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16.03.2012

Geschlechtergerechtigkeit!

Für die uns GRÜNE ist nach mehr als einem Jahrzehnt konservativer Regierungen die Notwendigkeit einer aktiven, auf Geschlechtergerechtigkeit ausgerichteten Politik unübersehbar. Das hessische Gleichberechtigungsgesetz ist in den vergangenen zehn Jahren zu einer wirkungslosen Sammlung von Allgemeinplätzen geworden. Die findet z. B. Ausdruck in der Stagnation des Frauenanteils auf den Führungsebenen im öffentlichen Dienst. So beträgt der Anteil an Abteilungsleiterinnen in den obersten Behörden der Landesregierung im Jahr 2011 lediglich 13,63 Prozent. Viele Instrumente der aktiven Frauenförderung und für den Abbau noch bestehender Diskriminierungen sind vorhanden, entwickelt und erprobt, sie müssen endlich konsequent umgesetzt werden.

Deswegen legen wir ein Konzept zur Geschlechtergerechtigkeit – also für Frauen und Männer –  vor. Darin setzen wir uns ein für mehr Frauen in Führungspositionen im öffentlichen Dienst, mehr Geschlechtergerechtigkeit in Kindergarten und Schulen, ein größeres Spektrum an Ausbildungsmöglichkeiten für Mädchen sowie das Recht von Frauen auf Beruf und das Recht von Männern auf Familie. Auch beim gleichen Lohn für gleiche Arbeit ist noch viel zu tun, da der Entgeltunterschied in Hessen bei 20,4 Prozent liegt. Wichtig ist uns auch die Sicherheit von Frauen in der Öffentlichkeit, aber auch im häuslichen Bereich zu verbessern. Frauenhäuser bleiben nach unseren Vorstellungen das Kernstück des Schutzes von Frauen und Kindern. Um die Herausforderungen im Gesundheitsbereich zu bestehen, müssen auch die „typischen Frauenberufe in der Pflege geschlechtergerecht gestaltet werden. Und nicht zuletzt wollen wir durch eine Wahlrechtsreform und paritätische Wahllisten ermöglichen, dass sich mehr Frauen politisch engagieren und damit auch mehr mitgestalten.

Obwohl sich die Lebensläufe von Frauen und Männern im 21. Jahrhundert immer stärker anzugleichen scheinen, sind Ungerechtigkeit und Ungleichheit zwischen Frauen und Männern nach wie vor Realität. Frauen verdienen bei gleichwertiger Arbeit durchschnittlich 23 Prozent weniger als Männer. 36 Prozent der Mädchen bestehen das Abitur, über die Hälfte der Studierenden ist weiblich, aber der Anteil der Professorinnen an den Hochschulen liegt nur bei 19 Prozent. Während Mütter, die Elterngeld zeitlich meist voll ausschöpfen, nimmt nur ein Drittel der Väter mehr als die zwei Mindest-Monate. 82 Prozent aller Teilzeitstellen sind von Frauen besetzt. Zwei Drittel aller unbezahlten Pflegepersonen in privaten Haushalten sind Frauen. Bei der Karriereplanung scheitern viele Frauen schon im mittleren Management. Wir wollen keine Lebensentwürfe vorschreiben, aber hoffen, dass bei Entscheidungen die Folgen für den weiteren Lebensweg die Folgen bedacht werden können.

1. „Richtige“ Entscheidungen zum „richtigen“ Zeitpunkt im gesamten Lebenslauf ermöglichen

In Kindergarten und Schulen muss für mehr Geschlechtergerechtigkeit gesorgt werden. Mehr Männer in Kindergarten und Grundschule dienen auch als gute Vorbilder. Ganztagsschulen und Schulsozialarbeit erweitern die Möglichkeiten der individuellen Unterstützung von Mädchen und Jungen.

Bei der Wahl der Ausbildung ist vor allem mehr Vielfalt bei der Berufswahl von Mädchen das Ziel. Die Ausbildungsprogramme des Landes sollen entsprechend angepasst werden.

Das Recht von Frauen auf Beruf und das Recht der Männer auf Familie wollen wir mit allen zur Verfügung stehenden Maßnahmen unterstützen. Ganz oben auf der Agenda stehen Beratungs- und Unterstützungsangebote von Familien beginnend mit der Schwangerschaft und der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung von 0 bis 10 Jahren. Notwendig sind eine neue Arbeits- und Führungskultur, die die Vielfalt von Beschäftigungs-, Fort- und Weiterbildungsangeboten, Teilzeitarbeit und Unterstützung bei der Pflege von Familienangehörigen für Frauen, vor allem aber gerade für Männer ermöglicht. Mit einem Landesprogramm „Frauen und Wirtschaft“ sollen Unternehmen vor Ort unterstützt werden.

Noch immer gibt es in Hessen keinen gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Ein Viertel der sozialversicherungspflichtigen Frauen arbeitet in geringfügig entlohnter Beschäftigung mit Gehältern, die keine eigenständige Existenz- und vor allem keine Alterssicherung ermöglichen. Hier besteht enormer Handlungsbedarf, u. a. durch einen gesetzlichen Mindestlohn.

Um das Ziel, von mehr Frauen in Führungspositionen zu erreichen, muss es eine frühzeitige Förderung, eine paritätische Besetzung von Führungsebenen und Gremien, die bessere Vereinbarkeit von Studium, Forschung und Lehre mit der Familie geben. Der öffentliche Dienst soll zum Vorbild gemacht werden durch mehr Verbindlichkeit im hessischen Gleichberechtigungsgesetz.

2. Gesundheitsförderung und -versorgung geschlechtergerecht gestalten

Um den großen Herausforderungen des demographischen Wandels im Gesundheitswesen zu begegnen, bedarf es besonders im ländlichen Raum neuer Versorgungsstrukturen. Die Pflege müsse durch eine Ausbildungsreform aufgewertet werden. Gesundheitsförderung und Prävention soll ebenso wie die Gesundheitsberichterstattung stärker geschlechtsspezifisch ausgerichtet werden.

3. Schutz und Sicherheit im öffentlichen und häuslichen Bereich verbessern

Eine die Sicherheitsbedürfnisse berücksichtigende Stadtentwicklung und -planung schafft mehr Freiräume und erleichtert Teilhabe für Frauen und Männer. Da die meisten Opfer von Gewaltkriminalität Männer sind, müssen Opferprogramme deren spezifische Probleme besser angehen. Frauen hingegen sind immer noch hauptsächlich von häuslicher Gewalt betroffen. Ein flächendeckendes Angebot von Frauenhäusern bleibt das Kernstück des Schutzes von Frauen und Kindern. Besondere Bedeutung kommt der präventiven Täterarbeit zu.

4. Mehr Frauen in die Politik

Hessen steht beim Frauenanteil im Landesparlament an vorletzter Stelle unter den Bundesländern. Eine Wahlrechtsreform soll paritätische Wahllisten und damit mehr Frauen in politischen Ämtern und Funktionen ermöglichen. Ein Landesprogramm soll die bessere Vereinbarkeit von Familie und Kommunalpolitik ermöglichen und damit mehr Eltern an der Gestaltung der Kommune beteiligen.

5. Global denken

Da sich in Hessen bereits viele Organisationen und Institute mit dem Einsatz von Frauen bei Menschenreche, demokratieaufbau und  Krisenprävention befassen, soll mit ihnen gemeinsam ein Wissenschaftszentrum aufgebaut werden. Dieses Zentrum soll die Kompetenzen und die Repräsentanz von Frauen auf der internationalen Ebene stärken und gleichzeitig die wichtige Rolle der Frauen bei der Integration auch in Hessen unterstützen.