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11.10.2016
Portraitfoto von Martina Feldmayer

Martina Feldmayer: Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zu dem Vertrag zwischen dem Land Hessen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen – Körperschaft des öffentlichen Rechts – zur dritten Änderung des Vertrages zwischen dem Land Hessen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen – Körperschaft des öffentlichen Rechts

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der 1986 erstmals geschlossene Vertrag zwischen dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen und dem Land Hessen war von dem Gedanken einer besonderen Verantwortung aus der Geschichte unseres Landes heraus geprägt. Jüdische Gemeinden und jüdisches Leben wurden im Nazi-Deutschland zerstört. Sie wurden fast vernichtet.

Besonders deutlich wird die nationalsozialistische Perfidie in den Pogromnächten. Da wurden Synagogen niedergebrannt. Menschen wurden ermordet. Später wurden dann auf den Ruinen dieser Synagogen Luftschutzbunker für die nicht jüdische Bevölkerung errichtet. So ein Luftschutzbunker anstelle einer Synagoge sehen wir z. B. immer noch in Frankfurt an der Friedberger Anlage. Dort steht der Luftschutzbunker als Mahnmal, aber auch als brutales Mal der Zerstörung.

Auch in Frankfurt-Höchst gab es eine Synagoge. Auch darauf wurde ein Luftschutzbunker gebaut, um jüdisches Leben einfach ein für alle Mal zu vernichten.

Ich glaube, an diese Tatsache muss man erinnern, auch wenn ich finde, dass wir bei dem Thema Staatsvertrag zwischen dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden und dem Land Hessen nicht nur in die Vergangenheit blicken sollten. Vor allem sollte das auch zukunftsweisend sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Hessen war eines der ersten Bundesländer, das einen Staatsvertrag mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden unterzeichnet hat. Der damalige Ministerpräsident Börner und der damalige Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden, Max Willner, haben diesen Vertrag 1986 unterzeichnet.

Inzwischen – aber wesentlich später – haben die anderen Bundesländer nachgezogen. Sie haben vergleichbare Staatsverträge abgeschlossen, die meisten aber erst nach der Jahrtausendwende, einige erst in den vergangenen Jahren.

Das zeigt, dass Hessen schon früh die Notwendigkeit erkannt hat, die Besonderheit des Verhältnisses zu den jüdischen Gemeinden und ihren Institutionen zu berücksichtigen und in Gesetzesform zu gießen. Man hat also damals per Gesetz dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden die bereits schon laufende Unterstützung zugesichert, sodass dies dann nicht zum Spielball in Haushaltsdebatten werden konnte. Man hat ihm also eine finanzielle Perspektive fest zugesichert. Es ist gut so, dass dies sogar auf Dauer zugesichert wurde.

Damit hat man den Landesverband der Jüdischen Gemeinden den christlichen Kirchen mehr oder weniger gleichgestellt. Ich glaube, das war ein sehr bedeutender und für das Verhältnis des Landes zu den jüdischen Gemeinden wichtiger Schritt, für den wir sehr dankbar sein können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Die mit dem Staatsvertrag verbundene Förderung ist vielfältig. Sie unterstützt das kulturelle jüdische Leben, soziale Einrichtungen von der Kita bis zum Altenzentrum, und nicht zuletzt die Erinnerungskultur. Es ist gut, dass diese Arbeit mit der Verlängerung des Vertrags für weitere fünf Jahre gesichert wird. Das ist gut. Das ist eine Bereicherung, sodass jüdisches Leben in Hessen wieder fest verankert ist. Auch das wird mit der Verlängerung des Staatsvertrags bekräftigt.

Der Ministerpräsident hat vorhin bereits darauf hingewiesen, dass jüdische Kultur in Hessen hessische Kultur ist. Genau deshalb freue ich mich darüber, dass dieser Gesetzentwurf heute eine breite Zustimmung erfährt. Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU, bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Wir freuen uns natürlich auch über die zusätzliche Förderung für den Landesverband und die jüdische Gemeinde in Frankfurt, die neben den jährlichen 4 Millionen € gewährt werden wird. Die Isaak-Emil-Lichtigfeld-Schule in Frankfurt ist die einzige jüdische Schule in Hessen. Deswegen halte ich es für angemessen und richtig, dass wir den Ausbau dieser Schule, konkret die Erweiterung um eine Oberstufe, damit gesondert fördern. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie werden verstehen, dass ich mich als Frankfurterin darüber besonders freue.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken:

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

Meine Damen und Herren, die Grundlage des Staatsvertrags zwischen dem Land Hessen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen half dabei, den Menschen, die reemigriert waren, wieder dauerhaft jüdisches Leben in Hessen zu begründen, wofür wir sehr dankbar sind. Ich möchte noch kurz erwähnen, was für eine unglaublich große Integrationsleistung erbracht worden ist vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen mit der Integration der osteuropäischen Zuwanderer. Das ist gut und geräuschlos gelaufen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das ist ein wunderbares Indiz dafür, dass dieser Staatsvertrag notwendig und richtig ist.

Meine Damen und Herren, wir werden nicht vergessen, dass mit diesem Vertrag auch eine Verantwortung einhergeht, eine Verantwortung für die Zukunft. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

 

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