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08.03.2012

Ursula Hammann: Aktuelle Stunde - Beabsichtigte Kürzung der Solarförderung

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir GRÜNEN haben uns immer für eine kontinuierliche und maßvolle Anpassung der Förderung der erneuerbaren Energien an die Kostenentwicklung ausgesprochen. So war auch damals das Erneuerbare-Energien-Gesetz angelegt, das unter Rot-Grün eingeführt wurde und wirklich zu einer Schlager geworden ist, der in anderen Ländern übernommen wurde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Vertrauensschutz hat für uns immer eine große Rolle gespielt. Wir haben immer dazu beigetragen, dass das Vertrauen der Investoren erhalten bleibt. Wir haben eine maßvolle Kürzung der Einspeisevergütung immer vorgenommen. Aber was Sie jetzt tun, ist ein Angriff auf die Solarwirtschaft in Deutschland. Es ist ein massiver Angriff, der hier erfolgt und der untragbar ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

In Branchenkreisen spricht man schon von einer Sonnenfinsternis,

(Zuruf von der CDU)

und es treibt auch die Menschen auf die Straßen. Schauen Sie nach Berlin. Über 11 000 Menschen waren dort auf der Straße und haben gegen die überzogenen Kürzungen protestiert.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Wir sehen diese Kürzungen – das sage ich Ihnen ganz deutlich – mit großer Sorge. Sie wollen die Einspeisevergütung bei der Fotovoltaik um bis zu 30 % kürzen. Sie wollen die Einspeiseerträge deckeln. Anlagen sollen nur noch mit 85 %, große Anlagen mit 90 % vergütet werden. Die Förderung soll künftig jeden Monat um 0,15 Cent fallen. Sie wollen – das ist das Absurde daran – den Ausbau der Solarenergie deckeln. Dass das, Planwirtschaft in der Solarenergie, ausgerechnet von der FDP eingebracht wurde, das ist abstrus.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der FDP)

Sie müssen doch auch erkennen, dass man das, was nun der Öffentlichkeit präsentiert wurde, nur als einen faulen Solarkompromiss zwischen Rösler und Röttgen bezeichnen kann, ein Kompromiss, der alleine dem Koalitionsfrieden geschuldet ist, ein Kompromiss, der aber auch auf die Einflussnahme der großen vier Stromkonzerne zurückzuführen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Denn die erkennen doch auch: Jede dezentral erzeugte Kilowattstunde heißt für sie einen Verlust an Marktanteilen, einen Verlust der Einflussnahme. Dagegen wehren sich die großen vier Monopolisten natürlich. Sie wollen ihre Marktanteile aufrechterhalten, und deshalb intervenieren sie auf Bundesebene, wo immer sie können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, Rösler und Röttgen gerieren sich als die Herren der Sonnenfinsternis. Man kann sie auch als Sunblocker mit dem Verhinderungsfaktor 100 bezeichnen.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das stand auch auf vielen Plakaten der Demonstranten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wollen nicht erkennen, dass die Solarenergie ein ganz wichtiger Bestandteil der Energiewende ist. Sie negieren, dass an sonnigen Tagen die Solarenergie jetzt schon 15 bis 20 konventionelle Großkraftwerke ersetzt. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie wollen nicht erkennen, dass durch die Nutzung der Solarenergie der Preis für Spitzenlaststrom im vergangenen Sommer um durchschnittlich 5 % reduziert wurde. Sie wollen auch nicht erkennen, dass die Solarenergie alleine im Jahr 2011  12,5 Millionen t Kohlendioxid eingespart hat. Das sind reale Tatsachen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, über 130.000 Arbeitsplätze sind mittlerweile entstanden, und 10 Milliarden € wurden zur Wertschöpfung beigetragen. Aber statt all dies wahrzunehmen, schließen Sie davor die Augen, und dies ein Jahr nach der Katastrophe in Fukushima.

(Zurufe von der FDP)

Ich sage es betont: Wir wollen eine Energiewende. Aber was tun Sie dafür? Sie negieren das, was getan werden kann. Ich finde es furchtbar, dass Sie sich an dieser Stelle mit einem „Ah!“ aufamseln wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ein Jahr nach Fukushima sind offenbar die Erinnerungen von CDU und FDP verblasst der Blick auf an das Erneuerbare-Energien-Gesetz getrübt. Sie haben die falschen Vorschläge vorgetragen. Sie reagieren nicht auf das, was notwendig wäre, was die Marktlage angeht. Und immer wieder diese stereotypen Aussagen im Hinblick auf die enormen Kosten, die auf die Bürgerinnen und Bürger über den Strompreis zukommen.

Was Sie bisher überhaupt nicht beeinflusst hat, das waren die enormen Gewinne der vier großen Stromkonzerne. Viele Jahre lang haben diese Milliarden Euro eingefahren. Man muss einfach einmal darstellen, dass RWE allein im Jahr 2011, trotz des Nichtbetriebs der Atomreaktoren in Biblis, noch mehr als 2,5 Milliarden € an Gewinn eingefahren hat. Ich hab noch niemals gehört, dass Sie sich hier in Hessen dagegen wehren, dass diese Gewinne eingefahren werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Meine Damen und Herren, deshalb ist auch die Überschrift über Ihrem Dringlichen Entschließungsantrag oder auch der Passus, in dem Sie sagen, Sie wollen einen Schutz für Verbraucher vor steigenden Strompreisen, reines Nebelwerfen. Man muss doch erkennen, dass Sie wirklich alles tun, um diese Strukturen mit den Stromkonzernen weiter aufrechtzuerhalten. Sie blenden doch tatsächlich aus, dass Sie noch im letzten Jahr Strukturen erhalten und stromintensive Unternehmen über die Nutzungsentgelte entlastet haben.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Sie haben die EEG-Umlage für mehrere Tausend Unternehmen gestrichen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist Ihre Politik.

Meine Damen und Herren, man muss einfach sehen: Das ist eine krasse Klientelpolitik, die Sie hier betreiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Widerspruch bei der FDP)

Ich sage das bewusst: eine krasse Klientelpolitik. Denn wenn dies nicht erfolgt wäre, hätte man den Verbraucherstrompreis schon jetzt um 0,3 Cent pro KWh senken können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Ihrem Entschließungsantrag betonen Sie, dass Sie die Solarbranche als wichtige Branche in Hessen sehen. Sie betonen, dass Sie die Arbeitsplätze dort erhalten wollen. Aber was tun Sie? Sie riskieren diese Arbeitsplätze. Ich weiß nicht: Sind Sie blind? Sehen Sie denn nicht, was momentan in der Solarwirtschaft in Deutschland los ist?

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Verschließen Sie die Augen vor dem, was in Hessen los ist?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben Schreiben von SMA. Wir haben die Information – das müssten Sie auch gelesen haben –, dass Ralos New Energies AG diese Woche beim Amtsgericht Darmstadt Insolvenz angemeldet hat, und nicht nur sie, sondern auch ihre beiden Tochterunternehmen. Sie wurden gefragt, warum. Die Aussage war: Das ist die Entwicklung auf Bundesebene in Hinblick auf die Einspeisevergütung und die Förderung der Solarenergie.

(Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind zahlreiche Auftragsstornierungen zu verzeichnen. Aufträge werden auf Eis gelegt, aber auch totale Auftragsstornierungen sind erfolgt. Das hat unmittelbare Auswirkungen.

Es gibt ein Unternehmen im Odenwald, das sich ebenfalls an Sie gewandt hat. Dieses Unternehmen gehört zur Walther-Gebhardt Unternehmensgruppe HIK-HIS-Sinusstrom. Hier stehen Arbeitsplätze direkt zur Disposition. Diese Arbeitsplätze fallen möglicherweise weg.

Wenn das geschieht, dann ist das auf Ihr Bestreben hin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin Hammann, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ursula Hammann:

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde es gut, dass Frau Ministerin Puttrich nicht gleich Ja und Amen zu allem gesagt hat, was auf Bundesebene vorgegeben wurde. Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber nur eine Übergangsregelung zu fordern, das ist absolut zu wenig.

Wir verlangen von Ihnen, dass Sie sich im Bundesrat dagegen wehren und den Vermittlungsausschuss anrufen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Kämpfen Sie für die hessische Solarwirtschaft. Kämpfen Sie dafür, dass diese Arbeitsplätze sowie die Wirtschaftsförderung in Deutschland und in Hessen erhalten bleiben. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank.