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13.02.2024

GRÜNE Initiative für einen Bildungsgipfel 2.0

Für einen pädagogischen Aufbruch – gegen eine Politik der vertanen Chancen

Die Ergebnisse der jüngsten Bildungsvergleichsstudien sind alarmierend: Die PISA-Studie zeigt einen erheblichen Kompetenzrückgang an Deutschlands Schulen insbesondere in den Fächern Deutsch und Mathematik auf – 25 % beziehungsweise 30 % der Jugendlichen verfehlen hier die Mindestanforderungen. Im Vergleich zur vergangenen PISA-Studie aus dem Jahr 2018 entspricht der Kompetenzrückgang im Lesen und in Mathematik dem durchschnittlichen Lernfortschritt eines ganzen Schuljahrs. Im IQB-Bildungstrend (Institut für Qualitätssicherung im Bildungswesen) lagen die Ergebnisse der hessischen Schülerinnen und Schüler in den Bereichen Lesen und Zuhören nochmals signifikant unterhalb des bundesdeutschen Durchschnitts. Zudem hängt der Lernerfolg in Deutschland mehr als in anderen Ländern nach wie vor im hohen Maße vom sozioökonomischen Hintergrund der Schüler*innen ab.

Auch wenn wir durchaus anerkennen, dass die Ergebnisse auch unter dem Eindruck der großen Herausforderungen von Pandemie und Ukraine-Krieg entstanden sind, ist für uns GRÜNE klar, dass diese nicht folgenlos für Hessens Schulpolitik bleiben dürfen. Doch der Koalitionsvertrag von CDU und SPD ist ein Papier der vertanen Chancen und enthält viel zu wenige konkrete Lösungsansätze. Es werden sogar Kürzungen beispielsweise beim Aufholprogramm nach Corona angekündigt.

Aus diesem Grund haben wir als GRÜNE das Thema auf die Tagesordnung der ersten regulären Plenarwoche der neuen Legislaturperiode gesetzt, um zu einem pädagogischen Aufbruch in der hessischen Bildungspolitik aufzurufen – sei es im Bereich der Digitalisierung, der datengestützten Schulentwicklung oder der Multiprofessionalität und Selbstständigkeit von Schule:

  • Eine zentrale Voraussetzung für die pädagogische Weiterentwicklung von Schule ist eine auskömmliche Finanzierung. Wir fordern deswegen von der schwarz-roten Landesregierung ein klares Bekenntnis, dass Investitionen in Bildung auch in den kommenden Jahren im hessischen Haushalt Vorrang haben. Insbesondere die massiven Investitionen der vergangenen Jahre in den Ausbau multiprofessioneller Teams mit Schulsozialarbeit, Schulgesundheitspflege, Schulpsychologie und Schulverwaltungskräften müssen fortgeführt werden, um die individuelle und ganzheitliche Förderung der Schülerinnen und Schüler mit großem Unterstützungsbedarf weiter zu verbessern. Dieser Vorrang ist im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot nicht erkennbar. Die Maßnahmen, die skizziert werden, stehen vielfach unter Haushaltsvorbehalt.
  • Im Bereich der Digitalisierung müssen wir aus der Phase des Experimentellen endlich in das Setzen von Standards eintreten. Für alle Schülerinnen und Schüler ab der Mittelstufe muss ein digitales Endgerät zur Standardausstattung werden. Vom Primarbereich über die weiterführenden Schulen bis hin zur Oberstufe und dem berufsbildenden Bereich braucht es zudem digitale Lernverlaufs-Diagnostiktools, um die individuelle Lernentwicklung ohne Prüfungs- und Bewertungsdruck und ohne den Auf-wand formaler Lernstandserhebungen fortlaufend nachvollziehen zu können.
  • Die Ergebnisse der Bildungsstudien zeigen zudem mehr als deutlich, dass die Schulen weiterhin zusätzliche Ressourcen für gezielte Förderprogramme zur Kompensation von während der Corona-Pandemie entstandenen Lernlücken brauchen. Zudem sind mit der Aufstockung der Schulbudgets im Rahmen des Aufholprogramms „Löwenstark“ nach Corona an unseren Schulen viele tolle Angebote auch jenseits klassischer Fördermaßnahmen entstanden, beispielsweise im Bereich Kultur oder Sport. Dieses Prinzip gilt es insbesondere im Zuge der Ganztagsschulentwicklung in ein „Chancenbudget“ fortführen. Hiermit sollen alle Schulen dauerhaft die Möglichkeit haben, in eigener Verantwortung und in Kooperation mit außerschulischen Partnern, Lernorten und Orten der offenen Kinder- und Jugendarbeit ergänzende Förderangebote, aber auch Angebote in Bereichen wie Kultur, Sport, Natur, Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie Berufsorientierung zu machen. Die schwarz-rote Landesregierung hingegen will beim „Löwenstark“-Programm nicht nur kürzen, sondern das, was übrig bleibt, auch nur zur Kofinanzierung des Startchancen-Programm vom Bund verwenden. Da stellen wir fest: Weniger ist nichts.

Neben der Diskussion eigener Vorschläge haben wir die schwarz-rote Landesregierung zudem aufgerufen, einen Bildungsgipfel 2.0 mit allen relevanten Stakeholdern aus Wissenschaft, Praxis und Politik aufzusetzen, um innovative Konzepte für die hessische Schulpolitik der nächsten Jahre zu entwickeln. Bereits in der vorletzten Wahlperiode hat ein solcher Bildungsgipfel viele wichtige Impulse für die hessische Bildungspolitik der letzten Jahre geliefert: Eine stärkere Berufsorientierung in allen Schulformen, ein früherer und stärkerer Praxisbezug im Lehramtsstudium oder der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte sind nur drei unserer Maßnahmen der letzten Jahre, die auf Ergebnissen der Arbeitsgruppen des ersten hessischen Bildungsgipfels fußen.

Diese Chance sollten wir auch jetzt wieder nutzen, um die Bildungspolitik der kommenden Jahre auf Basis eines breiten gesellschaftlichen Konsenses weiterzuentwickeln. Leider will sich die Landesregierung diesen Debatten nicht stellen und lieber in der schwarz-roten Komfortzone der Ambitionslosigkeit verbleiben. Umso wichtiger ist, dass wir als GRÜNE Landtagsfraktion die Bildungspolitik der Landesregierung in den kommenden Jahren weiter kritisch begleiten und immer wieder mit eigenen konkreten Vorschlägen flankieren werden.

Unser Antrag zur Plenardebatte im Landtag findet sich hier: https://starweb.hessen.de/cache/DRS/21/4/00044.pdf (PDF)

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