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11.10.2014
Landesarbeitsgemeinschaften, Landesmitgliederversammlung

Rüstungsexporte begrenzen, transparent machen und parlamentarisch kontrollieren – kein Rüstungsexport nach Algerien

Deutschland ist weltweit der drittgrößte Exporteur von Rüstungsgütern. Unter der schwarz-gelben Bundesregierung von 2009 bis 2013 fielen jegliche Schamgrenzen, wenn es darum ging, Milliardendeals auch mit autoritären Staaten wie Saudi-Arabien zu machen. Während die Bundeskanzlerin diese Exportpolitik zynisch als Form der Konfliktbearbeitung verklärt, hat der neue Bundeswirtschaftsminister ein deutlich restriktiveres Genehmigungsverfahren bei Rüstungsexporten angekündigt. Rüstungsexporte seien kein Mittel der Wirtschaftspolitik und Arbeitsplätze sollen kein Argument für die Genehmigung von Waffenlieferungen sein. Bislang hat die SPD ihrer Ankündigung nach restriktiver Exportpolitik aber noch wenig Taten folgen lassen.

Bündnis 90/Die Grünen Hessen sind von der Entscheidung der Bundesregierung, Rüstungsexporte nach Algerien zu genehmigen, erschüttert. Die Beachtung von Menschenrechten im Bestimmungsland ist von besonderer Bedeutung für die Genehmigung solcher Geschäfte. In Algerien wurden jedoch eine Vielzahl von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen dokumentiert (vgl. Amnestie International, Länderbericht Algerien 2013). Obwohl es gegen geltende Rüstungsexportrichtlinien verstößt, will die Bundesregierung am Export von Panzern und dem Bau einer Panzerfabrik in Algerien festhalten.

Der Einsatz dieser Waffen könnte sich in der autoritären Praxis der algerischen Regierung gegen die eigene Bevölkerung richten, zugleich aber auch eine sicherheitspolitisch fragile Region gefährlich aufrüsten. Zudem gibt es nach Auffassung zahlreicher Experten nur sehr schwache Mechanismen, die eine Weitergabe von Waffen und Wissen an andere autoritäre Staaten und/oder Krisenregionen unterbinden. Wir appellieren daher sowohl an die Bundesregierung als auch an die Unternehmensethik der hier ansässigen Firmen, dieses Geschäft zu stoppen. Nach Paragraf 7, Absatz 1 Kriegswaffenkontrollgesetz ist die Möglichkeit jederzeit gegeben, die in 2013 erteilte Ausfuhrgenehmigung zu widerrufen. Die genannten Bedenken machen nach unserer Auffassung einen sofortigen Stopp des Rüstungsexportgeschäftes unausweichlich.

Die Hessischen Grünen sind sich ihrer besonderen Verantwortung bewusst, da diese Geschäfte auch mit Wissen und Technik aus Kassel erfolgen. Es widerspricht demokratischen Grundsätzen, wenn Rüstungsgeschäfte im ausgewählten und geheimen Kreis des Bundessicherheitsrates genehmigt werden, ohne dass Parlament und Öffentlichkeit beteiligt oder informiert sind.

Rüstungsexporte in Staaten, die Menschenrechte mit Füßen treten, darf es nicht mehr geben. Deswegen wollen wir den Bundessicherheitsrat in seiner jetzigen Form abschaffen. Stattdessen soll künftig die gesamte Bundesregierung im Konsensprinzip entscheiden. Das Parlament und die Öffentlichkeit sollen umgehend über die getroffenen Entscheidungen informiert werden. Zudem wollen wir ein parlamentarisches Gremium, das die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung kontrolliert und bei Entscheidungen über sensible Exporte, insbesondere Exporte in Drittländer, ein aufschiebendes Veto einlegen kann. Hermes-Bürgschaften für Rüstungsexporte lehnen wir prinzipiell ab, genauso wie den Export von Produktionslizenzen für Kriegswaffen an Drittstaaten.

Darüber hinaus wollen wir eine tatsächliche Endverbleibskontrolle. Diese muss gesetzlich verankert werden. Sie soll verhindern, dass die Exportgüter in die falschen Hände geraten und zum Beispiel für Menschenrechtsverletzungen oder terroristische Zwecke genutzt werden. Außerdem wollen wir insgesamt weniger Waffen auf dieser Welt und ein Ende der globalen Aufrüstung, die auch mit deutscher Waffentechnologie vorangetrieben wird: Der Handel mit Kleinwaffen muss massiv begrenzt und kontrolliert werden, die internationale Ächtung von Streumunition sowie Landminen muss weltweit und konsequent umgesetzt werden. Auch Uranmunition ächten wir.

Die Hessischen Grünen fordern daher, ein verbindliches und restriktives Rüstungsexportgesetz, das deutsche Rüstungsexporte nach klaren Kriterien genehmigt oder versagt. Diese Kriterien müssen so konkretisiert werden, dass sie im Wege einer Verbandsklage vor einem Gericht eingeklagt werden können. Die Zuständigkeit wollen wir Grünen vom Wirtschaftsministerium auf das Auswärtige Amt übertragen.

Die Irak-Sache ist natürlich ein kontroverses und spezielles Thema (Tom hat sich ja z.B. bei der Abstimmung im Bundestag enthalten), also würden wir sagen, dass man entweder die Frage von Waffenlieferungen in den Irak in dem Antrag auch argumentieren – oder einfach den entsprechenden Teil des Titels streichen müsste.