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25.01.2013

30 Jahre GRÜNE Landtagsfraktion in Hessen

Vorschaubild "30 Jahre GRÜNE im Hessischen Landtag"„Trau keinem über 30“ war ein Motto der Zeit als Die Grünen nach der Landtagswahl am 26. September 1982 zum ersten Mal in den Hessischen Landtag einzogen. Damals hielten viele die neue Fraktion für eine vorübergehende Erscheinung. Neun Legislaturperioden später, nach Zeiten der Opposition, der „Tolerierung“, drei Regierungsbeteiligungen und zweimal „hessischen Verhältnissen“ sind DIE GRÜNEN mit der Rekordzahl von 17 Abgeordneten immer noch da und streben der zehnten Wahlperiode entgegen.

Was gab es nicht alles für Schlagzeilen, die sich auch in dieser Broschüre widerspiegeln: Vom Blutspritzen auf einen US-amerikanischen General über die Rotation von Abgeordneten und Mitarbeitern, dem ersten grünen Minister weltweit, den Koalitionsbruch 1987 und die erfolgreiche Regierungszeit zwischen 1991 und 1999, während der viele Ideen der Grünen umgesetzt werden konnten. Sie reichten vom Aus für die Hanauer Nuklearbetriebe über eine Sonderabfall- und Grundwasserabgabe bis hin zur Förderung von – wie es damals noch hieß – alternativenEnergien und Kindergartenplätzen, damit in Hessen die Garantie eines Kindergartenplatzes auch verwirklicht werden konnte. DIE GRÜNEN stellten die Umweltund Familienministerin sowie den Justizminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten. Aber auch Misserfolge und schwere Zeiten folgten: So gab es in Hessen auch die bundesweit ersten Rücktritte von Ministerinnen der GRÜNEN und schließlich das Sich-Wiederfinden in einer langjährigen Opposition seit dem Jahr 1999.

Aber auch in der Opposition gab es genug zu tun, denn die vordringlichste Aufgabe der Opposition, nämlich die Regierung zu kontrollieren, brachte viel Arbeit mit sich. Bald nach Regierungsübernahme durch CDU und FDP entwickelte sich die ganz spezielle hessische Variante des CDU-Schwarzgeldskandals mit in Steuerparadiese wie Liechtenstein verschobenen CDU-Gelder, die perfiderweise als „jüdische Vermächtnisse“ getarnt nach Hessen zurückgeschleust wurden.

Neben den harten Auseinandersetzungen, für die der Hessische Landtag leider nicht nur bekannt, sondern auch berüchtigt ist, lag es der Landtagsfraktion aber auch immer am Herzen, funktionierende Konzepte für reale Veränderungen zu entwickeln. Von den ersten Gedanken Mitte der Achtziger, dass zum Verändern auch das Regieren nötig ist bis zur Konzeptarbeit der jetzigen Landtagsfraktion gibt es eine hessisch-grüne Traditionslinie, auf die wir stolz sind. Dazu gehört, dass wir immer darauf achten, dass unsere Vorschläge zu finanzieren sind. Auch das hat etwas mit dem inzwischen viel gerühmten Begriff der „Nachhaltigkeit“ zu tun. Am Ende, das mag in Zeiten der aufgeregten elektronischen Mediendemokratie altmodisch erscheinen, entscheidet der politische Inhalt über die konkrete Politik. Aus unserer Sicht ist es eben nicht beliebig, sondern konsequent, dass die grüne Landtagsfraktion während der „hessischen Verhältnisse“ des Jahres 2008 sich konsequent auf ihre politischen Ziele konzentriert hat. Die Abschaffung der Studiengebühren mit der Mehrheit von Grünen, SPD und Linken und ein modernes Sparkassengesetz mit den Stimmen von CDU, FDP und GRÜNEN mögen Beispiele für diese Haltung sein. Doch letztendlich, und da waren wir wieder am Anfang unserer 30-jährigen Geschichte angelangt, gehört zum dauerhaften Verändern der Verhältnisse die Übernahme von Regierungsverantwortung und Regierungsmacht. Dass wir heute eine Fraktion in der Opposition sind und CDU und FDP nach einer erneuten Landtagswahl wieder die Mehrheit stellten lag nicht an uns – die früher „Chaotentruppe“ genannten Grünen waren während der zweiten „hessischen Verhältnisse“ geradezu ein Hort der Stabilität und Verlässlichkeit. Das ist mit Blick zurück auf unsere Anfangszeit im Landtag eine wirkliche Ironie der hessischen Landesgeschichte.

Nun steht 2013 wieder eine Landtagswahl an, und es gilt die erschöpfte und verbrauchte schwarz-gelbe Landesregierung endlich abzulösen. Die Fraktion der Grünen wird dann 31 Jahre alt sein und damit fünf Jahre älter als ihr derzeit jüngstes Mitglied. Seit 30 Jahren stellen wir immer wieder die jüngste Fraktion im Hessischen Landtag. Trotzdem: „Trau keinem über 30“? Das war schon 1982 eine sehr gewagte These. Neue Ideen, frisches Denken, gepaart mit über 30 Jahren Erfahrung, Kreativität und Engagement – dafür stehen wir auch im 31. Fraktionsjahr – hoffentlich dann auch wieder in Regierungsverantwortung.

Tarek Al-Wazir
Fraktionsvorsitzender