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30.10.2010
Landesarbeitsgemeinschaften, Landesmitgliederversammlung

Hessen generationengerecht – Weg in die Verschuldung stoppen – Investitionen in die Zukunft ermöglichen

Wachsende Schuldenberge, ständig steigende Zinszahlungen und sinkende Einnahmen bedrohen die zukünftige politische Handlungsfähigkeit. Insbesondere die Kommunen leiden unter ständig wachsenden Aufgaben, für die sie keine Gegenfinanzierung von Bund oder Land bekommen. Gleichzeitig laufen wir immer tiefer in die soziale und ökologische Überschuldung. Die Versäumnisse im Umwelt- und Klimaschutz werden kommenden Generationen auf die Füße fallen. Wer heute nicht in Bildung und nachhaltige soziale Sicherung investiert, zahlt morgen doppelt.

Die von der Großen Koalition und dem Bundesrat beschlossene Schuldenbremse fordert von den Ländern, ihre Haushalte spätestens ab dem Jahr 2020 in wirtschaftlichen Normalzeiten ohne neue Kredite aufzustellen. Diese Schuldenbremse darf nicht zu Lasten der Kommunen und zu Lasten der notwendigen Investitionen in Bildung gehen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben damals eine alternative Schuldenbremse vorgeschlagen, die mit der Konjunktur atmet und mit ihrem Nettoninvestitionsbegriff in der Lage ist, zwischen guten und schlechten Schulden zu unterscheiden. Also etwa zwischen Investitionen in Bildung und ökologische Erneuerung, die Zukunftsrendite bringen, und der Abwrackprämie, die weder fiskalisch noch ökologisch nachhaltig ist. Diesem besseren Konzept ist die große Koalition damals nicht gefolgt. In der Föderalismusreform II wurde versäumt, die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden neu zu ordnen, die Einnahmen der Kommunen zu stärken und praktikable Lösungen für die Altschulden zu finden. Trotzdem bekennen wir GRÜNE uns sowohl im Bund als auch in Hessen grundsätzlich zum Ziel des ausgeglichenen Haushalts und zur Notwendigkeit die Verfassung einzuhalten und fordern die im Landtag vertretenen Parteien auf, die dazu erforderlichen Maßnahmen noch in diesem Jahr einzuleiten.

Aus grüner Sicht wird nur ein finanzpolitischer Mix aus Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Einnahmeerhöhungen ermöglichen, die öffentlichen Haushalte auf Dauer auszugleichen und Investitionen in Umwelt, Bildung und soziale Sicherung auf Dauer abzusichern. Diese finanzpolitischen „drei Es“ sind der Schlüssel zu generationengerechter Haushaltspolitik. Die Erkenntnis ist einfach aber wahr: Der Staat braucht zur Erfüllung der gesellschaftlich erforderlichen Aufgaben wie Bildung, Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, der Herstellung sozialer Gerechtigkeit oder der Aufrechterhaltung staatlicher Ordnung auch gesicherte Einnahmen. Die unsägliche Steuersenkungspolitik von Union und FDP auf Kosten der Schwächeren in der Gesellschaft lehnen wir ab. Die CDU ist aufgefordert, endlich ihre Verantwortung für Hessen und seine Bürgerinnen und Bürger höher als die Koalitionstreue zu stellen und Steuergeschenke für Lobbygruppen zu unterbinden.

Für einen ausgeglichenen Haushalt setzten wir auf Sparen mit Verstand. Unsinnige Prestigeprojekte wie das Millionengrab Kassel-Calden und unökologische Subventionen wie etwa für die Massentierhaltung wollen wir uns in Zukunft ersparen. Nach dem Willen der schwarz-gelben Landesregierung sollen die Menschen in Hessen zusammen mit der Kommunalwahl darüber abstimmen, ob die Schuldenbremse auch in die Verfassung des Landes Hessen aufgenommen wird. Praktische Auswirkungen hat das nicht, denn das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bindet auch die Bundesländer und gilt natürlich auch in Hessen. Mit der Kampagne für eine hessische Schuldenbremse will die Regierung Bouffier vor allem davon ablenken, dass unter CDU-Ministerpräsidenten seit 1999 die Verschuldung des Landes auf ein Rekordhoch von 40 Milliarden Euro in 2010 geklettert ist und das strukturelle Defizit im hessischen Landeshaushalt jährlich ca. 1,9 Milliarden Euro beträgt.

Trotzdem bietet die breite gesellschaftliche Debatte um die Schuldenbremse die Chance zu einer Verständigung darüber, in welchem Staat wir leben wollen, was wir uns sparen wollen und wo die Schwerpunkte für nötige Zukunftsinvestitionen liegen. Für uns Grüne ist das Gesetzgebungsverfahren auch Nagelprobe dafür, ob CDU und FDP bereit sind, sich ihrer landespolitischen Verantwortung zu stellen. Es reicht nach unserer Überzeugung nicht aus, das Land Hessen zu verpflichten, den Landeshaushalt mit zurückgehenden Einnahmen ausgeglichen aufzustellen, ohne auch die Einnahmeseite in den Blick zu nehmen. Ein Abdrücken von Finanzlasten auf die kommunale Ebene muss ausgeschlossen werden.

Wer die Schuldenbremse missbrauchen will, um den Staat durch Steuersenkungen handlungsunfähig zu machen, handelt nicht im Interesse der Generationengerechtigkeit. Wir werden einer Verfassungsänderung in Hessen zustimmen, wenn
• klar ist, dass der Staat nicht ausblutet. Die Sicherstellung staatlicher Aufgaben erfordert einen nachhaltigen Mix aus Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Einnahmeerhöhungen.
• dafür Sorge getragen wird, dass auch die Länder Verantwortung für solide Einnahmen übernehmen. Es kann deshalb nicht sein, dass die Landesregierung aus CDU und FDP im Bundesrat aus Koalitionsräson für Steuersenkungen stimmt, die dann auf Landesebene dafür sorgen, dass im Landeshaushalt noch weniger Geld vorhanden ist.
• klar ist, dass die Schuldenbremse nicht zur Schuldenfalle für die Kommunen werden darf. Daher muss die angestrebte Änderung der Verfassung des Landes Hessen einen Schutzwall für Kommunen enthalten.
• die Begriffe Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit nicht zu reinen Worthülsen werden. Der Verlagerung von Aufgaben und Ausgaben in Schattenhaushalte muss wirksam begegnet werden.
• die Landesregierung die Eckpunkte der Haushaltskonsolidierung offen legt und damit für die Bürgerinnen und Bürger vor der Volksabstimmung deutlich macht, in welchen Bereichen die Landesregierung Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Einnahmeerhöhungen plant.