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16.10.2014
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir: Terminal 3 am Frankfurter Flughafen: Vorhaben kritisch prüfen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht möchte ich gleich auf eine Frage des Abg. Weiß antworten. Erstens, was den Konsortialvertrag angeht, haben wir das Ziel, die Bedarfsprüfung des Terminals 3 im Konsortialvertrag als Willen der beiden Hauptanteilseigner zu verankern. Es haben Gespräche mit dem Oberbürgermeister Feldmann, mit Bürgermeister Cunitz, mit Stadtrat Uwe Becker stattgefunden. Wir befinden uns auf der Zielgeraden. Deswegen gehe ich davon aus, dass das bald eine Aufnahme in den Konsortalvertrag finden wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Der Brief an Sie ist von mir unterschrieben worden. Ich gehe davon aus, dass Sie ihn wahrscheinlich in Ihrem Postfach finden werden, wenn Sie da einmal hingehen. Ansonsten liegt es nicht an mir, sondern – wie gesagt – ich habe ihn unterschrieben. Bei mir ist er weg.

Und jetzt zur Sache. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle wissen, das Terminal 3 ist im Zuge des Planfeststellungsverfahrens zum Ausbau des Flughafens Frankfurt rechtsverbindlich zugelassen worden. Diese Zulassung im Planfeststellungsverfahren wurde bisher gerichtlich in allen Instanzen bestätigt und kann seitens des Landes nicht einseitig rückgängig gemacht werden. Das ist erst einmal ein Fakt. Da müssten alle sagen: „So ist es“, selbst die Linksfraktion.

Zweitens ist Fakt, dass das Land keine Möglichkeit hatte, auf die Erteilung der Baugenehmigung durch die Bauaufsicht der Stadt Frankfurt Einfluss zu nehmen, und auch keinen Anlass gesehen hat, Einfluss zu nehmen, weil ich nicht bezweifle, dass die Stadt Frankfurt die Baugenehmigung für das Terminal 3 rechtmäßig erteilt hat. Grundlage war der Planfeststellungsbeschluss.

Auch an diesem Punkt muss man einfach sagen, es geht um die Frage: Stimmt die Statik? Stimmt der Brandschutz – das soll bei Terminals manchmal auch wichtig sein –? Sind die Pläne, die eingereicht wurden, schlüssig? Es geht nicht um die Frage einer Bedarfsprüfung. Das kann die Baubehörde einer Stadt nicht machen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

– Frau Kollegin Wissler, wenn Sie ein Haus bauen wollen und übernehmen sich dabei, dann ist das auch nicht Aufgabe der Baubehörde, das zu überprüfen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Zu den Erschließungsmaßnahmen gibt es offensichtlich ein Missverständnis bei dem Anwalt, der dieses Gutachten geschrieben hat. Die Erschließungsmaßnahmen sind bereits Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und dementsprechend im Baugenehmigungsverfahren nicht mehr zu überprüfen gewesen.

Was der Anwalt nicht wusste: Die Fraport hat übrigens auch beim Regierungspräsidium schon die Anzeige dieses Personentransportsystems gemacht. Insofern ist das auch keine Frage, wo man der Stadt Frankfurt irgendetwas vorwerfen könnte. Ich wollte das am Anfang sagen: Es gibt einen Planfeststellungsbeschluss, es gibt eine Baugenehmigung.

Es ist unstreitig: Die Fraport hat nunmehr Baurecht. Die spannende Frage, die uns hier politisch interessiert, ist: Was folgt jetzt daraus?

Ich komme jetzt auf Ihren Entschließungsantrag zu sprechen. Für die Mitglieder der FDP-Fraktion folgt offensichtlich daraus, dass die Fraport bauen und die Politik nicht einmal mehr über die Frage der Erstellung einer Bedarfsanalyse nachdenken soll. So einfach ist es nicht. So einfach werden wir es uns auch nicht machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die Baugenehmigung begründet das Recht, mit dem Bau zu beginnen. Die Baugenehmigung beinhaltet aber keine Verpflichtung, mit dem Bau zu beginnen. Aus dem Baurecht folgt keine Baupflicht.

Wenn es ein Recht, aber keine Pflicht zum Bauen gibt, dann ist die entscheidende Frage: Ist es sinnvoll, von dem Baurecht jetzt Gebrauch zu machen? – Diese Frage muss sich Fraport natürlich stellen. Aber meiner Ansicht nach muss auch das Land, nicht zuletzt als größter Anteilseigner, die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, von dem Baurecht jetzt Gebrauch zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich bin da übrigens ausdrücklich der Auffassung, dass sich auch die vom Land entsandten Aufsichtsratsmitglieder in diese Debatte einmischen sollen. Sie sollen sich nicht aus den unternehmerischen Entscheidungen heraushalten.

Herr Kollege Rentsch und Herr Kollege Weiß, ein Aufsichtsrat ist natürlich dem Unternehmen verpflichtet. Aber er hat natürlich vor großen Investitionsentscheidungen auch die Pflicht, die Fragen zu stellen, ob sie richtig ist und ob das auch im Sinne der Anteilseigner ist, die ihn in diesen Aufsichtsrat geschickt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Sie wissen, dass sich die Landesregierung dafür ausgesprochen hat, auf möglicherweise steigende Fluggastzahlen so lange wie möglich mit ökonomisch vertretbaren und für die Region verträglichen Alternativen zum Bau des Terminals 3 zu reagieren. Sie hält eine kritische und ergebnisoffene Bedarfsprüfung hinsichtlich des Terminals 3 für erforderlich. Die Lage ist, dass die Fraport AG Mitte September 2014 umfangreiche Unterlagen zur Bedarfs- und Alternativenprüfung vorgelegt hat, die auf zwei Verkehrsprognosen basieren.

Man kann jetzt die Position der antragstellenden FDP-Fraktion betrachten. Sie betrachten diese Unterlagen als Beleg für künftig stattfindendes Wachstum und folgern daraus, dass das Terminal 3 gebaut werden soll. Ich finde, wir müssen da schon genauer hinschauen, allein schon wegen der in der Bevölkerung vorhandenen Sorge über die möglichen Auswirkungen des geplanten Terminals.

Herr Kollege Rentsch, wenn Sie die Sorgen der Bevölkerung schon nicht zu einer näheren Sichtung motivieren, dann tut dies vielleicht wenigstens der Umstand, dass wir es mit einem Investitionsvolumen von über 2 Milliarden € zu tun haben. Ein solches Investitionsvolumen stellt natürlich auch für die Fraport AG eine erhebliche ökonomische Herausforderung dar. Deshalb kann man das nicht so einfach durchwinken. Das geschieht im durchaus wohlverstandenen unternehmerischen Interesse.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Rentsch, ich fand es spannend, was Sie zum weltwirtschaftlichen Ausblick gesagt haben. Das stellte den Großteil Ihrer Rede dar. Ich finde, gerade angesichts dieses weltwirtschaftlichen Ausblicks müssen wir uns natürlich die Frage stellen, ob das in der Zukunft eintreten wird, was die Wachstumsprognosen voraussagen. Wir müssen uns das noch einmal genau betrachten und schauen, ob es wirklich jetzt nötig ist, eine solche Investition zu tätigen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich will ausdrücklich sagen: Ich nehme die Prognosen, die gemacht wurden, sehr ernst. Aber natürlich ist es so, dass uns die Erfahrung aus der Vergangenheit lehrt, dass Prognosen über die Entwicklung der Flugverkehrszahl natürlich mit einer gewissen Vorsicht zu genießen sind. Sie haben sich in der Vergangenheit teilweise als deutlich überzogen erwiesen.

Sie wissen, dass wir entgegen der Prognose der letzten Jahre eine stagnierende Zahl an Flugbewegungen haben. Das ist die gegenwärtig bestehende Situation. Gleichzeitig haben wir allerdings eine steigende Anzahl an Passagieren, weil sich der Flugzeugmix deutlich verändert hat.

Insofern ist es klar, dass wir uns die Entwicklung der Flugbewegungen anschauen wollen. Wir wollen uns auch die Entwicklung der Passagierzahlen anschauen. Wir wollen uns die wirtschaftliche Entwicklung in der Prognose der nächsten Jahre anschauen. Natürlich wollen wir uns auch anschauen, wie das Umfeld ist, was also an anderen Flughäfen stattfindet. Die Stichworte dazu lauten: Istanbul und Dubai.

Natürlich ist aber auch klar, dass ich großes Verständnis dafür habe, dass die Fraport das Ziel hat, für die Passagiere den Komfort am Frankfurter Flughafen zu steigern. Dabei geht es vor allem um die große Zahl der Vorfeldabfertigungen. Dafür habe ich ein sehr großes Verständnis. Ich hoffe, dass wir uns da in diesem Hause einig sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen sind die spannenden Fragen: Braucht es zum jetzigen Zeitpunkt wirklich ein neues Terminal? Gibt es bei den großen in Frankfurt ansässigen Fluggesellschaften zum jetzigen Zeitpunkt den Bedarf? Gibt es vielleicht andere, günstigere Alternativen, mit denen der Komfort kurzfristig gesteigert werden kann?

Das bedeutet, dass wir uns natürlich anschauen, welche Alternativen es gibt. Ich finde, dass wir geradezu die Pflicht haben, uns dieses genau anzuschauen und ordentlich abzuwägen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir werden also die Prognosen prüfen. Wir werden auch untersuchen, ob es alternative Wege gibt, die Abfertigungskapazitäten für Passagiere zu erweitern. Wir werden uns die Verkehrsprognosen genau anschauen. Wir werden uns mögliche bauliche Alternativen genau anschauen. Ich will ausdrücklich sagen, dass wir uns dazu auch fachgutachterlicher Unterstützung durch unabhängige Sachverständige bedienen wollen, um den Bedarf ergebnisoffen einschätzen zu können.

Ich will, dass diese Bedarfsprüfung zügig stattfindet. Das ist klar. Darauf hat die Fraport auch einen Anspruch.

Ich glaube aber auch, dass wir die Pflicht haben, diese Bedarfsprüfung sorgfältig durchzuführen. Wir warten noch auf zusätzlich angeforderte Unterlagen, weil uns die finalen Gutachten der Fraport noch nicht vorliegen. Sie hat uns zugesagt, die erforderlichen Unterlagen umgehend zur Verfügung zu stellen. Ich bin mir übrigens sicher, dass wir mit der gründlichen Überprüfung der Investitionsentscheidung einschließlich der Überprüfung, ob Alternativen existieren, auch im Interesse des Flughafens und seiner Akzeptanz in der Bevölkerung handeln.

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Herr Kollege, ich darf Sie an die für die Fraktionen vorgesehene Redezeit erinnern.

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung:

Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Ich freue mich darauf, dass wir in der nächsten Zeit und auch in der nächsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses über die Frage nachdenken werden, welchen Schritt wir wann gegangen sind.

Eines ist mir wichtig: Es geht mir wirklich um die ökonomischen Fragestellungen. Es hilft hier nichts, sich Bekenntnissätze um die Ohren zu hauen, die mit der ökonomischen Situation am Flughafen nichts zu tun haben. Deswegen wollen wir genau diese ökonomische Perspektive überprüfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Präsident, ich komme zum letzten Thema. Frau Abg. Wissler hat danach gefragt. Die Stichworte lauten Landeklappe und gestern.

Mitarbeiter der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung sind in Frankfurt vor Ort. Sie untersuchen die aufgefundene Klappe, die entgegen dem, was manche Pressemeldung besagt, noch nicht in Braunschweig ist. Sie haben uns mitgeteilt, dass sie vorhaben, diese gefundenen Teile und auch die an einem Flugzeug demontierten Teile an universitären Einrichtungen untersuchen zu lassen, um die Frage zu klären, wie so etwas passieren konnte.

Sie stehen mit uns in Kontakt. Sobald wir neue Erkenntnisse von denen haben – Sie sind diejenigen, die das Verfahren führen –, werde ich natürlich im Wirtschaftsausschuss berichten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Herr Minister, vielen Dank.

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