlichkeit zu verhindern. Im konkreten Fall wäre es die Pflicht der Geschäftsführung gewesen, auf die künstlerische Leitung einzuwirken. Sie hätte eine Kontextualisierung vornehmen müssen, auch gegen den Willen der Künstler*innen. Denn dies ist kein Eingriff in die Kunstfreiheit.

Wir GRÜNEN sind der Überzeugung, dass die documenta weiter als wichtigste Ausstellung zeitgenössischer Kunst Impulse setzen und Hessen bereichern kann, wenn die Stadt Kassel und das Land nun die notwendigen strukturellen Veränderungen in Angriff nehmen. Sie haben bereits angekündigt, dies gemeinsam und im Gespräch mit dem Bund im Rahmen der geplanten Organisationsuntersuchung angehen zu wollen. Dafür erhalten sie die volle Unterstützung der GRÜNEN Landtagsfraktion. 


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