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13.09.2014
Landesarbeitsgemeinschaften, Parteirat

Flüchtlinge schützen - Gemeinsame Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen notwendig

  1. Die hessischen Grünen sehen mit Schrecken und Sorge, dass die Zahl der Krisenherde, der kriegerischen Auseinandersetzungen und Menschenrechtsverletzungen in den letzten Jahren weiter zugenommen hat.
  2. So viele Menschen wie lange nicht mehr fliehen vor Krieg, Vertreibung oder Verletzung ihrer Menschenwürde. Es ist die humanitäre Pflicht insbesondere der wohlhabenden und nicht von Krieg bedrohten Ländern diesen Flüchtlingen Schutz und Asyl zu gewähren. Wir Grüne waren stets und bleiben Anwälte der Flüchtlinge, die unsere Hilfe brauchen.
  3. Niemand verlässt freiwillig seine Heimat. Für uns gilt der Grundsatz, in unserem Engagement für eine friedlichere Welt, dem Entschärfen von Konfliktherden, die weltweite Durchsetzung von Menschenrechten und eine gerechtere Verteilung des Wohlstands nicht nachzulassen.
  4. Im Vergleich zu der beeindruckenden Zahl an Flüchtlingen, die bspw. die Nachbarländer Syriens aufgenommen haben, sind die Flüchtlingszahlen in Deutschland vergleichsweise gering. Dennoch stellt der Anstieg der Flüchtlingszahlen in Hessen von 5000 im Jahr 2012 auf über 8600 im vergangenen Jahr Land und Kommunen vor eine große Herausforderung. Und der Trend hält weiter an. Allein in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres suchten über 7.100 Menschen Schutz in Hessen.
  5. Vor diesem Hintergrund bekräftigen die hessischen Grünen ihre Forderungen nach einer besseren Unterstützung durch den Bund bei der Betreuung und Unterbringung der Flüchtlinge. Dazu gehören für uns beispielsweise die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, Lockerungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt und zu verbesserten Sprach- und Integrationskursen. Diese Maßnahmen könnten auch wesentlich dazu beitragen, das beträchtliche finanzielle Engagement von Land und Kommunen in diesem Bereich zu unterstützen.
  6. Wir sind erleichtert und dankbar, dass es in der Gesellschaft eine völlig andere Grundhaltung gegenüber den steigenden Flüchtlingszahlen gibt, als dies in früheren Jahren der Fall war. Wir sprechen allen, die sich im Großen wie im Kleinen, haupt- oder ehrenamtlich für Flüchtlinge engagieren unseren Dank und unsere Anerkennung aus.
  7. Wir sehen alle Parteien in der Verantwortung für die zur Zeit zwischen Bundestag und Bundesrat anstehenden Beratungen über eine ganze Reihe von Gesetzen (u.a. Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten, Asylbewerberleistungsgesetz, Optionspflicht im Staatsbürgerschaftsrecht). Wir sehen bisher leider keinerlei Kompromissbereitschaft der Bundesregierung. Ein parteipolitisches Fingerhakeln wäre aber der Sacheunangemessen.
  8. Die Grünen haben sich bei der Grundgesetzänderung zum Thema Asyl Anfang der neunziger Jahre gegen das Konstrukt der sicheren Herkunftsstaaten gewandt. Die damalige schwarz-gelbe Koalition hat mit der Unterstützung der SPD die  Einzelfallprüfung jedes Asylantrags stark beschnitten.
  9. Wir sehen die derzeit verschwindend kleine Rate der Anerkennungen von Erst- und Folgeanträgen auf Asyl von Menschen aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina. So gab es im letzten Jahr bei 22.018 entschiedenen Anträgen 3 als asylberechtigte und 57 als Flüchtlinge anerkannte oder subsidiär geschützte Menschen.
  10. Ein großer Teil der Asylbewerber aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina wird den Roma zugerechnet. Auch deshalb haben Diskussionen über die sicheren Herkunftsstaaten häufig einen antiziganistischen Unterton. Schwierigkeiten, die bei der Aufnahme und humanen Unterbringung einer wachsenden Zahl von Flüchtlingen entstehen, werden so weiter verschärft, indem sie mit der vorhandenen Ablehnung bestimmter Gruppen vermischt werden. Hinzu kommt, dass auf Ausgrenzung zielende Strategien gegen Sinti und Roma, von denen sich manche politische Strömungen einen Gewinn versprechen, das gesellschaftliche Zusammenleben in Deutschland und letztlich der Europäischen Union gefährden. Deutschland ist dabei, wegen seines Gewichts in Europa, aber auch wegen seiner Vergangenheit, besonders gefragt. Wir setzen uns deshalb für eine deutsche Strategie gegen Antiziganismus ein. Konkrete Vorschläge liegen sowohl von den Grünen als auch von den Organisationen der Sinti und Roma und von der Antidikriminierungsstelle des Bundes vor.
  11. Für die Verhandlungen zwischen Bundestag und Bundesrat sprechen sich die hessischen GRÜNEN dafür aus:
  • Ein Maßnahmenpaket zu schnüren, das die Situation der Flüchtlinge in Deutschland verbessert.
  • Den Kern des Grundrechts auf Asyl, die Einzelfallprüfung jedes Asylantrags, auch für Flüchtlinge aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina  zu erhalten.
  • Eine bessere Unterstützung der Länder und Kommunen durch den Bund bei ihrem Engagement für Flüchtlinge gerade bei Lösungen für Unterkünfte und Daseinsvorsorge zu erreichen.
  • Die grünen Forderungen nach Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, Lockerungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt sowie zu verbesserten Sprach- und Integrationskursen für Flüchtlinge in die Verhandlungen einzubringen.
  • Der Situation der Roma in diesen Ländern besondere Beachtung zu schenken und deren Lebenssituation durch nationale und europäische Initiativen zu verbessern.
  • Die Maßnahmen zuletzt von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gemeinsam mit dem Verband der Deutschen Sinti und Roma vorgeschlagenen Maßnahmen gegen Antiziganismus zu verwirklichen. Dazu zählen insbesondere

–      die Einberufung eines Expertenkreises zum Antiziganismus beim Deutschen Bundestag,
–      die Erstellung eines jährlichen Antiziganismus-Berichtes,
–      die Förderung der Forschung zum Antiziganismus
–      der Aufbau einer  Bildungsakademie von Bund und Ländern

  • Weiterhin ein gemeinsames Vorgehen der Länder mit grüner Regierungsbeteiligung im Interesse der Flüchtlinge sicherzustellen.