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20.03.2012

Alles was Recht ist - ein Konzept für Hessen

Die Modernisierung der Verfassung, eine stärkere Betonung der Gewaltenteilung, eine größere Unabhängigkeit des Staatsgerichtshofs sowie bei der Berufung und Beförderung von Richterinnen und Richtern als auch ein Qualitätsmanagement in der Justiz stehen im Mittelpunkt des von der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erarbeiteten Konzepts “Alles was Recht ist – Konzept für Hessen”. Zwar werden die meisten rechtspolitischen Entscheidungen in Berlin getroffen, aber auf Landesebene gibt es durchaus Gestaltungsmöglichkeiten. Diese sollten wir zu einer Stärkung des Rechtsstaates, einer deutlicheren Gewaltenteilung und einer besseren Qualität nutzen. Unsere Vorschläge sollen die Debatte darüber intensivieren.

Grundlage unserer Rechtspolitik ist die universelle Geltung der Grundrechte. Freiheit ist für uns auch die Freiheit benachteiligter Gruppen und nicht nur Gewerbe- und Ellbogenfreiheit. Gerechtigkeit bedeutet für uns Generationengerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit, Teilhabegerechtigkeit, soziale Gerechtigkeit, internationale Gerechtigkeit und Umweltgerechtigkeit.

Modernisierung der Verfassung

Wir halten an dem Ziel fest, die hessische Verfassung zu modernisieren, da sie in die Mitte der Gesellschaft und nicht ins Museum gehört. Eine Reihe von Vorschriften wie die Todesstrafe, die Sofortsozialisierung von Kohle und Stahl oder die Bodenreform sollen gestrichen werden. Dafür sollen neue Regelungen wie die Gleichstellung von Frauen und Männern, ein Recht der Kinder auf Förderung ihrer Entwicklung, Benachteiligungsverbote für diskriminierte Minderheiten oder ein Staatsziel „Förderung von Kunst und Kultur“ aufgenommen werden. Um eine wirksame Bürgerbeteiligung zu ermöglichen, soll der Antrag auf ein Volksbegehren in Zukunft von einem Prozent der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern gestellt werden können. Ein Volksentscheid soll zustande kommen, wenn der Antrag von mindestens zehn Prozent der Wahlberechtigten statt wie bisher zwanzig Prozent, unterstützt wird. Die Zeit für die Sammlung von Unterschriften soll deutlich verlängert werden.

Stärkere Gewaltenteilung – größere Unabhängigkeit der Justiz

Die Mitglieder des Staatsgerichtshofs sollen künftig – wie andere Richterinnen und Richter auch – von einem Justizausschuss und nicht mehr vom Landtag gewählt werden. Dieser Ausschuss unter Vorsitz des Justizministers soll aus sieben Vertreterinnen und Vertretern des Landesparlaments und acht von der Richterschaft gewählten Mitgliedern bestehen. Er soll künftig an Stelle des bisherigen Richterwahlausschusses für die Berufung in den Richterdienst und als Neuerung auch für die Besetzung von Beförderungsämtern einschließlich der Gerichtspräsidentinnen und –präsidenten zuständig sein. Bisher ist praktisch allein das Justizministerium für die Besetzung von Richterstellen und Beförderungen zuständig. Unser Vorschlag würde die Gewaltenteilung stärken und deutliche Verbesserungen für eine wirkliche Unabhängigkeit der Justiz bringen.

Qualität der Rechtsprechung und Effizienz der Arbeit steigern

Nach unserer Auffassung gibt es auch innerhalb einer unabhängigen Justiz Möglichkeiten, die Qualität der Rechtsprechung und die Effizienz der Arbeit zu steigern. Vom Grundsatz ausgehend, dass eine angemessene Personalausstattung sichergestellt sein muss, schlagen wir die Einrichtung eines Qualitätsmanagements in der Justiz vor. Hierzu zählen die datenmäßige Erfassung der richterlichen und staatsanwaltlichen Tätigkeit zum Zweck der Eigenkontrolle und des internen Vergleichs unter Beteiligung der Richter und Staatsanwälte, die Einrichtung von Qualitätszirkeln und die ständige Kontrolle und Bewertung interner Arbeitsabläufe mit dem Ziel der Effektivierung. Wegen der richterlichen Unabhängigkeit kommt eine Kontrolle von außen nicht in Betracht, ein interner Austausch kann aber hilfreich sein.

Zur Effizienzsteigerung könnte aus unserer Sicht eine deutliche Reduzierung der Datensammelwut im Zuge der SAP-Erfassung beitragen. Hier werden Daten gesammelt, die nur in Datenfriedhöfen landen ohne jemals Steuerungsfunktion zu entwickeln. Außerdem schlagen wir eine Aufgabenkonzentration vor. So könnten die bisher auf 18 Amtsgerichte verteilten Aufgaben des Handels- und Genossenschaftsregisters auf vier bis sechs Gerichte verteilt werden. Effizienzgewinne könnten hier vor allem bei Rechtspflegern erreicht werden. Der Einsatz der elektronischen Fußfessel für einen überwachten Hausarrest als Alternative zur Ersatzfreiheitsstrafe bei nicht bezahlter Geldstrafe sei deutlich preiswerter und würde die Vollzugsanstalten von erheblichem Verwaltungsaufwand entlasten.