Die GRÜNEN im Hessischen Landtag und die Verkehrsdezernenten von Frankfurt und Kassel haben am Freitag den Bund aufgefordert, seiner Pflicht zur Finanzierung des regionalen Schienenverkehrs nachzukommen. „Der Bundesrat behandelt heute einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, demzufolge die so genannten Regionalisierungsmittel in diesem Jahr nur einmalig um 1,5 Prozent steigen sollen – wenn es dabei bleibt, müssen womöglich Verbindungen im Schienenverkehr gestrichen werden.“
Die Bundesländer hatten im November 2014 bereits ein Gesetz dazu im Bundesrat beschlossen. Karin Müller, verkehrspolitische Sprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag, erläutert: „Damit haben die Länder eine jährliche Erhöhung der Mittel um zwei Prozent gefordert, weil die Personal- und Energiekosten steigen. Außerdem soll der Bund das Risiko von Steigerungen der Stations- und Trassenpreise tragen, die über zwei Prozent hinaus gehen.“
„Die Regionalisierung des Nahverkehrs auf der Schiene ist der erfolgreichste Teil der Bahnreform vor 20 Jahren, auch und gerade in Hessen. Das Verkehrsangebot konnte ausgeweitet, Qualität und Fahrgastzahlen konnten deutlich gesteigert werden. Diesen Erfolg darf die Bundesregierung nicht gefährden“, so Müller. Die Verantwortung für den regionalen Schienenpersonennahverkehr ging 1996 vom Bund auf die Länder über, der ihnen dafür einen Anteil aus dem Mineralölsteueraufkommen zahlt, eben die so genannten Regionalisierungsmittel. Seit 2002 sind jedoch beispielsweise die Trassenkosten pro Kilometer um 28,8 Prozent gestiegen, die Mittel des Bundes nur um rund acht Prozent.
„Wenn der Bund das nicht korrigiert, wird es im wahrsten Sinne des Wortes eng im Nahverkehr. Um die gestiegenen Kosten für Trassen und Stationen auszugleichen, müssen die Verkehrsverbünde beim Angebot kürzen“, erläutert Stefan Majer (GRÜNE), Verkehrsdezernent aus Frankfurt. Sein Kasseler Amtskollege Christof Nolda (Grüne) ergänzt: „Das wird die Ballungszentren und den ländlichen Raum gleichermaßen treffen. Wir werden Züge abbestellen und den Takt ausdünnen müssen. Für die Fahrgäste bedeutet das längere Wartezeiten und vollere Züge. Und wie der Bahnstreik im vergangenen Jahr gezeigt hat, wirkt sich ein schlechteres Angebot an S-Bahnen und Nahverkehrszügen auch auf den Straßenverkehr aus.“
„Die Pläne der Bundesregierung würden Hessen besonders hart treffen“, erläutert Müller. „Der Schienenverkehr im Rhein-Main-Gebiet ist angesichts des Bevölkerungswachstums jetzt schon an seiner Belastungsgrenze angelangt, wir brauchen mehr Züge in engerem Takt mit mehr Waggons. Die von GRÜNEN und CDU getragene Landesregierung treibt deshalb mit Projekten wie der Nordmainischen S-Bahn und der Regionaltangente-West die Verkehrswende voran. Wenn die Regionalisierungsmittel ausbleiben, werden wir aber keine Züge haben, die auf den neuen Gleisen fahren können.“
Christof Nolda ergänzt: „Vor allem bei Verkehrsprojekten brauchen wir Planungssicherheit. Verkehrsleistungen werden über Jahre ausgeschrieben. Ein einmaliger Inflationsausgleich nutzt nichts, wenn wir in den kommenden Jahren wieder vor einem Finanzierungsproblem stehen.“ Als „geradezu grotesk“ bezeichnet Stefan Majer die aktuelle Situation, „denn von den gestiegenen Trassen- und Stationspreisen profitiert vor allem der Bund, dem die Deutsche Bahn als Betreiber zu 100 Prozent gehört. Der Bund holt sich also einen Teil der Regionalisierungsmittel als Gewinnanteil wieder zurück.“
Müller erinnert den Bund daran, dass er nach dem Grundgesetz dazu verpflichtet ist, eine auskömmliche Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs sicherzustellen: „Wir hoffen, dass der Bund dieser Pflicht zum Wohle der Pendlerinnen und Pendler und für eine klimafreundliche Mobilität endlich nachkommt.“
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