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22.06.2016
Portraitfoto von Daniel May vor grauem Hintergrund.

Daniel May: Gesetz zur Verminderung des Unterrichtsausfalls durch Lehrerfortbildung und zur Verbesserung der Lehrerfortbildung in der unterrichtsfreien Zeit

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Fort- und Weiterbildungen sind ein wichtiges Instrument zur Förderung von Lehrerinnen und Lehrern zur Förderung der Unterrichtsqualität. Wenn man sich die großen Metaanalysen anschaut, stellt man fest, dass mittlere bist starke Effekte der Lehrerfort- und -weiterbildung auf die Unterrichtsqualität erzielt werden. Es ist daher meine Überzeugung, dass wir uns dem Thema im Lauf der Wahlperiode gerade wegen dieser großen Effektstärke noch einmal grundständig widmen sollten.
Die FDP hat sich hingegen einen – ich sage einmal – etwas singulären Aspekt des Fortbildungswesens zur Brust genommen, nämlich den zeitlichen Standort. Ob das der Wichtigkeit des Themas der Fortbildung gerecht wird, sei einmal dahingestellt. Aber ich will hier gleich klar machen, dass natürlich für alle hier im Raum klar sein muss, der Unterrichtsausfall durch Fortbildungsveranstaltungen muss so gering wie möglich gehalten werden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Sicherlich muss man schauen, wie man es noch weiter optimieren kann, dass Fortbildung gut in den schulischen Kontext eingepasst wird. Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf der FDP stützt sich in der Problembeschreibung allerdings auf eine Hochrechnung, die man so, glaube ich, nicht machen kann. Ich meine, dass die eben dargestellte Berechnung des Kollegen Greilich eher gezeigt hat, ihm selbst ist bewusst geworden, dass man das so einfach nicht machen kann und dass er dort versucht hat, die Öffentlichkeit an der Nase herumzuführen.
Denn wenn wir uns die Antwort auf ihre Kleine Anfrage anschauen, stellen wir fest, es gibt dort die Definition, dass eine Fortbildung dann außerhalb der Unterrichtszeit stattfindet, wenn sie nach 14 Uhr stattfindet. Dann aber davon auszugehen, dass das bei allen Fortbildungsveranstaltungen, die vor 14 Uhr beginnen und auch nach dieser Definition teilweise in der Unterrichtszeit lägen, gleichzeitig bedeutet würde, dadurch würden immer ganze Unterrichtstage zerschossen, kann niemand erwarten. Das kauft Ihnen auch niemand ab. Von daher zeigt sich an dieser Stelle schon, dass Ihre Berechnung hier fehlerhaft ist.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Von daher ist die von Ihnen postulierte Zahl von 350.000 Unterrichtsstunden als wesentlich zu hoch gegriffen zu werten. Das Einzige, was man zu Ihren Gunsten noch einwenden kann, ist, dass es keine bessere Statistik gibt. Das will ich gerne einräumen. Trotzdem rechtfertigt das nicht, dass Sie so ein Problem erzeugen, das in dieser Art und Weise wahrscheinlich gar nicht existiert.
Es ist vor allen Dingen abzulehnen, weil Sie mit dieser Zahl natürlich etwas suggerieren wollen. Das war auch sehr deutlich bei Ihrem Redebeitrag, in dem Sie sagen, eigentlich sei das für Lehrerinnen und Lehrer gedacht. Das zeigt schon, Sie fühlen sich ein bisschen dabei ertappt, dass Sie den Eindruck erreichen wollen, dass Lehrerinnen und Lehrer massenhaft Unterrichtsausfall produzieren würden, um sich fortzubilden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Armin Schwarz (CDU))
Ich weiß, dass das für Eltern zunächst einmal unverständlich wirkt, wenn Unterricht aufgrund von Fortbildung ausfällt. Ich verstehe den Ärger im Einzelnen, wenn es nicht zu Vertretungen kommen kann, was eigentlich gewährleistet sein sollte. Aber dann ist es doch unsere Aufgabe als Politiker aufzuklären, warum Fortbildung im Einzelfall auch während des Unterrichts stattfinden muss, anstatt hier Klischees zu bedienen.
Noch ein Letztes. Ihr Gesetzentwurf ist auch inkonsequent. Sie müssen sich schon die Frage gefallen lassen, was Sie eigentlich damit bewirken wollen. Wenn Sie sich hier wiederholt darüber echauffieren, dass 350 Stunden ausfallen würden, frage ich Sie: Was wollen Sie denn neu regeln? Da haben Sie in Ihrer Rede – etwas blumig – gesagt, es wäre die Verstärkung des Gesetzesbefehls. Jetzt haben Sie uns mehrfach erklärt, „sollen“ heiße „müssen“.
Trotzdem wollen Sie es nicht so neuregeln, dass in Zukunft eine Fortbildungsveranstaltung während der Unterrichtszeit verboten wäre. Diesen Schritt gehen Sie gar nicht; eigentlich räumen Sie ein, dass „sollen“ in diesem Fall heißt, wer soll kann auch anders. Sie gehen – wie ich finde, richtigerweise – eben nicht den Schritt zu sagen, dass in der Unterrichtszeit keine Fortbildungsveranstaltungen stattfinden dürfen. Ich glaube, wir sollten uns in dieser Debatte etwas freischwimmen. Die Vorstellung, dass nach 14 Uhr unterrichtsfrei wäre, ist überkommen.
In Zeiten der Entwicklung von Ganztagsschulen gibt es die unterrichtsfreie Zeit am Nachmittag ohnehin nicht. Daher wird man den Nachmittag nach gängiger Definition nicht per se als unterrichtsfreie Zeit benennen können. Von daher wird es sehr spannend sein, wo denn Fortbildungen in Zukunft zeitlich eingepasst werden können und sollten. Dabei sollten auch pädagogische, auf die Wirkung von Fortbildung abzielende Überlegungen nicht außen vorgelassen werden, dass nämlich Fortbildung sinnvollerweise mit Unterricht verknüpft werden sollte. Theorie und Praxis, also Unterricht und Fortbildung, miteinander zu verknüpfen und einmal eine Stunde lang gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen – auch lange nach dem Referendariat – zu überlegen und zu analysieren, wie man etwas besser machen und das Gelernte anwenden kann, geht doch nur in der Unterrichtszeit. Von daher ist das, was Sie hier vorgeschlagen haben, auch konzeptionell sehr ungeeignet.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Ihr Gesetzentwurf basiert offensichtlich auf falschen Berechnungen, welche die Fortbildungspraxis der Lehrerinnen und Lehrer skandalisieren sollen. Sie geht an der Lebenswelt der Schulen vorbei. Sie ignoriert die Erkenntnisse der Bildungsforschung, und sie atmet ein gewisses Misstrauen gegenüber Lehrerinnen und Lehrern. Wir haben Vertrauen in die Lehrerinnen und Lehrer; wir vertrauen darauf, dass sie sehr verantwortungsvoll mit ihren Fortbildungstätigkeiten umgehen. Dieser Gesetzentwurf ändert zudem überhaupt nichts. Es ist also alles in allem eine Verschwendung von Zeit und Energie. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege May.

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