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23.06.2016
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Aktuelle Stunde: Marcus Bocklet – Aus für Krankenhaus Lindenfels

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rentsch, ich muss Ihnen tatsächlich in vielen Punkten Recht geben.
(Zurufe von der FDP – Zurufe der Abg. Marjana Schott und Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))
– In der Tat. – Frau Kollegin Schott, es bedarf in der Gesundheitspolitik ein bisschen mehr kühlen Kopfes. Ich möchte zunächst etwas sehr Menschliches sagen, bevor ich zu dem politischen Teil komme. Ich finde, immer wenn Einrichtungen geschlossen werden müssen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder auch Ärzte ihren Job verlieren, ist das etwas Tragisches, etwas sehr Unangenehmes. Ich glaube, in diesem Hause ist niemand, der das nicht als tragisch und zutiefst unangenehm empfindet. Unsere Gedanken gelten natürlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich jetzt Sorgen um ihre Zukunft machen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und des Abg. Florian Rentsch (FDP))
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei und von der SPD, Sie wissen alle, wie die Krankenhausplanung, die Bedarfsplanung und die Versorgungsplanung funktionieren. Ich hoffe zutiefst, dass Sie das wissen.
(Zuruf des Abg. René Rock (FDP) – Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))
Wenn Sie sich den Raum des Odenwalds und der Bergstraße anschauen und Sie um die Krankenhausstruktur wissen sowie darum, wie dort geschaut wird, ob die Notfallversorgung gewährleistet ist, ob die Versorgung mit Ärzten gewährleistet ist und mit Angeboten, die man vorhalten muss und die notwendig sind, und wenn Sie die Ergebnisse kennen,
(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))
dann wissen Sie erstens, dass Lindenfels zum einen in mehrfachen Betrachtungen in der Tat kein zwingend notwendiger Standort ist. Wenn Sie das zweitens mit dem addieren, was Kollege Rentsch genannt hat, nämlich mit einer Auslastungsquote von 39 Prozent und drittens damit, dass es über Jahre durch mehrere Trägerschaften ein hochdefizitäres Krankenhaus war, wenn Sie also all diese drei Punkte sehen – Versorgungsnotwendigkeit, die defizitäre Lage und die schlechte Auslastung –, und dann immer noch sagen, wie es der Titel Ihres Antrags suggeriert, Herr Grüttner sei schuld und Herr Grüttner gefährde die Gesundheitsversorgung vor Ort, dann ist das bar jeden Sinns und wirklich zutiefst unseriös, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Wir haben kein staatliches Gesundheitssystem, das einmal eben aus der Hüfte geschossen sagt: Wir wollen dieses oder jenes Krankenhaus mit mehreren Millionen Euro vom Land subventionieren und erhalten den Betrieb aufrecht. Egal, wie stark es genutzt wird und egal, wie stark es benötigt wird, wir pumpen da ein paar Millionen hinein und dann tut es uns allen vor Ort gut.
Frau Hofmann, Sie haben gesagt, Sie wollen das mit Biegen und Brechen erhalten. Aber wenn Sie all die Daten und Fakten zur Kenntnis nehmen, ist dieses Krankenhaus – so bitter es ist – nicht zukunftsfähig. Da muss ich Ihnen noch etwas sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei dann greift etwas, was wirklich gefährlich ist. Wenn wir gegenüber den Menschen mit solchen populistischen Anträgen die Schuld suchend auf das Land deuten
(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Doch, Kollegin Wissler. Ich finde das gefährlich. Ich erkläre Ihnen auch warum. Wenn irgendetwas vor Ort schief läuft, es nicht betriebswirtschaftlich geführt werden konnte und dann pleitegeht und man dann immer sagt, der andere ist schuld, der andere soll es retten und man den Eindruck suggerieren will, dass es eine böse politische Absicht war,
(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))
dann muss ich sagen, dass ich das zutiefst gefährlich finde, weil es das Politikvertrauen insgesamt komplett untergräbt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist Unfug. So ist es nicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU –Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Das macht mich auch sauer. Man kann sich nicht immer nur auf jede noch so populistisch dahergekommene Protestbewegung draufsetzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Aufgabe ist es – –
(Unruhe bei der SPD und der LINKEN – Glockenzeichen des Präsidenten)
Frau Wissler, kann ich jetzt einmal einen Satz zu Ende bringen?

Vizepräsident Frank Lortz:

Marcus, mach einmal einen Moment langsam, bis wieder Ruhe ist. Meine Damen und Herren, Kollege Bocklet hat das Wort. Ich bitte darum, dass wir uns wieder beruhigen –
(Zurufe von der SPD und der LINKEN)
alle miteinander, von links nach rechts, insgesamt. Jetzt geht es weiter. Marcus Bocklet, bitte.

Marcus Bocklet:

Herr Kollege Schmitt, jede Protestaktion hat ihre Legitimation. Jeder hat das Recht, eine Protestaktion zu veranstalten – selbstverständlich. Die Bürgerinnen und Bürger des Odenwaldkreises und des Kreises Bergstraße können sich dafür selbstverständlich engagieren. Das hat mein volles Verständnis. Ich habe es projiziert auf die Linkspartei: Es geht nicht immer darum, sich obendrauf zu setzen und zu sagen, es ist so wie vor Ort. – Es gibt diese Notwendigkeit nicht mehr. Das war auch zu Recht so.
(Unruhe bei der SPD und der LINKEN – Glockenzeichen des Präsidenten)
Dieses Krankenhaus ist defizitär. Dann zu sagen, die Schuld liegt beim Land, es hat sich nicht engagiert, finde ich zutiefst unseriös. So kann man keine Gesundheitspolitik machen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
– Nein, weil der Protest so hoch rauschte. – Natürlich will ich die Bürger nicht beschimpfen, wenn sie protestieren. Das ist nicht der Punkt. Aber was ich zutiefst ärgerlich finde, ist, dass Sie es befördern. Es schafft eine Politikverdrossenheit, wenn Sie suggerieren, das Land muss nur genug Millionen in das Fass schütten, und dann läuft der Laden weiter. – So kann es nicht funktionieren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))
Wir haben auch manchmal die Aufgabe, Unangenehmes zu erklären. Das ist nicht immer schön. Wir haben zu erklären, dass das Haus betriebswirtschaftlich nicht zu führen ist, dass die Notfallversorgung und die medizinische Versorgung gesichert sind. Dass das nicht schön ist, müssen wir manchmal erklären, und wir tun es auch.
(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) – Weitere Zurufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)
Ich finde es schlimm, dass Sie sich da draufsetzen und jedes Mal versuchen, einen populistischen Erfolg zu erzielen. So können wir keine zukünftige Gesundheitspolitik in diesem Land gestalten, und es ist tatsächlich auch gefährlich, wie Sie es tun.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Bocklet.

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