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13.10.2016
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner: Lehrplan Sexualerziehung

Herr Präsident, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kollege Degen! Herzlichen Dank für das Lob für den Lehrplan Sexualerziehung, den die Landesregierung nach den Sommerferien in Kraft gesetzt hat. Dieser Lehrplan ist ein weiteres Element der Politik dieser Landesregierung, die sich für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft einsetzt, für eine Gesellschaft, in der jeder Mensch unabhängig von seiner sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität frei von Anfeindungen leben kann, sich nicht benachteiligt fühlen muss und die Erfahrung macht, er ist genau so in Ordnung, wie er oder wie sie ist.

(Beifall bei Beifall dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb haben wir die Antidiskriminierungsstelle auf den Weg gebracht, und deshalb arbeiten wir an einem umfangreichen Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt. Aber deshalb war es auch richtig und wichtig, den Lehrplan Sexualerziehung zu überarbeiten; denn er war aus dem Jahr 2007. Da war auch schon einiges überholt, aber 2016 war es endlich Zeit. Der kanadische Premier hat auf die Frage, warum er sich für Vielfalt und für Gleichberechtigung einsetzt, gesagt: Weil es 2016 ist. – Weil es 2016 ist, brauchte es auch eine Überarbeitung dieses Lehrplans, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Denn gerade in Schulen findet teilweise noch Diskriminierung statt. Auf Schulhöfen ist „schwule Sau“ noch ein oft gebrauchtes Schimpfwort. Wir wissen aus der Forschung, dass es gerade homosexuelle Schülerinnen und Schüler sind, die überproportional häufig Selbstmord begehen, weil sie ihren Platz in der Gesellschaft nicht finden, weil sie sich nicht angenommen fühlen. Das muss uns alle zum Handeln verpflichten, sodass auch diese Schülerinnen und Schüler stolz sagen und erleben können, es ist gut so, wie ich bin.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der LINKEN)

Jetzt gibt es einige – Herr Kollege Degen hat das angesprochen –, die etwas merkwürdige bis wirre Debatten führen und die Frage stellen, wie sich heterosexuelle Schülerinnen und Schüler fühlen, wenn sie im Schulunterricht damit konfrontiert werden, dass es Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transsexuelle und Intersexuelle gibt.

Meine Damen und Herren, ich frage einmal zurück: Wie haben sich bislang in unseren Schulen die Schülerinnen und Schüler gefühlt, die in der Pubertät gemerkt haben, ich bin schwul oder ich bin lesbisch, aber meine Orientierung und mein Lebensstil kommt in der Schule gar nicht vor? Wie haben sich diese Schülerinnen und Schüler gefühlt?

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der LINKEN)

Wie hat sich die Tochter einer lesbischen Mutter gefühlt, wenn das Lebensmodell, das 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr ihre Realität war, in der Schule und im Unterricht gar nicht vorkam? Ich füge hinzu: Wie haben sich die heterosexuellen Schülerinnen und Schüler gefühlt, für die es in ihrem familiären Umfeld völlig normal ist, Schwule und Lesben zu haben, mit ihnen befreundet zu sein und mit ihnen zusammen zu sein, wenn diese Lebenswirklichkeit des Jahres 2016 in unseren Schulen gar nicht vorkam?

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der LINKEN und der FDP)

Deshalb geht es auch um Akzeptanz und nicht um Toleranz. Es geht nicht darum, an unseren Schulen zu vermitteln, dass schwule und lesbische Schülerinnen und Schüler toleriert, also ertragen werden, sondern es geht darum, dass alle Schülerinnen und Schüler in unseren Schulen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und unabhängig von ihrer geschlechtlichen Identität die Erfahrung machen: Ich bin gewollt, ich habe einen Platz in dieser Gesellschaft, und ich bin genau so richtig, wie ich bin.

(Beifall bei dem BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der LINKEN)

Wir wollen, dass jede Schülerin und jeder Schüler sagen kann: Ich bin stolz darauf, was ich bin und wie ich bin. – Deshalb sind wir GRÜNE stolz darauf, dass genau diese Philosophie jetzt Gegenstand des Lehrplans ist. Deshalb nehmen wir auch stolz an der Demonstration für diesen Lehrplan teil und sind Teil des Bündnisses für diesen Lehrplan. Das demonstrieren wir am 30. Oktober. Denn wir wollen ein Zeichen für diesen Lehrplan, für Akzeptanz und für Vielfalt setzen.

(Beifall bei dem BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der LINKEN)

Das war es, was in der Sache zu dem Thema zu sagen ist.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr gut!)

Alles andere sind die Spielchen des Parlamentarismus. Die Opposition macht Anträge. Die Regierung macht Anträge. Wir wissen alle, wann man wie zustimmt.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

In der Sache sind wir uns hoffentlich alle in diesem Haus einig, dass wir für Akzeptanz und für Vielfalt stehen und dass jede Schülerin und jeder Schüler so in Ordnung ist, wie sie oder er ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD)

 

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