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17.08.2012

Zukunft der Mobilität – Energiewende nur mit Verkehrswende

Vorschaubild: Zukunft der Mobilität - Energiewende nur mit VerkehrswendeUnser GRÜNES Verkehrskonzept zeigt auf, wie durch Vermeidung, Verbesserung und Verlagerung des Verkehrs der Klimaschutz vorangetrieben und das Mobilitätsbedürfnis der Menschen gewährleistet werden kann. Im Vergleich zum Jahr 1990 könnte so bis zum Jahr 2020 30 Prozent des Kohlendioxid-Ausstoßes (CO2) eingespart werden. Erreicht werden soll dies durch eine Verkehrswende, die sowohl den Personen- als auch den Güter- und Luftverkehr umfasst.

Während es bei der Energiewende nur noch um das Wie und nicht mehr um das Ob geht, ist die Notwendigkeit einer Verkehrswende insbesondere bei der hessischen Landesregierung noch nicht verstanden worden. Steigende Benzinpreise, aber auch die Verpflichtung Deutschlands auf das von den Vereinten Nationen vereinbarte Klimaschutzziel – die Begrenzung der globalen Erwärmung auf maximal zwei Grad Celsius – erfordern eine deutliche Veränderung in der Verkehrs-, Stadtentwicklungs- und Wirtschaftspolitik. Die Zeit dafür ist günstig, denn gerade beim Auto gibt es eindeutige Trends weg vom ‚Besitzen‘ hin zum ‚Benutzen‘.

Da die aktuelle Verkehrspolitik des Landes immer noch vorwiegend in den Kategorien des Straßen- und Flughafenbaus denkt, bedarf es eines beherzten Umsteuerns. Wichtig ist eine neue Verkehrspolitik, die nachhaltig ist und für den Menschen und nicht für das Auto gemacht ist. Busse und Bahnen soll verstärkt genutzt, Zufußgehen und Radfahren eine Renaissance erleben. So lässt sich eine bessere Mobilität durch hohe Qualität von Nahversorgung und große Verfügbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln sowie größerer Lebensqualität durch kurze Wege, weniger Lärm und bessere Luft schaffen.

Ausgangslage

Mit einem Anteil von rund 50 Prozent an den CO2-Emissionen, rund 26 Millionen Tonnen, liegt der Verkehrssektor in Hessen deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Im Wesentlichen liegt dies am Flughafen Frankfurt, den wichtigen Verkehrsverbindungen durch die zentrale Lage Hessens in Europa und dem Wirtschaftsstandort Frankfurt-Rhein-Main. Um die 30prozentige Reduzierung des Kohlendioxids zu erreichen, muss der Personenverkehr bis 2020 im Vergleich zu 2010 um 12 Prozent reduziert und das Güterverkehrswachstum deutlich auf 20 Prozent gedämpft werden. 25 Prozent der gesamten CO2-Einsparung wird durch Vermeidung erzielt, 14 Prozent durch Verlagerung und 61 Prozent durch Verbesserung des Verkehrs.

Städtischen Verkehr neu denken

61 Prozent der CO2-Emissionen im Verkehr entstehen im Personenverkehr, daher liegt hier das höchste Einsparpotenzial. „Die Stadt der kurzen Wege – eine stärkere Nutzungsmischung in den Quartieren – und ein konsequentes Flächenrecycling muss endlich Wirklichkeit werden. So kann in den Städten viel Verkehr vermieden werden. Darüber hinaus kann die inzwischen deutlich verbesserte Informations- und Kommunikationstechnologie weitere Wege ersetzen. Rund 45 Prozent aller Wege unter fünf Kilometern werden in Ballungsräumen mit dem Auto durchgeführt. Daher gibt es neben der Vermeidung ein erhebliches Potenzial für die Verlagerung von städtischem Verkehr auf das Fahrrad und die Füße. Diesem Ziel muss die Infrastruktur vor allem in den Innenstädten angepasst werden.

Vorrang für Busse und Bahnen

Busse und Bahnen müssen bei der Finanzierung, bei Planungs- und Verwaltungsvorschriften sowie bei aktivem Informieren und Werben Vorrang erhalten. Dazu gehört vor allem die Umsetzung des Infrastrukturmaßnahmenkonzeptes FrankfurtRheinMainPlus, was die nordmainische S-Bahn, die Regionaltangente West, die Ausbaustrecke Fulda-Frankfurt, die Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim sowie den viergleisigen Ausbau Frankfurt West-Bad-Vilbel-Friedberg beinhaltet. Die Finanzierung der Verkehrsverbünde muss an die reale Kostenentwicklung angepasst werden. Landesweite Job-Tickets sollen allen Beschäftigten angeboten werden. Dienstreisen von Landesbediensteten sollen in der Regel mit der Bahn durchgeführt werden. Auf dem Land müssen Möglichkeiten wie Anrufsammeltaxis, Ruf- und Bürgerbusse aber auch Modelle wie „Ärzte auf Rädern“ geprüft werden. Die Hauptverlagerung findet jedoch in den Ballungsräumen statt. So können aus GRÜNER Sicht die Anteile der Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis 2020 verdoppelt werden.

Aufeinander abgestimmte Verkehrsmittel, Elektromobilität und Carsharing

Die reibungslose Abstimmung des öffentlichen Nah-, Regional- und Fernverkehrs sind die entscheidende Voraussetzung für das Reisen der Zukunft. Weitere Verkehrsmittel wie Pedelecs oder Carsharing-Fahrzeuge müssen zukünftig das Angebot im öffentlichen Verkehr an Umsteigepunkten wie Bahnhöfen oder Haltestellen ergänzen. Dazu gehören auch Park&Ride- und Bike&Ride-Plätze oder die Verfügbarkeit von Anrufsammeltaxis, sowie die Mitnahmemöglichkeit von Fahrrädern im Nah- und Fernverkehr.

Die Förderung von Elektromobilität soll sich nicht nur auf den Austausch von Antrieben im Auto erstrecken, sondern durch die vermehrte Nutzung von Elektrofahrrädern und die Verknüpfung von Elektroautos mit dem öffentlichen Personennahverkehr ein anderes Verkehrsverhalten bewirken.

Carsharing soll ausgebaut werden, da es eine flexiblere Fahrzeugnutzung und eine höhere Auslastung ermöglicht. Im Moment steht ein Auto mehr als 23 Stunden am Tag.

Fahrzeugtechnik und Tempolimit

Auf Autobahnen soll ein allgemeines Tempolimit von 130 km/h gelten. Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes könnte dies sofort drei Prozent des auf Autobahnen emittierten CO2 einsparen.

Durch eine Verbesserung der Fahrzeugtechnik sowohl beim Auto als auch im öffentlichen Verkehr kann genauso Kohlendioxid eingespart werden wie durch eine stärkere Auslastung von Bussen und Bahnen. Mitfahrzentralen, Pendlerportale und ad-hoc Mitnahmemöglichkeiten sind weitere Möglichkeiten, Kohlendioxid von über 30 Prozent zu vermeiden.

Güterverkehr

Der Güterverkehr ist für 26 Prozent der CO2-Emissionen im Verkehr verantwortlich. Prognosen im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums gehen von einer Steigerung des Güterverkehrs bis 2020 um 40 Prozent aus. Durch die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen wird dieses Wachstum auf 20 Prozent gedämpft.

Um Güterverkehr zu vermeiden, müssen regionale Wirtschaftskreisläufe und neue Belieferungskonzepte gestärkt werden. Durch einen neuen kombinierten Verkehr und ein dichtes Netz von Umladestationen sollen zumindest auf dem überwiegenden Teil der Strecke die umweltverträglicheren Verkehrsmittel im Güterfernverkehr genutzt werden. Erhebliche Effizienzgewinne können auch durch eine verbesserte Fahrzeugtechnik erzielt werden. Im Güterverkehr können so die Emissionen trotz des Zuwachses auf das Niveau von 1990 gesenkt werden.

Luftverkehr

Das Flugzeug verursacht fast drei Mal so viel CO2-Emissionen wie Busse und Bahnen und ist mit 17 Prozent für den zweitgrößten Anteil an der Gesamtbelastung im Personenverkehr verantwortlich. Deshalb fordern wir GRÜNEN eine Verlagerung des größten Anteils des Kurzstreckenverkehrs auf die Bahn. Mit dem bestehenden Bahnangebot können bereits heute 16 Prozent aller Flüge ab Frankfurt durch Bahnfahrten mit weniger als vier Stunden Reisezeit ersetzt werden, bei sechs Stunden sind es sogar 30 Prozent der gesamten Flüge des Jahres 2011. Durch den Wegfall von Privilegien – keine Mineralölsteuer auf Kerosin oder keine Mehrwertsteuer auf Auslandsflüge – und der Abbau von Subventionen für Flughäfen kann die prognostizierte Steigerung des Mittel- und Langstreckenverkehrs weitgehend vermieden werden.