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15.09.2016
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Bundesfernstraßen in Hessen engagiert weiterentwickeln

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der FDP ausdrücklich dankbar für diesen Setzpunkt,
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
weil er mir Gelegenheit bietet, kurz nach der Mitte der Legislaturperiode einen Blick zurück zu werfen, aber auch einen Blick nach vorne.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie reißen mit Ihrem Antrag einen bunten Strauß an unterschiedlichen Themen an, die Planung, Bau, Finanzierung und Verwaltung von Bundesfernstraßen betreffen. Ich gebe zu, ich finde den Versuch des Angriffs eher mutig. Aber darauf kommen wir, wenn wir über den Blick zurück reden, sicherlich noch.
Ich will vorab sagen, wenn es um den Bundesverkehrswegeplan geht: Das ist nicht nur ein Bundesverkehrswegeplan, der sich mit Straßen beschäftigt. Es ist ein Bundesverkehrswegeplan, der sich mit Straße, mit Schiene und mit Wasserstraße beschäftigt. Wenn ich mir beispielsweise betrachte, was wir an großen Vorhaben am Schienenknoten Frankfurt und bei Strecken, Stichwort Frankfurt – Fulda und Frankfurt – Mannheim, haben, kann ich Ihnen sagen: Auch das wird uns in den nächsten Jahren besonders fordern.
Das ist auch nötig, denn wir müssen die Verkehrswege insgesamt betrachten, wenn wir von guter Infrastruktur reden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Zweitens, ein kurzer Blick zurück: Hier wurde ja das Bild gezeichnet, in Hessen verlottere die Infrastruktur. Ich glaube, es war Herr Lenders, der sagte, ein grüner Minister wolle bremsen. Herr Frankenberger hat sich dann mit der FDP verbrüdert. So haben die Brüder das mit der Sonne und der Freiheit übrigens nicht gemeint, aber das nur nebenbei.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD)
Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten einfach einmal einen kurzen Blick zurück werfen. Wir haben im Jahr 2015 im Bundesfernstraßenbau in Hessen 700 Millionen Euro verbaut. Das ist eine Summe, die es in der Geschichte des Landes Hessen noch nie – ich wiederhole: noch nie – gegeben hat. Wenn man zurückblickt, wie es in den Vorjahren war – jetzt kommen wir zum Thema „mutiger Setzpunkt der FDP“ –, stellt man fest: Da war es teilweise deutlich weniger, meine sehr verehrten Damen und Herren,
(Zurufe der Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
was im Bundesfernstraßenbau am Ende real umgesetzt worden ist. Deswegen verstehe ich den Vorwurf nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Ich will Ihnen noch etwas sagen. Wir tun das mit einem klaren Schwerpunkt, und dieser Schwerpunkt lautet: Erhalt und Sanierung vor Neubau. Ich bin ausdrücklich dafür, dass wir unsere Infrastruktur in einem guten Zustand erhalten bzw. wieder in einen guten Zustand bringen. Das ist unsere Aufgabe.
Ich will an dieser Stelle aber auch einmal sagen: Herr Kollege Norbert Schmitt – er ist gerade nicht da –
(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
hat gestern – da ist er – in seiner Haushaltsrede erklärt, wie lange er wegen des Staus jeden Tag zum Landtag braucht. Jetzt muss ich Ihnen sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen, es tut mir leid, aber wenn wir Geld verbauen und unsere Infrastruktur wieder in einen guten Zustand bringen wollen, dann geht das leider nicht ohne Baustellen. Es geht leider nicht ohne Baustellen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU –Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Ich weiß ja – –
Vizepräsident Wolfgang Greilich:
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schmitt?
Tarek Al-Wazir:
Später. – Ich weiß ja, dass viele Menschen momentan beispielsweise auf der A 3 zwischen Seligenstadt und Offenbach eher viele Probleme haben.
(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Das tut mir leid. Wir investieren, wie gesagt, so viel Geld wie selten zuvor – 2015 so viel Geld wie nie. Das hat dann eben auch Auswirkungen in Form von Baustellen. Aber die gute Nachricht: Wenn man dort einmal durch ist, ist die Infrastruktur nachher wieder in einem guten Zustand und deswegen dann auch leistungsfähig, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Der zweite Punkt ist die Frage, wie wir das machen – Stichwort „mutig“. Wenn ich mir anschaue, wie viel Geld im Landeshaushalt für Planung und Bauüberwachung, für die Beauftragung von Externen zur Verfügung steht, stelle ich fest, dass wir im Jahr 2014 bei 36,7 Millionen Euro waren und im Jahr 2015 auf 41 Millionen Euro gegangen sind. Im geltenden Haushalt des Landes für das Jahr 2016 liegen wir bei 47 Millionen Euro und für das Jahr 2017 stehen 54 Millionen Euro im Haushaltsentwurf. Den Finanzplan kennen Sie; er ist mit veröffentlicht. Im Jahr 2018 sind schon 65 Millionen Euro vorgesehen.
Das heißt, wir werden die Mittel für die Beauftragung von externen Planern und Bauüberwachung im Laufe dieser Legislaturperiode verdoppeln, meine sehr verehrten Damen und Herren,
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
damit wir unser Ziel, die Infrastruktur wieder in einen guten Zustand zu bringen, am Ende auch erreichen können.
Wenn ich mir überlege, wer in den vergangenen Jahren die Verkehrsminister gestellt hat, dann finde ich den Vorwurf, dass die jetzige Regierung nicht genug tue, mutig, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ein Blick auf die Personalausstattung hilft auch hier ein bisschen weiter: Von 2010 bis 2015 wurden bei Hessen Mobil 320 Stellen abgebaut.
(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))
Ungefähr die Hälfte davon waren Techniker und Ingenieure oder Verwaltungspersonal.
Ich habe dafür gesorgt, Herr Kollege Rentsch, dass wir im Jahr 2015 alle ausgeschiedenen Ingenieure erstmals wieder 1 : 1 ersetzt haben. Im Jahr 2016 haben wir 25 neue Stellen für Ingenieure geschaffen; das Sonderprogramm Brückensanierung wurde erwähnt. Das heißt, wir werden im laufenden Jahr erstmals wieder mehr Ingenieure einstellen als Beschäftigte ausscheiden.
Das hat zum Hintergrund, dass wir es ernst meinen und dass wir die Situation, die wir haben, berücksichtigen – nämlich eine Infrastruktur, die teilweise schlecht ist bzw. über die vergangenen Jahre schlechter geworden ist – und an diesem Punkt gegensteuern. Ich hoffe, dabei habe ich die Unterstützung des ganzen Hauses.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Torsten Warnecke (SPD))
Das hat auch Auswirkungen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir haben nämlich mit dafür gesorgt, dass wir in den letzten Jahren – diese externen Mittel sind nicht nur für Planung, sondern auch für Bauüberwachung und Ausführung gedacht – die Sonderprogramme des Bundes, die dieser aufgelegt hat, besser nutzen konnten als jedes andere Bundesland.
Das Sonderprogramm Brückensanierung des Bundes umfasst ungefähr 2 Milliarden € für die Jahre bis 2018. Wir gehen davon aus, dass 40 Prozent – ich betone: 40 Prozent – der Mittel des bundesweiten Programms Brückensanierung am Ende in Hessen verbaut werden. Damit fallen die Brücken nicht zusammen und werden nicht gesperrt, sondern wieder in einen guten Zustand gebracht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich hoffe, dass wir auch hier die Unterstützung des ganzen Hauses haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Torsten Warnecke (SPD))
Aber ich sage ganz ausdrücklich – und jetzt komme ich zu den schwierigen Fragen –: Wir brauchen nicht ständig Sonderprogramme des Bundes, die irgendwann am Beginn einer Legislaturperiode aus dem Hut gezaubert werden. Wir brauchen eine kontinuierliche und verlässliche Finanzierung, weil jede Maßnahme, die umgesetzt werden soll, vorher geplant werden muss. Sie muss zuvor geplant werden, und auch das schüttelt man nicht aus dem Ärmel; das dauert teilweise jahrelang, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das ist ein Teil des Problems, das wir jetzt haben, denn das, was in der Vergangenheit nicht geplant wurde, ist jetzt eben auch nicht umzusetzen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Judith Lannert (CDU))
An dieser Stelle brauchen wir Verlässlichkeit.
Die Strecken im Bundesfernstraßenbau sind inzwischen zu mehr als 80 Prozent in einem guten oder befriedigenden Zustand. Bei den Brücken, die oft noch aus den Sechziger- oder Siebzigerjahren sind, haben wir allerdings ein Problem. Das hängt unter anderem auch damit zusammen, dass die Planungen für den Erhalt oder die Erneuerung maroder Brücken immer aufwendiger und damit auch teurer werden.
Die 3 Prozent der Bausumme, die der Bund dem Land am Ende sozusagen erstattet – für Planung, Bauüberwachung, mit allem, was dazugehört –, reichen vorne und hinten nicht mehr aus, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir liegen im Schnitt bei beinahe 20 Prozent, und es gibt sogar Projekte – besonders aufwendige Brücken –, bei denen dieser Aufwand des Landes bis zu 30 Prozent der Bausumme beträgt. Am Ende bekommen wir 3 Prozent. Das ist auf die Dauer ein Problem und muss sich ändern, wenn wir die Erhaltungsinvestitionen stemmen wollen. Ich hoffe, dass wir auch an dieser Stelle die Unterstützung des ganzen Hauses haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Vizepräsident Wolfgang Greilich:
Herr Minister, ich darf auf die vereinbarte Redezeit hinweisen.
Tarek Al-Wazir:
Vielen Dank, ich komme gleich zum Schluss, Herr Präsident. – Ich will an dieser Stelle noch ausdrücklich sagen: Daran muss sich etwas ändern, denn so funktioniert es auf die Dauer nicht.
Jetzt noch zum Bundesverkehrswegeplan, an dieser Stelle nur ganz kurz; wir werden im Laufe des Herbstes oder zu Beginn des nächsten Jahres, wenn der Bundestag die Ausbaugesetze dann endgültig beschlossen hat, sicherlich noch einmal vertieft darüber reden. Ich will aber feststellen: Im alten Bundesverkehrswegeplan gingen im Bereich Straßen 7,3 % der Mittel nach Hessen, jetzt sind wir bei knapp 12 Prozent.
Auch hier ein kurzer Blick zurück. Ich muss sagen, Herr Lenders – Sie sitzen jetzt hinter mir –, ich finde Ihren Vorwurf, dass es nicht genügend geplante Projekte gebe, angesichts des Vorlaufs von Planungen ebenfalls mutig. Ich will nur einmal feststellen: Im laufenden Bundesverkehrswegeplan sind 126 Straßenprojekte im „Vordringlichen Bedarf“.
Von denen sind momentan 55 im Bau bzw. fertiggestellt. 71 sind es nicht.
Wenn man weiß, wann dieser Bundesverkehrswegeplan begonnen hat und wie die Laufzeit des Ganzen ist, dann finde ich, sollte man sich im Interesse der Sache – so man Interesse an der Sache hat – überlegen, wer da wann Verantwortung trug und was am Ende zu dieser Situation geführt hat. Wir werden uns natürlich Gedanken über die Frage machen, wie wir mit der Situation umgehen, dass der hessische Anteil auf 12 Prozent steigen wird.
Natürlich ist klar, dass wir eine Priorisierung vornehmen müssen. Er heißt ja Bundesverkehrswegeplan 2030. Da wird nicht alles im ersten Jahr gehen. Oberste Priorität werden sicherlich die Autobahnkreuze haben. Danach werden wir die anderen Projekte hinsichtlich der Dringlichkeit, der Verkehrssituation, der Wirtschaftlichkeit, des Planungsstandes und der Umweltauswirkungen bewerten, um zu einer sachgerechten Priorisierung zu kommen, damit wir am Ende real etwas umsetzen und nicht in die Situation geraten, wie wir sie teilweise jetzt haben bzw. in der Vergangenheit hatten.
Einige wenige letzte Sätze zur Bundesfernstraßenverwaltung. Meine Position ist bekannt. Ich glaube nicht, dass das am Ende dazu beitragen würde, dass es besser wird, wenn man das auf Bundesebene konzentriert. Ich habe das jetzt einmal vorsichtig ausgedrückt. Aber ich will ausdrücklich sagen, dass wir alles dafür tun, dass die Länder ihre Aufgaben erfüllen können. Dazu brauchen wir aber die Unterstützung des Bundes. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass man an der einen oder anderen Stelle bei der Auftragsverwaltung etwas effizienter oder besser machen kann.
Meine Erfahrung ist: Zentralisierung sorgt nicht dafür, dass man näher an den Problemen dran ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir sind gespannt, wie die Diskussion da weitergehen wird.
Ich freue mich, dass ich die Gelegenheit hatte, einmal darzustellen, was die Hessische Straßenbauverwaltung, Hessen Mobil, in den letzten Jahren geleistet hat und was wir tun müssen, damit die Situation in den nächsten Jahren besser wird. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Wolfgang Greilich:
Vielen Dank.

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