Inhalt

18.06.2011

Hessens Kommunen fair finanzieren

Möglichst gerecht, einfach und verständlich wollen wir den Kommunalen Finanzausgleich (KFA) gestalten und legen deshalb einen Reformvorschlag aus einem Guss vor. Durch diese Reform soll die kommunale Selbstverwaltung gesichert und neue Spielräume eröffnet werden. Zudem sollen die neuen Ausgleichsregeln flexibel auf schwankende Landes- und Kommunalfinanzen reagieren und so dem Land und den Kommunen einen langfristig verlässlichen Finanzrahmen bieten

Bisher ist der KFA durch undurchschaubare Wirkungen gekennzeichnet. Aufgrund der Intransparenz und der schweren Nachvollziehbarkeit der Ausgleichsregelungen wird er von immer mehr Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern als ungerecht empfunden. Das wollen wir ändern. Dabei wollen wir nicht im bisherigen System Einzelheiten verändern, sondern streben eine grundlegende Reform an.

Neuregelung der Finanzverteilung zwischen dem Land und der kommunalen Ebene

Wir wollen erreichen, dass das KFA-Volumen in Zukunft an der tatsächlichen Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen bemessen und stabilisiert wird. Das bedeutet, dass alle in Hessen verbleibenden Steuereinnahmen zwischen Land und Kommunen in einem gemeinsam zu ermittelnden Verhältnis aufzuteilen sind. Dieses Verteilungsverhältnis  ist auch dann aufrecht zu erhalten, wenn sich die Einnahmen des Landes und der Kommunen phasenweise gegenläufig entwickeln. Erreicht werden soll diese gleichmäßige Entwicklung der Steuereinnahmen des Landes und der Kommunen durch die Einführung des sogenannten Gleichmäßigkeitsgrundsatzes (GMG), der in Sachsen bereits angewendet wird.

Technisch gesprochen legt der GMG Folgendes fest: Die Entwicklung der Gesamteinnahmen der Kommunen aus Steuern sowie den Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich soll sich gleichmäßig zur Entwicklung der dem Land verbleibenden Finanzmasse aus Steuern abzüglich des Länderfinanzausgleichs sowie abzüglich der den Kommunen zufließenden Finanzmasse im kommunalen Finanzausgleich, also zu den Netto-Gesamteinnahmen des Landes gestalten.

Die gegenwärtige starre Beteiligung der Kommunen an den Einnahmen der Landesebene (feste Verbundquote) soll abgeschafft werden, da sie das Land und seine Kommunen entzweit. Die Einführung des GMG stellt im Gegensatz dazu sicher, dass Land und Kommunen finanzpolitisch „in einem Boot sitzen“.

Verteilung des KFA-Finanzvolumens auf Gemeinden, Landkreise und kreisfreie Städte

Umstrukturieren wollen wir auch die Verteilung der KFA-Zuweisungen des Landes an die Gemeinden, Landkreise und kreisfreien Städte. Nach ihren Vorstellungen sollen die KFA-Zuweisungen (Schlüsselmasse) nicht mehr in drei Teile aufgeteilt werden, sondern es soll nur noch zwischen kreisangehörigen und kreisfreien Gemeinden auf der einen Seite und Landkreisen auf der anderen Seite unterschieden werden. Bisher werden im KFA drei Teile gebildet, auf die jeweils die kreisangehörigen Gemeinden, die kreisfreien Städte und die Landkreise Zugriff haben.

Die neue Verteilung stellt die kommunale Solidargemeinschaft auf eine möglichst breite Basis und beendet die unnötige Zersplitterung des Kommunalen Finanzausgleichs. Darüber hinaus stärkt sie die Transparenz des KFA. Damit erreichen wir, dass ein Einnahmeeinbruch in einer der fünf kreisfreien Städte nicht zu einer unverhältnismäßig Kürzung bei den vier anderen Städten führt.

Verteilung des KFA-Finanzvolumens auf die einzelnen Gebietskörperschaften

Um zu ermitteln, wie viel Geld die Kommunen zur Finanzierung ihrer Aufgaben benötigen, sollen grundsätzlich drei Kriterien herangezogen werden: Hauptkriterium ist die Anzahl der Einwohner, zusätzlich gewichtet werden die Gemeindegröße und die Leistungen für das Umland. Damit stellen wir  sicher, dass die KFA-Zuweisungen dem tatsächlichen Finanzbedarf einer individuellen Kommune möglichst nahe kommen.

Neben dieser grundsätzlichen Änderung beabsichtigen wir Verbesserungen in folgenden Teilbereichen. So wollen wir die kommunale Selbstverwaltung stärken, indem die Entscheidungsfreiheit der Kommunen über die Verwendung der KFA-Mittel vergrößert wird. Dazu soll die Vielzahl der besonderen Finanzzuweisungen wie z. B. für besondere von der Landesregierung gewünschte Investitionen umstrukturiert und reduziert werden. Da sich die Herausforderungen des demographischen Wandels nicht zufriedenstellend im KFA abbilden lassen, wollen wir die davon betroffenen Kommunen durch temporäre Zuweisungen unterstützen. Dabei geht um die Anpassung der Infrastruktur durch den demografisch bedingten Bevölkerungsrückgang. Für das Kulturangebot, das viele größere Städte auch für das Umland leisten, soll es zu je einem Drittel Geld von der Stadt, einer speziellen Zuweisung aus dem KFA und dem Land geben. Als wichtig sehen wir es ferner an, einen angemessenen Sozialstrukturausgleich zu leisten. Dies trifft etwa für Kommunen zu, die einen besonders hohen Anteil an Erwerbslosen haben.

Um die Solidarität unter den Kommunen zu stärken, beabsichtigen wir die Kommunen, die mehr Finanzmittel  haben als sie rechnerisch brauchen, stärker in die Finanzierung des KFA einzubeziehen. Sie sollen Teile ihres Geldes an finanzschwächere Kommunen abführen. Im Gegenzug richten sich einige der vorgeschlagenen Maßnahmen darauf, den finanzschwachen Kommunen bessere Anreize zu bieten, ihre eigene Finanzkraft durch verstärkte Ausschöpfung der eigenen Einnahmequellen auszubauen.

Wir GRÜNE sehen uns in der politischen Verantwortung, den Kommunalen Finanzausgleich aus dem Zustand historisch gewachsener Undurchschaubarkeit und Ungerechtigkeit in ein zukunftsfestes Ausgleichsystem überführen. Wir sind uns darüber bewusst, dass jeder Systemwechsel Gewinner und Verlierer hervorbringt. Deshalb sehen wir Übergangsregelungen vor. Wir sind sicher, dass die kommunale Selbstverwaltung durch diese Reform des Kommunalen Finanzausgleichs profitieren wird.