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09.04.2011
Landesarbeitsgemeinschaften, Parteirat

In die Zukunft investieren – Erneuerbare Energien und Stromnetze ausbauen!

Die katastrophalen Ereignisse von Fukushima haben die Frage nach der Sicherheit von Atomkraft-werken in Deutschland neu entfacht und dazu geführt, dass die sieben ältesten Atomkraftwerke, darunter auch Biblis A und B, vom Netz genommen wurden. Für uns GRÜNE ist klar, dass diese störanfälligen Atomkraftwerke auch nicht wieder ans Netz gehen dürfen. Jetzt müssen wir die Chance ergreifen und die Weichen in Richtung Ausbau der Erneuerbaren Energien stellen. Dass eine Energiewende in Hessen möglich ist, hat die GRÜNE Landtagsfraktion für den Strombereich bereits im Jahr 2007 dargestellt. Die atomare Katastrophe von Fukushima mahnt uns einmal mehr, noch entschiedener, noch engagierter, noch realistischer in der Energiepolitik umzusteuern.

Im GRÜNEN Konzept „ZukunftsEnergie 2030 – 100 Prozent Erneuerbarer Strom“ wird dargestellt, wie der Strombedarf in Hessen komplett aus erneuerbaren Energien gedeckt werden kann und welche Chancen der Umstieg auf eine zukunftsfähige Stromversorgung eröffnet. Die risikoreichen Atommeiler in Biblis gehörten somit der Vergangenheit an und neue klimaschädliche Kohlekraft-werke würden überflüssig. Durch die GRÜNE Energiewende können in Hessen zusätzlich ca. 40.000 sichere Arbeitsplätze bis zum Jahr 2030 geschaffen werden.

Für den von uns angestrebten schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien sind leistungsfähige und intelligente Stromnetze unverzichtbar. Für die sich wandelnden Strukturen im Energiemarkt sind sowohl eine Verstärkung der Übertragungsnetze als auch eine Modernisierung der vorhande-nen dezentralen Verteilernetze erforderlich. Zur Verteilung des Stroms aus erneuerbaren Energien, insbesondere von Offshore-Windenergie aus dem Norden, sind leistungsfähige Übertragungs-leitungen notwendig. Zukünftig wird darüber hinaus neben der Energie aus Offshore-Windparks in Deutschland der Transfer erneuerbarer Energien mit europäischen Ländern eine größere Rolle spie-len, in denen der Ausbau der erneuerbaren Energien durch die Ziele der EU in den kommenden Jahrzehnten voranschreitet. Längerfristig könnten auch Länder außerhalb Europas, wie Mittelmeer-anrainer, in den Verbund mit einbezogen werden.
Ziel ist weiterhin ein europäisches Verbundnetz, das eine hohe Versorgungssicherheit garantiert und Lastspitzen bzw. –senken besser ausgleichen kann. Die dezentrale Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien kann in einem „intelligenten Netz“ problemlos integriert werden und sorgt damit für mehr Versorgungssicherheit.

Die rot-GRÜNE Bundesregierung hat darauf gedrungen, den Netzausbau voranzutreiben und zu beschleunigen. Verhindert wurde dies im Bundesrat durch die CDU. In Hessen hat die GRÜNE Landtagsfraktion im Jahr 2008 ein Gesetz über die unterirdische Verlegung von Hoch- und Höchst-spannungsleitungen (Hessisches Erdkabelgesetz, Drs. 17/260) in den Landtag eingebracht. Auch dieses Gesetz wurde von der CDU verhindert.
Der schleppende Ausbau der Netze durch die Netzbetreiber sowie die intransparente Politik der schwarz-gelben Bundesregierung führen dazu, dass die notwendige, den neuen Anforderungen entsprechende Netz-Infrastruktur immer noch nicht vorhanden ist.

Nicht erst seit der Katastrophe in Japan ist die Mehrheit der Bevölkerung für den schnellstmögli-chen Ausstieg aus der Atomkraft und für den Umstieg auf Erneuerbare Energiegewinnung. Im Zuge der aktuellen Berichterstattung ist einer breiten Öffentlichkeit auch stärker bewusst gewor-den, welche Ausbaumaßnahmen im Bereich der Energienetze und –speicher hierfür erforderlich sind.
Dieses Interesse der Menschen wollen wir ernstnehmen und aufgreifen. Jetzt ist die Zeit, die Bürge-rinnen und Bürger vor Ort von der Notwendigkeit des Ausbaus der Stromnetze zu überzeugen, regionale Blockaden zu lösen und die notwendigen Entscheidungen zu treffen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden auf allen politischen Ebenen dafür eintreten, dass die notwendigen Weichen für den Ausbau der Netze gestellt werden. Eine umfassende Bürgerbeteiligung vor Beginn und wäh-rend der Projekte sowie die Berücksichtigung der Belange des Umwelt- und Naturschutzes sind dabei für uns selbstverständlich. Auch sollte dort, wo es ökonomisch und ökologisch vertretbar ist, verstärkt von der Möglichkeit der Erdverkabelung sowie der Verlegung von Altanlagen aus besie-delten Flächen heraus im Zuge der Trassenbündelung Gebrauch gemacht werden, um Widerstände vor Ort zu überwinden. Für uns ist jedoch klar: Es geht nicht darum, ob die notwendigen Trassen gebaut werden, sondern nur darum, wie sie unter Wahrung der berechtigten Anliegen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowie der Belange des Umwelt- und Naturschutzes schnellstmöglich realisiert werden können.

Wir unterstützen die Forderungen der GRÜNEN Bundestagsfraktion zum Ausbau der Energienetze und –speicher:
1. Die Bundesregierung beschließt die Erarbeitung eines Bundesfachplans Stromübertragungs-netze, der auf die schnellstmögliche Umstellung der Stromversorgung auf erneuerbare Energien ausgerichtet ist. Um die Akzeptanz zu erhöhen, sollen die dafür erforderlichen Netzdaten und Last-flüsse veröffentlicht und die Öffentlichkeit bei der Planerstellung beteiligt werden.
Zeithorizont: sofort
2. Der Bundestag beschließt eine Novelle des Energieleitungsausbaugesetzes mit dem Ziel, die Akzeptanz von Neubauvorhaben durch die grundsätzliche Erdverkabelung von Leitungen im Span-nungsbereich bis 110 kV und Teilverkabelung von Höchstspannungsleitungen in sensiblen Gebie-ten zu erhöhen. Darüber hinaus ist bei Neubauten oder neubauähnlichen Projekten stets der Stand der Technik anzuwenden.
Zeithorizont: Frühjahr 2011
3. Die Bundesregierung schreibt eine Pilot-Trasse zur Höchstspannungs-Gleichstromübertragung (HGÜ) als Nord-Süd-Achse aus und startet parallel Pilotprojekte zur Erprobung der Erdverkabelung von Höchstspannungsleitungen über längere Distanzen.
Zeithorizont: Sommer 2011
4. Die Bundesregierung startet mit den Bundesländern eine Initiative zur Überprüfung und Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren für neue Übertragungsnetztrassen sowie zur frühzeitigen Bürgerbeteiligung.
Zeithorizont: sofort
5. Die Bundesregierung nimmt Verhandlungen mit den Regierungen der Nachbarstaaten sowie Skandinaviens mit dem Ziel auf, die dortigen Wasserkraftspeicher mit dem deutschen Strommarkt zu verbinden und den Bau der erforderlichen Leitungen aktiv voranzutreiben
Zeithorizont: sofort
6. Die Bundesregierung legt ein Umrüstprogramm zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen durch Photovoltaikanlagen auf der Verteilnetzebene auf und startet ein Förderprogramm zur Entwicklung und zum Bau innovativer Stromspeicher, wie z.B. Pumpspeicherwerke in aufgelasse-nen Bergwerken, Schwungradspeicher, Hubspeicherkraftwerke, regeneratives Methan in Erdgas-netzen u.v.a.m.
Zeithorizont: Sommer 2011

Auch im Landtag werden wir die notwendigen Initiativen ergreifen, beispielsweise durch die erneu-te Einbringung unseres Erdverkabelungsgesetzes.
Wie bei jeder Infrastrukturmaßnahme kann es auch beim Ausbau der Stromnetze und -speicher zu Konflikten zwischen den berechtigten Interessen der örtlich durch eine Maßnahme Betroffenen und der gesellschaftlichen Notwendigkeit einer Baumaßnahme kommen. Gerade deshalb ist eine umfassende Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger von Beginn an von zentraler Bedeutung. Angesichts der Bedeutung des Netzausbaus für den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomener-gie und den Einstieg in das Zeitalter der Erneuerbaren sind wir jedoch überzeugt, dass sich die betroffenen Bürgerinnen und Bürger vom Bau neuer Stromtrassen oder –speicher überzeugen lassen oder die notwendigen Baumaßnahmen zumindest akzeptieren. Entscheidend hierfür ist, dass die Menschen mit ihren Fragen, Sorgen und Vorschlägen ernst genommen und beteiligt werden. Wie man es nicht machen darf, zeigt leider einmal mehr die schwarz-gelbe Landesregierung: Sie will den notwendigen Ausbau der Netze dafür missbrauchen, ihre uralten Vorschläge zum Abbau der Bürgerbeteilung und des Naturschutzes bei der Planung von Infrastrukturmaßnahmen aus der Mottenkiste zu holen. Dabei sind es nicht die Bürgerinnen und Bürger oder der Naturschutz, die insbesondere in Hessen Projekte verzögern, sondern es ist die Ignoranz, der Widerwille und letztlich die Unfähigkeit der Landesregierung, diese berechtigten Interessen adäquat zu berücksichtigen.