Inhalt

24.10.2012

Hessens Kommunen ─ Motor der gesellschaftlichen und ökologischen Erneuerung

Selbstverwaltung stärken, Finanzen ins Lot bringen, Bürgerbeteiligung ausbauen und sozialen Zusammenhalt sichern sind die Schwerpunkte, die wir in unser Konzept „Hessens Kommunen – Motor der gesellschaftlichen und ökologischen Erneuerung“ aufgenommen haben.

In den Kommunen erleben die Bürgerinnen und Bürger die Auswirkungen öffentlicher Entscheidungen unmittelbar. Hier wird der Alltag der Menschen geprägt. Deshalb brauchen wir handlungsfähige Kommunen, deren Selbstverwaltung mehr sein muss als die Verwaltung von Mangel. Sie brauchen finanzielle Freiräume, um selbst entscheiden und Neues auf den Weg bringen zu können. Unser Konzept zeigt einen Rahmen auf, wie kommunale Leistungsfähigkeit und die Daseinsvorsorge garantiert werden kann.

Selbstverwaltung wieder ermöglichen

Kommunale Selbstverwaltung kann nur gelingen, wenn Kreise, Städte und Gemeinden finanziell handlungsfähig sind, und deshalb brauchen sie eine solide Finanzierung. Zudem wächst die Kluft zwischen armen und reichen Kommunen. Damit Städte und Gemeinden ihre Aufgaben in Zukunft angemessen finanzieren und notwendige Handlungsspielräume zurückgewinnen können, muss der Kommunale Finanzausgleich (KFA) grundlegend neuausgerichtet werden. Die Fehlbelegungsabgabe soll wieder eingeführt werden, damit wieder Geld für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung steht.

Land als Anwalt der Kommunen im Bundesrat

Auch bei der Steuergesetzgebung soll einiges getan werden, hier soll sich das Land als Anwalt der hessischen Kommunen im Bundesrat engagieren. Dringlich ist unserer Sicht eine grundlegende Reform der Umsatzsteuer. Die Gewerbesteuer muss zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer weiterentwickelt werden, die die Verbindung zwischen Kommunen und lokalen Unternehmen stärkt. Die Grundsteuer soll so reformiert werden, dass sie mehr Steuergerechtigkeit und eine ökologische Lenkungswirkung beinhaltet.

Bürgerbeteiligung und demokratische Teilhabe ausbauen

Um Bürgerentscheide zu erleichtern, sollen die Quoren nach der Größe der Kommunen gestaffelt werden. Es reicht nicht aus, nur die Einleitungsquoren zu staffeln, sondern auch die Zustimmungsquoren müssen so gestaltet werden, dass Bürgerentscheide auch in großen Städten erfolgreich sein können. Dies würde bis 50 000 Einwohner ein Zustimmungsquorum von 20 Prozent, bis 100 000 Einwohner 15 Prozent und über 100 000 Einwohner 10 Prozent bedeuten. Auch auf Landkreisebene soll das Instrument des Bürgerentscheids neu eingeführt werden. Durch einen Einwohnerantrag sollen Bürgerinnen und Bürger ab 14 Jahren einen Antrag an das Gemeindeparlament stellen können. Dazu sind ein Prozent der Einwohner notwendig. Zudem soll auf Gemeindeebene ein Petitionsrecht geschaffen werden. Durch einen Bürgerhaushalt sollen die Einwohnerinnen und Einwohner einbezogen werden, die Entscheidung über den Haushalt obliegt aber der gewählten Gemeindevertretung. Auch durch einen Quartierfonds sollen die Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden. Durch Jugendforen, projektbezogene Arbeit und eine Demokratiewerkstatt an den Schulen sollen Kinder und Jugendliche stärker partizipieren können. Sie sollen auch schon ab 16 Jahren in der Kommune wählen dürfen. Das Ehrenamt soll gestärkt werden, darf aber nicht als Konsolidierungsmaßnahme öffentlicher Haushalte gesehen werden und fehlende Sozialleistungen ersetzen.

Digitale Demokratie

Durch das Internet stehen heute Instrumente zur Verfügung, die den Einwohnerinnen und Einwohnern die Möglichkeit eröffnen, sich zu jeder Tages- und Nachtzeit und unabhängig vom Standort in ihrer Kommune aktiv am politischen Leben zu beteiligen. Das Land Hessen soll deshalb alle Kommunen darin unterstützen, Internetplattformen mit den wichtigsten Informationen bereit zu stellen. Dazu gehören alle Satzungen der Gemeinde, inklusive der Bebauungspläne, Unterlagen der Gemeindevertretung sowie deren Ausschüsse, Öffnungszeiten und Kontakte der wichtigsten Einrichtungen sowie An-, Ab- und Ummeldemöglichkeiten oder das Buchen von Kitaplätzen über das Internet.

Kommunen als Motor der Energiewende und des Klimaschutzes stärken

Bei der Energiewende kommt den Kommunen eine besondere Rolle zu, denn ein großer Teil der CO2-Emissionen kann vor Ort beeinflusst werden. Deshalb wollen wir GRÜNE die Kommunen dabei unterstützen und die nötigen Voraussetzungen schaffen, um die Energiewende vor Ort einzuleiten. Deshalb sollen die Kommunen gegenüber den Energiekonzernen deutlich gestärkt werden, um die Rekommunalisierung der Stromnetze zu erleichtern und die Stellung der Stadtwerke zu verbessern. Auch soll die Möglichkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen ausgeweitet werden, damit die Eigenstromerzeugung und die erneuerbaren Energien, die energieeffiziente Kraftwärmekopplung sowie eine klimafreundliche Nahwärmeversorgung ausgebaut werden können. Kommunen sollen gekoppelt an den Ausbau der erneuerbaren Energien vor Ort Ökostrom anbieten und Energiesparberatung voran treiben können. Durch eine Änderung des Paragraphen 19 in der Hessischen Gemeindeordnung soll es den Kommunen ermöglicht werden, einen Anschluss- und Benutzerzwang an ein Netz der öffentlichen Nah- und Fernwärmeversorgung zum Zweck des Klima- und Ressourcenschutzes vorzuschreiben. In Schleswig-Holstein, Sachsen und Baden-Württemberg ist dies bereits möglich. Durch eine Anpassung der Bauordnung sollen Kommunen die Verwendung bestimmter Brennstoffe untersagen oder bestimmte Heizungsarten und Energiesparmaßnahmen vorschreiben können.

Sozialer Zusammenhalt – eine besondere Herausforderung in der Kommune

Durch einen neuen Sozialvertrag für Hessen, der zwischen dem Land, den Kommunen und den Sozialverbänden abgeschlossen werden soll, sollen die Kommunen in ihren sozialen Aufgaben gestärkt werden. Wesentliche Handlungsfelder sind die Gestaltung des demografischen Wandels, die Förderung von Kindern und Jugendlichen, und die Integration. Um den Rechtsanspruch auf eine Kindertagesbetreuung einzulösen, sehen wir den Bund und das Land Hessen in der Pflicht, die Kommunen nicht im Regen stehen zu lassen, sondern eine angemessene Finanzausstattung sowohl beim notwendigen Ausbau als auch bei der Qualität der frühkindlichen Bildungsangebote sicher zu stellen. Da inzwischen jeder vierte Mensch und fast jedes zweite Kind unter fünf Jahren in Hessen einen Migrationshintergrund hat, muss sich die Kommune dieser multikulturellen Realität annehmen. Integrationsvereinbarungen zwischen Kommunen und vor Ort Aktiven sollen geschlossen werden. In regelmäßigen kommunalen Integrationskonferenzen und Integrationsausschüsse soll es eine bessere Vernetzung geben.

Wir wollen die kommunale Selbstverwaltung gewährleisten und die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen sichern. Sie sollen größtmögliche Freiheit für individuelle Lösungen haben, damit eine bürgerfreundliche und leistungsstarke Verwaltung die notwendigen Leistungen der Daseinsvorsorge erbringen kann.