Inhalt

02.05.2014

Mobilität stärken – Vernetzt denken (J)

Inhalt

I. Nachhaltig mobil: Schiene, Wasser und Rad
II. Öffentlichen Personen-Nahverkehr sichern
III. Mobiles Hessen 2020
IV. Autobahnen und Straßen
V. Straßen- und Schienenlärm reduzieren
VI. Flughäfen und Lärmschutz
VII. Mobilität durch Breitbandausbau


J. Mobilität stärken – Vernetzt denken

Als Land in der Mitte Deutschlands und Europas ist Mobilität eines der zentralen Zukunftsthemen für Hessen. Mobilität als Transport von Menschen und Gütern muss auch in Zukunft bestmöglich ausgestaltet werden – zum Nutzen der Menschen wie der Wirtschaft in unserem Land. Hierbei wollen wir die jeweiligen, auch lokal unterschiedlichen, Stärken der verschiedenen Verkehrsarten zielgerichtet unterstützen, vorhandene Ressourcen bestmöglich nutzen und für die Zukunft schonen. Verkehrsmittel und Verkehrsangebote wollen wir weiter verknüpfen, ein günstiges Klima für verkehrsträgerübergreifende Mobilitätsprodukte schaffen und so zunehmend intermodale Verkehrsmittelwahl ermöglichen.


I. Nachhaltig mobil: Schiene, Wasser und Rad

Schienenverkehr

Schienenverkehr ist eine wesentliche klimafreundliche Alternative zum Straßenverkehr, die wir nach allen Kräften fördern wollen. Ziel der Landesregierung ist es, die Nutzerfreundlichkeit und Attraktivität des Schienenverkehrs zu erhöhen.

Die Koalitionspartner sind sich darin einig, dass die Ausbau- und Neubaustrecke Frankfurt-Fulda einschließlich Knoten Hanau hohe Priorität besitzt und eine Aufteilung des Vorhabens in zwei Bestandteile (Hanau-Gelnhausen und Gelnhausen-Fulda) im Hinblick auf die zeitnahe Umsetzbarkeit sinnvoll ist.

Die ICE-Schnellfahrstrecke Frankfurt – Mannheim mit einem ICE-Halt in Darmstadt ist für den Anschluss des südhessischen Raums an den überregionalen Fernverkehr von hoher Bedeutung. Die neue Landesregierung will daher mit den Beteiligten schnellstmöglich zu einer gemeinsamen Lösung kommen.

Beide Parteien sind sich darin einig, dass die Bedeutung der Region Frankfurt Rhein/Main für den Straßen- und Schienenverkehr in Deutschland auf Bundesebene keine ausreichende Würdigung erfährt. Ein Beispiel hierfür ist die Umsetzung des Programms „Frankfurt RheinMain plus“. Die neue Hessische Landesregierung wird sich vor diesem Hintergrund auf Bundesebene für verstärkte Infrastrukturinvestitionen in Hessen einsetzen.

Wir werden mit der Deutsche Bahn AG und dem Eisenbahn-Bundesamt in Dialog treten, mit dem Ziel einer deutlichen Beschleunigung bei Bestellung und Zulassung von Schienenfahrzeugen und einer Kapazitätssteigerung der Bahnstrecken.

Einigkeit besteht zudem hinsichtlich der folgenden Maßnahmen:

  • viergleisiger Neu- und Ausbau der nordmainischen Strecke Frankfurt/Main-Maintal-Hanau
  • S-Bahn Rhein-Main, viergleisiger Ausbau Frankfurt (West)-Bad Vilbel-Friedberg (1. und 2.
    Bauabschnitt)
  • Regionaltangente West: Das Land ist bereit in der Planungsgesellschaft mitzuwirken, allerdings ohne Finanzbeteiligung
  • S-Bahnanschluss „Gateway Gardens“
  • Fortsetzung der Arbeiten für eine Reaktivierung der Strecke Korbach – Frankenberg
  • Fortführung des Bahnhofsmodernisierungsprogrammes gemäß bestehender
    Rahmenvereinbarung des Landes mit Deutsche Bahn AG, RMV, und weiteren Partnern
  •  Bei vorliegendem Bedarf unter Nutzen-Kosten-Aspekten sollen Initiativen zur Reaktivierung von Bahnstrecken unterstützt werden

Radverkehr

Das sich ändernde Mobilitätsverhalten der Bevölkerung (Nahmobilität zu Fuß und mit dem Rad) wollen wir unterstützen. Auch mit Blick auf den demografischen Wandel kommen hierbei der Barrierefreiheit und der Verkehrssicherheit wachsende Bedeutung zu. Die Qualität von Aufenthalt und Fortbewegung im öffentlichen Raum ist ein wichtiger Faktor für die Lebensqualität in unserem Land. Unser Ziel ist es, den Anteil des Radverkehrs bis zum Jahr 2020 deutlich zu erhöhen.

Wir wollen die Kommunen in ihrer Arbeit durch Gründung einer „Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität Hessen (AGNH)“ besser begleiten und den interkommunalen Austausch fördern. In der AGNH sollen Kommunen mitwirken, die sich gemeinsam folgenden Zielsetzungen verpflichtet fühlen: Stärkung der Nahmobilität zu Fuß und mit dem Rad, Förderung der Barrierefreiheit insbesondere für ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen, zielgerichtete Verkehrssicherheitsarbeit für „schwächere“ Verkehrsteilnehmende.

Wasserstraßen

Wir möchten, dass die Bundeswasserstraßen in Hessen in der Verantwortung des Bundes verbleiben. Aus ökologischen Gründen ist es sinnvoll, Konzepte zusammen mit dem Bund zu entwickeln, um mehr Güter auf die Wasserstraßen zu verlagern.


II. Öffentlichen Personen-Nahverkehr sichern

Wir werden die GVFG-Mittel in einem zu erlassenden GVFG-Gesetz auf Landesebene zugunsten des
ÖPNV gleichgewichtig zum kommunalen Straßenbau umverteilen.
Mit dem Ziel eines fahrgastfreundlichen und zuverlässigen ÖPNV werden wir uns für die hessenweite Einführung eines regelmäßigen transparenten Systems von Taktfahrplänen, dem „Hessentakt“, einsetzen.

Wir begrüßen die Anstrengungen z.B. des RMV, das elektronische Ticket für den Nahverkehr einzuführen, für weitere Partner und Verkehrsangebote zu öffnen und zu einer Mobilitätskarte fortzuentwickeln, mit der verkehrsträgerübergreifende Dienstleistungen und Angebote individuell und intelligent genutzt werden können.

Wir werden gemeinsam mit der Deutsche Bahn AG und den Verkehrsverbünden prüfen, wie die intermodale Nutzung von Schienenverkehrsmitteln als Teil einer Wegekette weiter gefördert werden kann (Park+Ride, Bike+Ride).

ÖPNV-Finanzierung

Politik für eine moderne Infrastruktur braucht Kontinuität und Verlässlichkeit in der Planung und Mittelzuweisung. Deshalb steht es für beide Parteien außer Frage, dass der Bund den ÖPNV mit einem hinreichenden Finanzbeitrag auf hohem Niveau fördern muss. Bei der gegenwärtigen Finanzierung des Bundes besteht ein Defizit, welches durch Effizienzgewinne bei den Verbünden allein vermutlich nicht geschlossen werden kann.

Die neue Hessische Landesregierung setzt sich nachdrücklich für eine angemessene Finanzierung durch Bundesmittel auch über das Jahr 2019 hinaus ein. Das Land will die Zweckbindung hierfür beibehalten.

Die Koalitionspartner sind sich einig, dass die Entflechtungsmittel (Landesmittel nach dem bisherigen GVFG) für die gesetzlichen Zwecke des ÖPNV und des kommunalen Straßenbaus gebunden werden. Auf Bundesebene setzen wir uns für eine Fortführung der Entflechtungsmittel über das Jahr 2019 hinaus ein. Weiterhin setzen wir uns dafür ein, dass die entsprechenden Bundesfördermittel (GVFG- Bundesprogramm) über das Jahr 2019 hinaus beibehalten werden.

Bei der anstehenden Revision der Regionalisierungsmittel im Jahr 2014 wird sich das Land Hessen dafür einsetzen, dass die derzeitige Dynamisierung von 1,5 auf 2,5 Prozent erhöht wird. Gleichzeitig wird sich das Land Hessen in der Bund-Länder-Finanzkommission für eine Anschlussfinanzierung ab
2019 einsetzen. Wir werden prüfen, ob der Unterfinanzierung des ÖPNV mit einer Kofinanzierung des
Landes entgegenwirkt werden kann.

ÖPNV im ländlichen Raum

Den Mobilitätsbedarf des ländlichen Raumes zu decken, ist aufgrund der niedrigeren Passagierzahlen und der im Vergleich zum städtischen Ballungsraum größeren Strecken eine besondere Herausforderung. Deshalb werden wir Initiativen zur Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs auf dem Land (Mitfahr- und Carsharing-Zentralen sowie Park-and-Ride-Systeme, Ausbau differenzierter Bussysteme wie Anrufsammeltaxen, Bürger-, Nacht- und Regiobusse) unterstützen.

Schülerticket

Die Koalitionspartner prüfen die Einführung eines hessenweiten Schülertickets. Das Schülerticket soll das ganze Jahr über eine einfache Nutzung von Bussen und Bahnen für Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zur Schule, aber auch im Freizeitverkehr, gewährleisten. Dafür soll geprüft werden, welche Mittel zurzeit für die Schülerbeförderung von den Kommunen und dem Land Hessen ausgegeben werden. Nach dieser Überprüfung soll entschieden werden, ob eine Änderung des Schulgesetzes für den Bereich Schülerbeförderung auf den Weg gebracht wird und für welchen Preis ein Schülerticket für alle Schülerinnen und Schüler bis maximal zum Ende der Sekundarstufe II eingeführt werden kann.

Jobticket

Ebenso werden wir erneut prüfen, ob unter Beteiligung der Verkehrsverbünde ein Jobticket für
Landesbeschäftigte eingeführt wird.


III. Mobiles Hessen 2020

E-Mobilität, z. B. durch Fahrräder mit Elektroantrieb oder Pkw und Nahverkehrsbusse mit Elektroantrieb, ist insbesondere in dichtbesiedelten Bereichen eine Möglichkeit, Verkehrslärm und Schadstoffe zu reduzieren. In großstädtischen Bereichen kann auch die Verteilung von Waren mit elektrogetriebenen Fahrzeugen sowie die Nutzung von Elektrofahrzeugen durch Berufspendlerinnen und -pendler zur Verbesserung der Situation beitragen.

Wir werden zusammen mit den hessischen Stromversorgern ein Projekt zur Einrichtung eines flächendeckenden Netzes von Stromtankstellen starten. Außerdem setzen wir die hessischen Wasserstoff- und Brennstoffinitiativen fort.

Die Landesregierung wird weiterhin Konzepte, Modelle und Projekte zur Weiterentwicklung der Elektromobilität unterstützen. Ergänzend wird die Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Initiative Hessen e. V. (H2BZ) weitergeführt.

Carsharing

Autos sind vielfach für die Mobilität unverzichtbar, wir wollen sie in Zukunft effizienter nutzen. Aus diesem Grund wird die Landesregierung das „Carsharing“ fördern. In einem ersten Schritt soll geprüft werden, auf welchen Landesliegenschaften entsprechende Stellplätze ausgewiesen werden können. Wir unterstützen die Bundesregierung darin, über eine Änderung des Straßenverkehrsrechts die Möglichkeit zu eröffnen, dass Kommunen Parkplätze rechtssicher für „Carsharing“-Autos und Elektroautos ausweisen können.

Mobiles Hessen 2020

Das Landesprogramm „Staufreies Hessen 2015“ werden wir zum Programm „Mobiles Hessen 2020“ weiterentwickeln: Neben Infrastruktur- und Verkehrsmanagementmaßnahmen im Straßennetz wird als dritte Säule verkehrsträgerübergreifend betriebliches Mobilitätsmanagement etabliert. Mobilitätsmanagement soll insbesondere dort institutionalisiert werden, wo arbeitsplatzintensive Wirtschaftsstandorte entsprechende Potenziale zur effizienteren Verteilung der erzeugten Verkehre im Tagesverlauf wie im Kontext der Verkehrsmittelwahl versprechen. Auch die für die Unternehmen wichtige Erreichbarkeit für Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Güter am jeweiligen Standort birgt weitere Potenziale für die Wirtschaft. Ziel ist es, den Erfolg vereinzelter lokaler Projekte (z.B. „Südhessen effizient mobil“ der ivm GmbH, der IHK und der Stadt Darmstadt) landesweit möglich zu machen. Die unterschiedlichen Akteure wollen wir dabei unterstützen, Mobilitätsmanagement nachhaltig zu etablieren und als Aufgabe anzunehmen. Neben den primär lokalen Akteuren (Kommunen, lokale Nahverkehrsgesellschaften, IHKen) gilt dies auch für Hessen mobil und die Verkehrsverbünde NVV und RMV.


IV. Autobahnen und Straßen

Beim Landesstraßenbau gilt der Grundsatz „Erhalt vor Neubau“. Für mögliche Neubaumaßnahmen wird ein Kriterienkatalog erstellt, aus dem eine Prioritätenliste ableitbar ist. Aufgrund des hohen Bedarfs wird in den nächsten fünf Jahren der deutlich überwiegende Teil der Mittel für den Straßenbau für Erhalt und Sanierung gebunden. Der Bau von Ortsumgehungen soll vor allem mit der Maßgabe des Lärmschutzes fortgesetzt werden.

Die vor einigen Jahren erfolgte Umstrukturierung der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung wird evaluiert.

Bezüglich des Bundesverkehrswegeplans ist das gemeinsame Ziel die Priorisierung von durchführbaren Verkehrsprojekten und damit einhergehend eine Konzentration für Planungs- und Genehmigungsaufwand auf Vorhaben mit einer zeitnahen Umsetzungsperspektive. Dazu erstellt die Hessische Landesregierung einen Kriterienkatalog zur Überprüfung der zum Bundesverkehrswegeplan angemeldeten Maßnahmen, bei dem der verkehrliche Nutzen, die Zustimmung der betroffenen Kommunen, der Planungs- und Genehmigungsfortschritt, die Finanzierbarkeit sowie die zeitnahe Realisierbarkeit berücksichtigt werden. Die Koalitionspartner sind sich einig, dass bei zukünftigen Straßenbaumaßnahmen, sei es bei Autobahnen, Bundesstraßen oder Landesstraßen, Prioritäten nach zu definierenden Kriterien gesetzt werden müssen.

Bundesautobahn A 44

Die Koalitionspartner stellen fest, dass ungeachtet ihrer unterschiedlichen Positionen zum Ausbau der A 44 das Projekt weit fortgeschritten ist. Der Bund hat eine Zusage für die Finanzierung des gesamten Projekts abgegeben, sieben Abschnitte sind rechtskräftig planfestgestellt, im Bau bzw. fertiggestellt, drei Abschnitte planfestgestellt, allerdings teilweise beklagt und ein Abschnitt befindet sich im Planfeststellungsverfahren.

Der Weiterbau der A 44 wird deshalb in den rechtskräftig planfestgestellten Abschnitten zeitnah umgesetzt. Es ist darauf zu achten, dass kein zusätzlicher Verkehr in die Ortslagen gelenkt wird, sondern diese auch in der Realisierungsphase abschnittsweise vom Durchgangsverkehr entlastet werden. Für die beklagten Planungsabschnitte sind eventuelle Erkenntnisse aus den Gerichtsverfahren in die aktuelle Planung mit einzubeziehen.

Für den noch offenen Planungsabschnitt zwischen der A 7 bis zur AS Helsa/Ost (VKE 11) soll die landschaftsschonendste und umweltverträglichste Variante geprüft werden, die die Menschen in den Anrainergemeinden möglichst wenig belastet. Bei der Klärung offener Fragen beim derzeitigen Planungsstand sind die betroffenen Kommunen einzubeziehen. Bei der Realisierung der baureifen Abschnitte und der darauf folgenden Fertigstellung ist auf einen wirksamen Lärmschutz zu achten.

Bundesautobahn A 49

Die Koalitionspartner stellen fest, dass der Abschnitt VKE 20 (Neuental/Schwalmstadt) planfestgestellt und bereits im Bau ist und deswegen fertig gestellt wird. Des Weiteren sind für die beiden Abschnitte VKE 30 und VKE 40 Planfeststellungsbeschlüsse erlassen worden. Gegen den Planfeststellungsbeschluss von VKE 40 sind Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht erhoben. Die Koalitionspartner halten es vor einem Weiterbau für erforderlich, dass die beiden Abschnitte VKE 30 und VKE 40 rechtsverbindlich planfestgestellt sind und die Finanzierung vollständig gesichert ist. Die Parteien vereinbaren für die südlich des Abschnitts VKE 20 gelegenen Strecken Maßnahmen zur Reduzierung bzw. Verhinderung von Ausweich-/ Schwerlastverkehr.

Riederwaldtunnel (A 66/661)

Der Weiterbau des Riederwaldtunnels schließt eine Verbesserung des Lärmschutzes im Bereich des Autobahndreiecks Riederwald und des auszubauenden Abschnitts der A 661 ein. Auf den Bau des Alleentunnels wird verzichtet.

Neubau „Olpe-Hattenbach“ (A 4)

Der Bau der A 4 von Olpe nach Hattenbach wird nicht weiter verfolgt. Die im Bundesverkehrswegeplan angemeldeten Bundesstraßen in diesem Bereich (Ortsumgehungen) sollen priorisiert werden.


V. Straßen- und Schienenlärm reduzieren

Verkehrslärm beeinträchtigt das Wohlbefinden und die Gesundheit von Menschen. Da Lärm verkehrsmittelübergreifend (kumuliert von Straße und Schiene) die Menschen in Hessen zunehmend belastet, werden wir einen Schwerpunkt in der Lärmvermeidung und -reduzierung setzen. Wir werden uns deshalb neben eigenen Anstrengungen auch auf Bundesebene für Regelungen für verkehrsträgerübergreifenden Lärmschutz an Bundesfernstraßen und Bundesschienenwegen sowie für die Ergänzung der 16. Bundes-Immissionsschutzverordnung und der Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes einsetzen. Ziel ist es dabei, ein Spitzenwertkriterium (die sogenannte „Aufwachreaktion“) bei der Betrachtung des Nachtzeitraumes festzulegen.

Wir unterstützen zudem das Ziel der Bundesregierung, den Schienenlärm bis 2020 deutschlandweit zu halbieren und fordern die schnellstmögliche Umrüstung auf leise Güterzüge.

Wir wollen gemeinsam die rechtlichen Spielräume beim Lärmschutz entlang von Verkehrswegen zukünftig ausnutzen.

Die Koalitionspartner sind sich einig, dass der Lärmschutz an Autobahnen und vierspurigen Schnellstraßen, die sich in der Nähe einer Wohnbebauung befinden, insgesamt verbessert werden muss. Wir respektieren die Entscheidungen der Kommunen über Geschwindigkeitsbegrenzungen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, um mehr Verkehrssicherheit und Lärmschutz zu erzielen.

Schutz vor Bahnlärm im Mittelrheintal

Ziel beider Parteien ist eine Entlastung im Mittelrheintal. Die Länder Hessen und Rheinland-Pfalz haben gemeinsam im Jahr 2010 ein 10-Punkte Programm „Leises Mittelrheintal“ auf den Weg gebracht, in dem die wichtigsten Maßnahmen zusammengefasst sind, die zu einer Entlastung der Lärmproblematik an den Bahnstrecken im Rheintal beitragen sollen. Dieses Programm wird durch die Hessische Landesregierung weiter fortgeführt. Wir setzen uns für eine Alternativstrecke für den Schienengüterverkehr im Mittelrheintal auf Grundlage der Korridorstudie ein. Städte und Gemeinden sollen bei der Aufstellung von Lärmaktionsplänen unterstützt werden, indem wir ihnen die Möglichkeiten für lärmmindernde Maßnahmen im Verkehr aufzeigen.

Wir werden uns beim Bund und bei der Deutsche Bahn AG intensiv dafür einsetzen, dass sie sich an Maßnahmen zur Reduzierung des Bahnlärms im Mittelrheintal maßgeblich beteiligen. In der mittel- und langfristigen Perspektive sollen hierzu die Ergebnisse der seitens des Bundesverkehrsministeriums in Auftrag gegebenen „Korridorstudie“ abgewartet und nach Vorlage zeitnah geprüft werden. Zur möglichst baldigen Entlastung sollen die derzeitigen technischen Optionen bei der Lärmreduzierung soweit wie möglich zum Einsatz kommen. Hierzu gehören u.a. die Umrüstung auf LL-Sohlen und Verbesserungen am Gleisbett. Beide Parteien unterstützen die seitens der neuen Bundesregierung geplante Initiative auf europäischer Ebene für ein ab dem Jahr 2020 zu erlassendes EU-weites Einsatzverbot für laute Güterwagen sowie für ein EU-Programm zur Förderung der Umrüstung lauter Güterwagen. Zur möglichst baldigen Entlastung sollen zusammen mit dem Bund weitere Konzepte entwickelt werden, um den Güterverkehr auf die Bundeswasserstraßen zu verlagern. Diese Maßnahmen sollen auch an anderen hochbelasteten Strecken des Güterverkehrs in Hessen umgesetzt werden. Zur Förderung der Verknüpfung von Lkw und Schiene (kombinierter Verkehr) wird das Gleisanschlussprogramm für Unternehmen erneut aufgelegt.


VI. Flughäfen und Lärmschutz

Der Flughafen Frankfurt hat nicht nur als Standortfaktor und für die dortigen Arbeitsplätze eine große wirtschaftliche Bedeutung weit über das Rhein-Main-Gebiet und Hessen hinaus. Deshalb wollen die Koalitionspartner, dass er auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt. Er liegt allerdings in einer sehr dicht besiedelten Region, so dass sein Betrieb auch mit erheblichen Belastungen für seine Umgebung verbunden ist; demgemäß kann die wirtschaftliche Entwicklung des Flughafens nicht alleiniger Maßstab der Politik sein. Diese Feststellungen sind übereinstimmende Grundlage beider Koalitionspartner für eine gemeinsam zu verantwortende Flughafenpolitik, die ungeachtet dessen von grundsätzlich unterschiedlichen Positionen zur Frage des Flughafenausbaus ausgehen.

Der Planfeststellungsbeschluss (PFB) vom Dezember 2007 und seine weitgehende Bestätigung durch das Bundesverwaltungsgericht ist die Grundlage aller weiteren Überlegungen. Inwieweit noch anhängige Streitverfahren die Situation gegebenenfalls rechtlich oder tatsächlich verändern werden, bleibt abzuwarten. In dieser Situation ist es vorrangiges Ziel der Landespolitik, die mit dem Betrieb des Flughafens einhergehenden Belastungen für Mensch und Umwelt in einem höchstmöglichen Maß rasch wirksam zu verringern. Dabei haben Maßnahmen zum aktiven Schallschutz gegenüber passiven Schallschutzmaßnahmen eine eindeutige Priorität.

Terminal 3

Angesichts eines Investitionsvolumens von über zwei Milliarden Euro, der damit verbundenen erheblichen ökonomischen Herausforderungen für die Fraport AG und der vorhandenen Sorgen über die Auswirkungen des geplanten Baus eines dritten Terminals auf die Rhein-Main-Region halten die Koalitionspartner eine Bedarfsprüfung des Bauvorhabens für erforderlich. Vor diesem Hintergrund spricht sich das Land Hessen als Miteigentümer der Fraport dafür aus, auf möglicherweise steigende Fluggastzahlen solange wie möglich mit ökonomisch vertretbaren und für die Region verträglicheren Alternativen zum Bau des Terminals 3 zu reagieren. In Verhandlungen mit der Stadt Frankfurt als dem zweitgrößten Anteilseigner der Fraport AG werden die Koalitionspartner darauf hinwirken, dass diese Zielsetzung auch im gemeinsamen Konsortialvertrag festgeschrieben wird.

Nachtruhe

Im Interesse der Menschen im Rhein-Main-Gebiet und der Akzeptanz der weiteren ökonomischen Entwicklung des Flughafens halten es die Koalitionspartner für geboten, weitere Maßnahmen zur Begrenzung der Fluglärmbelastung zu ergreifen. Dazu gehören insbesondere Entlastungen in den Stunden von 22 bis 23 Uhr und 5 bis 6 Uhr. Ziel ist es, regelmäßig zu Lärmpausen von sieben Stunden in der Nacht zu kommen. Die Koalitionspartner halten dies durch den abwechselnden Verzicht auf die Nutzung einzelner Bahnen in den genannten Zeiten für möglich und wollen dies gemeinsam mit der Fraport und der DFS so schnell wie möglich realisieren. Die Koalitionspartner werden unverzüglich entsprechende Initiativen ergreifen. Für den Fall, dass dieses Ziel (siebenstündige Nutzungspausen) nicht in angemessener Zeit erreicht wird, behalten sich die Partner Initiativen für eine entsprechende Planänderung bzw. modifizierte Betriebsgenehmigung vor.

Lärmobergrenze

Entsprechend der Empfehlungen der Mediation wird vereinbart, eine Lärmobergrenze für den Flughafen Frankfurt einzuführen. Ziel ist es, eine deutliche Lärmreduzierung gegenüber den im Planfeststellungbeschluss prognostizierten Werten zu erreichen. Die Koalitionspartner werden die in der Vergangenheit zwischen dem Land, der Fraport AG, dem „Forum Flughafen und Region“ sowie anderen Beteiligten in der „Allianz für Lärmschutz“ beschlossenen 19 Punkte zur Verminderung des Fluglärms in der Region weiter entschlossen umsetzen.

Wir werden uns auf Bundesebene für eine stärkere Beteiligung der Betroffenen und die Verbesserung der Transparenz bei der Planung von Flugrouten durch die Deutsche Flugsicherung einsetzen. Die Fluglärmkommission werden wir stärken.

Wir streben eine rechtliche Verankerung für eine stärkere und frühere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bei der Planung von Flugrouten an. Dies darf nicht zu Verzögerungen der Maßnahmen zur Lärmminderung führen.

Wir werden unverzüglich Maßnahmen zur Verhinderung von Schadensfällen, insbesondere im
Hinblick auf die mögliche Gefahr von Wirbelschleppen anstoßen.

Wir streben einen Lastenausgleich für besonders vom Fluglärm betroffene Kommunen an. Dies soll durch eine Fortführung des vom Land eingerichteten Regionalfonds in der Säule „Nachhaltige Kommunalentwicklung“ oder andere Maßnahmen geschehen. In diesem Zusammenhang werden Aufgaben und Rahmen der „Stiftung Flughafen und Region“ überprüft. Wir streben an, dass sich auch die Stadt Frankfurt ebenso wie bereits das Land an der Finanzierung beteiligt.

Es wird eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Ausschöpfung der rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Spreizung lärmabhängiger Start- und Landeentgelte erfolgen. Das Lärmmonitoring werden wir stetig verbessern. Die Messdaten sollen der Öffentlichkeit vereinfacht zugänglich gemacht werden.

Wir werden die Einhaltung der Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses konsequent überwachen und bei Zuwiderhandlung, beispielsweise bei verbotenem Einsatz von Gegenschub, mit einem Bußgeld belegen.

Beim zuständigen Ministerium wollen wir eine Stabsstelle Fluglärmreduzierung schaffen.

Wir wollen das Forum Flughafen und Region (FFR) mit seinem Informationsangebot weiterentwickeln und zu einer Stätte des direkten Dialogs machen, in die sich Luftverkehrswirtschaft und Kommunen ebenso wie Lärmbetroffene (aus FFR-Gemeinden) einbringen und an der Gestaltung des Austauschs mitwirken können. Die gemeinnützige Umwelthaus GmbH, Trägerin des Umwelt- und Nachbarschaftshauses Kelsterbach (UNH) wird organisatorisch klarer strukturiert, das UNH selbst in seinen Fachkompetenzen, insbesondere in Fragen der Evaluation von Flugrouten und Flugverfahren, deutlich gestärkt.

Wir werden uns für eine Beschleunigung der Entscheidungsfindungs- und Genehmigungsprozesse bei der Festlegung lärmärmerer Flugrouten durch die nationalen Behörden Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF), Deutsche Flugsicherung (DFS) und Umweltbundesamt (UBA) einsetzen.

Wir wollen eine Bundesratsinitiative zur Novellierung des Luftverkehrsgesetzes betreiben, damit der Lärmschutz auch für zuständige Bundesbehörden (insbesondere die DFS) zu einer prioritären Aufgabe wird.

Die Landesregierung hält die NORAH-Studie weiterhin für geboten und sinnvoll. Nach vollständiger Fertigstellung wird sie unverzüglich veröffentlicht und ein breiter Dialogprozess mit Bürgerinnen und Bürgern, Kommunen, Wissenschaft und Wirtschaft begonnen. Die Landesregierung wird das Ergebnis der Studie würdigen und Konsequenzen ziehen.

Wir werden uns für eine deutlich schnellere und unbürokratischere Abwicklung der Anträge zum passiven Schallschutz einsetzen.

DFS und BAF sind aufgefordert, die Umsetzung des Urteils zur Südumfliegung im Rahmen des
Lärmschutzkonzepts der Planfeststellung vorzunehmen.

Die Landesregierung wird darauf hinwirken, dass Luftverkehrswirtschaft und Deutsche Bahn AG die Weiterentwicklung des „AirRail-Konzepts“ mit Nachdruck vorantreiben. Dadurch werden die Anbindung des Flughafens Frankfurt an die Schiene gestärkt und die Leistungsfähigkeit der Vernetzung verbessert, um insbesondere die Verlagerung von Flugbewegungen auf die Schiene bei Kurzstreckenflügen zu fördern.

Bodenverkehrsdienste

Die Koalitionspartner sind sich einig, dass eine grundsätzliche Öffnung des Marktzugangs zu Bodenverkehrsleistungen durch das Auftreten von Billiganbietern zu Verschlechterungen von Arbeitsbedingungen und Arbeitslöhnen, zu hoher Personalfluktuation und damit zugleich zu erheblichen Beeinträchtigungen der Präzision der Abläufe und der Sicherheitslage an den Flughäfen führen würde. Wir sind der Auffassung, dass in einem so zentralen Kernbereich eines Flughafens wie den Bodenverkehrsdiensten Sicherheit und Qualität nicht verhandelbar sind.

Flughafen Kassel-Calden

Die Koalitionspartner vertreten zur Notwendigkeit des abgeschlossenen Neubaus des Flughafens Kassel-Calden gegensätzliche Positionen, an denen sie auch jeweils festhalten. Unbeschadet dessen vereinbaren sie folgende Eckpunkte zum künftigen Umgang mit der Landesbeteiligung an dem Flughafen:

Wir werden mit der nordhessischen Wirtschaft mit dem Ziel in Gespräche eintreten, eine Beteiligung an den wirtschaftlichen Chancen und Risiken des Flughafens zu erreichen.

Wir werden mit den Mitgesellschaftern mit dem Ziel verhandeln, eine angemessene Kostenbeteiligung an den bisher vom Land allein getragenen sogenannten Gemeinwohlkosten (z.B. Flughafen- und Luftsicherheitskosten, Kosten der Feuerwehr) zu erreichen.

Zur Entwicklung des alten Flugplatzgeländes soll eine eigenständige Gesellschaft gegründet werden, an der die bisherigen Gesellschafter der Flughafen Kassel GmbH (FKG) beteiligt werden. Das Ziel ist, dass von den wirtschaftlichen Chancen dieses neuen Gewerbegebiets alle Gesellschafter profitieren.

Zu prüfen ist sowohl eine Beteiligung privater Gesellschafter an der FKG als auch eine komplette
Privatisierung der FKG.

Das Land erwartet unabhängig davon von der FKG die sofortige Entwicklung und Umsetzung von
Maßnahmen zur Reduzierung des Betriebsdefizits, das gemäß dem Gesellschaftsvertrag zu 68
Prozent vom Land zu tragen ist. Dazu werden alle Ausgabenbereiche auf ihre Angemessenheit insbesondere auch in Relation zur jeweils aktuellen Nutzung des Flughafens erneut untersucht, um bereits im Jahr 2014 das erwartete Betriebsdefizit von 8,1 Millionen Euro auf keinen Fall zu überschreiten, sondern nach Möglichkeit bereits zu reduzieren. Ausgehend vom ersten vollen Betriebsjahr 2014 muss die FKG in den Folgejahren sicherstellen, dass der vom Land zu tragende Verlustausgleich Jahr für Jahr um mindestens 10 Prozent des Ausgleichs des Jahres 2014 sinkt. Dies kann sowohl durch Erlössteigerungen und Einsparungen als auch durch höhere Beteiligungen der Mitgesellschafter oder privater Dritter geschehen.

Im Jahr 2017 wird die Entwicklung des Flughafens seit seiner Inbetriebnahme umfassend evaluiert. Dabei wird nicht nur die Erreichung der vorgenannten Ziele zur Reduzierung des Defizits, sondern die dann absehbare Entwicklungsperspektive des Flughafens kritisch überprüft. Sollte diese Evaluierung nicht zu einem positiven Ergebnis kommen, wird ausdrücklich keine mögliche Maßnahme ausgeschlossen.


VII. Mobilität durch Breitbandausbau

Die Versorgung mit leistungsstarken Breitbandzugängen (mind. 50 MBit/s) ist im 21. Jahrhundert Teil der Daseinsvorsorge. Eine flächendeckende Versorgung mit Zugängen zu Hochgeschwindigkeitsdatennetzen ist daher ein wichtiges Anliegen der Landesregierung.

Um den Ausbau insbesondere im ländlichen Raum zu beschleunigen, werden wir Kooperationsmodelle mit Telekommunikationsbetreibern fördern. Hierzu werden wir das derzeitige Darlehensprogramm fortführen und weiterentwickeln. Zur weiteren Beschleunigung werden die Breitbandaktivitäten der Kommunen in den Ausnahmekatalog der Hessischen Gemeindeordnung (§
121 Absatz 2 HGO) aufgenommen.

Der diskriminierungsfreie Zugang verschiedener Anbieter zu allen Netzen muss gewährleistet sein. Auf Bundesebene werden wir uns dafür einsetzen, die Öffnung öffentlicher WLAN-Netzwerke rechtssicher zu gewährleisten.


Dies ist ein Auszug aus dem schwarz-grünen Koalitionsvertrag. Den kompletten Vertrag gibt es hier: Koalitionsvertrag(pdf ca. 2MB)