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11.03.2017
Landesarbeitsgemeinschaften, Landesmitgliederversammlung

Sechs Jahre nach der Katastrophe von Fukushima: Energiewende vorantreiben, Atomzeitalter vollständig beenden!

 

  1. Sechs Jahre nach dem Seebeben und der darauf folgenden Tsunami in Japan gedenken wir der Betroffenen. Die Katastrophe hat 18.500 Menschen ihr Leben gekostet und weite Teile der Landschaft verwüstet. Auch der folgende Super-GAU im Atomkraftwerk Fukushima ist noch lange nicht bewältigt. Rund 150.000 Menschen mussten als Folge der Katastrophe ihre Heimat verlassen; sieleben teilweise auch heute noch in Behelfsunterkünften. Weite Landstriche bleiben radioaktiv kontaminiert, radioaktiver Müll von abgetragener Erde sammelt sich in Bergen von Plastiksäcken. Ein anhaltendes Problem ist das System zur Reinigung des kontaminierten Kühlwassers, das bisher in Tanks auf dem Gelände gelagert wird, der Platz dort ist jedoch begrenzt. Nun plant die japanische Regierung, aufbereitetes – aber immer noch hoch belastetes – Wasser ins Meer abzuleiten. Auch sickert immer noch kontaminiertes Wasser in die Tiefe, wo es sich mit dem Grundwasser vermischt. Obwohl die Folgen der Katastrophe in der Region allgegenwärtig sind, hat die japanische Regierung die Reaktoren des Landes zum Teil wieder angefahren und wirbt für eine Fortsetzung des Atomzeitalters, als wäre nichts passiert.

 

  1. Leider hat es erst die Tragödie von Fukushima gebraucht, um die endgültige Wende in der Energiepolitik in Deutschland einzuleiten, für die wir GRÜNE so lange zusammen mit vielen Initiativen und Akteuren gekämpft haben. Deutschland wird bis 2022 aus der Atomkraft aussteigen. Dieser Schritt ist notwendig, aber nicht hinreichend. Er ist nur eine Zwischenetappe auf dem Weg zum Ende der Atomkraft und für einen grundlegenden Umbau der Energieversorgung. Die Mammutaufgabe der Endlagerung radioaktiver Abfälle wird uns noch über Jahrzehnte beschäftigen. Es gilt, den bestmöglichen Standort in Deutschland zu finden, der eine möglichst sichere Lagerung des Atommülls für einen möglichst langen Zeitraum gewährleistet – im Bewusstsein, dass dessen Risiken nach heutigem Wissensstand an keinem Ort der Welt für den Zeithorizont von einer Million Jahren absolut sicher in den Griff zu bekommen sind. In Hessen macht der Rückbau der abgeschalteten AKWs in Biblis unterdessen weitere Fortschritte: Der Reaktorblock A ist seit November 2016 kernbrennstofffrei.

 

  1. Wir GRÜNE haben jahrzehntelang gegen die Nutzung der Atomenergie gekämpft und den Atomkonzernen erfolgreich die Stirn geboten. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass wir nun die einzig vernünftige Stimme für eine sachgerechte Abwicklung der Folgen der Atomkraftnutzung in Deutschland sind. Statt in Fundamentalopposition zu gehen, arbeiten wir an den wichtigsten Weichenstellungen engagiert mit. Die Grüne Bundestagsfraktion hat beispielsweise das „Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung“ maßgeblich verbessert. Das Gesetz stellt sicher, dass die Atomkonzerne, die Jahrzehnte lang finanziell von der gefährlichen Atomkraft profitiert haben, nun für die Beseitigung des hochgefährlichen Atommülls auch wirklich zahlen müssen. Für Stilllegung und Rückbau werden die Unternehmen bis 2040 rund 60 Milliarden Euro aufwenden. Ihre Rückstellungen dafür werden sie künftig transparent mit liquiden Mitteln unterlegen müssen. Dies wird von Bundesregierung und Bundestag überprüft. Dazu kommt ein zusätzlicher Risikoaufschlag von 35 Prozent, um künftige Risiken abzudecken. Es wird so ein fast 24 Milliarden starker öffentlich-rechtlicher Fonds gebildet – und nicht eine private intransparente Stiftung, wie von den Konzernen zunächst gefordert.

 

  1. Mit dem Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland haben wir unser Ziel noch lange nicht erreicht. Fukushima zeigt: Das Risiko der Atomkraft ist nicht beherrschbar. Bereits der Blick auf unsere europäischen Nachbarn gibt Anlass zur Besorgnis. In Belgien bröckeln marode Atommeiler wie in Tihange vor sich hin und in Frankreich sorgt das AKW Fessenheim für Schlagzeilen. In der Schweiz und in Tschechien sollen grenznah überalterte Reaktoren immer weiter und weiter betrieben werden, obwohl für die Sicherheit keine Garantien gegeben werden können. Hier muss die Bundesregierung endlich handeln und mit den Regierungen von Frankreich und Belgien zu einer Vereinbarung kommen, die den gefährlichen Betrieb dieser Schrottmeiler umgehend beendet. Es ist zudem ein sich fortsetzender Skandal, dass die Europäische Union im Rahmen von Euratom nach wie vor Gelder für die Erforschung der Atomkraft bereit stellt. Wir kämpfen weiterhin für den Ausstieg aus der Atomenergie und den Klimaschutz in ganz Europa und weltweit. Wir sind uns unserer Vorbildfunktion bewusst. Andere Staaten werden Deutschlands Atomausstieg nur folgen, wenn die Energiewende hier nicht nur gelingt, sondern sie auch ökonomisch ein Erfolg ist. Die Energiewende braucht  einen langen Atem, ein grünes Konzept und unsere Beharrlichkeit. Überall wo Grüne mitregieren ist die Energiewende ein Kernthema, sowohl in den Kommunen vor Ort als auch in den grün-mitregierten Bundesländern.

5.Die Stilllegung der letzten deutschen Atomreaktoren bis 2022 muss mit einem konsequenten Ausbau der Erneuerbaren Energien und der deutlichen Steigerung der Energieeffizienz einhergehen. Der Atomausstieg darf nicht einhergehen mit einer Renaissance der Kohleenergie. Hier verfolgt die große Koalition auf Bundesebene einen Irrweg. In Hessen zeigen wir, wie die Energiewende funktionieren kann und haben seit unserer Regierungsbeteiligung zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht, um den Rückstand Hessens bei der Energiewende aufzuholen.

  • Unser ambitioniertes Ziel ist es, in dieser Legislaturperiode den Anteil der Erneuerbaren Energien in der Stromversorgung zu verdoppeln und bis 2050 in Hessen komplett auf saubere Energie umzusteigen. Hessen kann dabei große Erfolge beim Windkraftausbau vorweisen.So wurden unter Wirtschafts- und Energieminister Tarek Al-Wazir alleine im Jahr 2016 insgesamt 112 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von316,7 MW errichtet und weitere 181 Anlagen mit mehr als 500 MW Gesamtleistung genehmigt. Mit dem Solarkataster können alle Hessinnen und Hessen nun einfach selbst in Erfahrung bringen, ob sich eine Solaranlage auf ihrem Dach für sie rentieren würde.
  • Weil von einer GRÜNEN Energiewende alle Bürgerinnen und Bürger profitieren sollen, haben wir dafür gesorgt, dass die Gewinne zum Beispiel aus Pachteinnahmen bei Windkraftanlagen auf dem Gebiet von Hessen Forst den Kommunen zu Gute kommen. Außerdem erhält die Bürgerbeteiligung schon bei der Ausschreibung von Windkraftanlagen ein höheres Gewicht.
  • In der Energieagenda hat Hessen wichtige Eckpunkte für die deutliche Steigerung der Energieeffizienz und eine ganzheitliche Energiewende mit Plan markiert. Auch darüber hinaus haben wir im Bereich Energieeffizienz einiges bewegt, u.a. mit der hessischen KWK-Initiative oder der Contracting-Initiative, die Beratung und Förderung für energetische Sanierungen auf Quartiersebene anbietet. Trotzdem bleibt gerade hier noch viel zu tun. Unser Ziel ist es, den Energieverbrauch weiter deutlich zu senken.
  • Keine Energiewende ohne Klimaschutz: Auf Druck der Grünen hat Hessen sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 ein klimaneutrales Bundesland zu werden. Unter der Federführung von Umwelt- und Klimaschutzministerin Priska Hinz wurde dafür der „Integrierte Klimaschutzplan Hessen 2025“ mit konkreten Zwischenzielen und Maßnahmen in den Bereichen Energie, Wärme, Verkehr und Landwirtschaft erarbeitet. Bei der Erarbeitung wurden alle gesellschaftlichen Gruppen einbezogen. Die breit angelegte Bürgerbeteiligung garantiert zudem eine hohe Akzeptanz.
  • Keine Energiewende ohne Verkehrswende: Dafür unternimmt Hessen erhebliche Anstrengungen: So wurden den Verkehrsverbünden bis 2021 rund vier Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, das Land investiert rund vier Millionen Euro jährlich in neue Radwege entlang der Landesstraßen und fördert mit dem Programm „Mobiles Hessen 2020“ den Ausbau der Infrastruktur von Car-Sharing und Elektromobilität.Wichtige Rahmenbedingungen der Energiepolitik werden auf Bundesebene gemacht – sie ist daher weitgehend von großkoalitionärem Stillstand geprägt. Als Land Hessen machen wir uns jedoch im Bundesrat kontinuierlich für eine Verbesserung der EEG-Novellen stark. Wir haben uns erfolgreich gegen die Einbeziehung Hessens in die sogenannten ‚Netzausbaugebiete‘und damit eine Drosselung der Windenergie eingesetzt. Im Bereich Wärmewende kämpfen wir weiter für einen Steuerbonus für energetische Sanierungen.