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09.06.2011
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner: Große Anfrage - Verbot der Benachteiligung nach den Besitzverhältnissen der Eltern an den Schulen in freier Trägerschaft

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Damit in diese Debatte von Anfang an kein falscher Zungenschlag kommt, möchte ich als Allererstes sagen, dass die allermeisten Schulen in freier Trägerschaft eine wichtige und notwendige Bereicherung unseres Schulwesens in Hessen sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Diese Schulen in freier Trägerschaft sind in unserem Grundgesetz und in unserer Hessischen Verfassung garantiert. Aus gutem Grund haben Eltern in unserem Bundesland und in der Bundesrepublik die Möglichkeit, wenn sie mit dem pädagogischen Angebot an den öffentlichen Schulen nicht zufrieden sind, Angebote in freier Trägerschaft zu gründen.

Im Grundgesetz und in der Hessischen Verfassung steht aber auch, dass für diese Schulen in freier Trägerschaft das sogenannte Sonderungsverbot gilt. Das heißt: Wenn sich Eltern entschließen, eine Schule in freier Trägerschaft zu gründen, dann darf diese Schule nicht durch die Höhe ihres Schulgeldes Schülerinnen und Schüler von dem Besuch dieser Schule ausschließen. Denn sonst würden wir ein gespaltenes Schulwesen bekommen. Sonst würden wir ein Schulwesen bekommen, bei dem der Geldbeutel der Eltern entscheidend dafür ist, welche schulische Bildung man sich leisten kann. Ich glaube, das kann und darf nicht in unserem Interesse hier im Hessischen Landtag sein.

Genau das war der Grund, warum wir diese Große Anfrage gestellt haben. Wir wollten wissen: Wie haben sich die Schulgelder an den Ersatzschulen und den Ergänzungsschulen entwickelt? Wir wollten wissen: Wie kontrolliert das Kultusministerium die Entwicklungen der Schulgelder? Wie ist sichergestellt, dass das in der Verfassung verbriefte Sonderungsverbot, dass also Kinder nicht anhand der Besitzverhältnisse der Eltern benachteiligt werden dürfen, in Hessen gewährleistet ist? – Da müssen wir leider sagen, dass die Antworten der Landesregierung außerordentlich dürftig sind, was diesen Bereich betrifft.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man es einmal zusammenfasst, Frau Ministerin, stellt sich heraus: Sie wissen es eigentlich gar nicht. Sie prüfen bei der Genehmigung einer Schule, und danach sind Sie mehr oder minder darauf angewiesen, ob Sie von den Schulen Meldungen bekommen, wenn sie etwas verändern. Es gibt kein geregeltes Verfahren, wie geschaut wird, ob die Schulen tatsächlich die Bedingungen des Sonderungsverbotes einhalten.

Ich glaube, Sie tun damit den vielen bewährten Trägern von Schulen in freier Trägerschaft keinen Gefallen. Denn wir müssen feststellen, dass wir in den letzten Jahren zunehmend Neugründungen von Schulen in freier Trägerschaft haben, die eben nicht von diesen bewährten Trägern stammen. Ich sehe auf der Besuchertribüne, dass wir Vertreter von zwei bewährten Trägern hier haben, und zwar vom Montessoriverband und vom Verband der Waldorfschulen. Sie sind ausdrücklich nicht gemeint, wenn ich jetzt weiter über Schulen in freier Trägerschaft rede. Auch die Kirchen sind nicht gemeint. Auch die freien Alternativschulen sind nicht gemeint.

(Zuruf des Abg. Norbert Kartmann (CDU))

Konkret, Herr Kollege Kartmann, meine ich die Schulen, die mit extrem hohen Schulgeldern neu gegründet werden und bei deren pädagogischem Konzept ganz große Fragezeichen angebracht sind, ob hier wirklich das pädagogische Konzept im Vordergrund steht, oder ob hier im Vordergrund der Wunsch steht, dass man eben doch sondern und segregieren will.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese Schulen und diese Träger von den bewährten Trägern zu trennen und die bewährten Träger vor diesen Schulen in Schutz zu nehmen, sollte unser aller Auftrag sein. Deshalb müsste man sehr viel sauberer hinschauen, als Sie das tun, Frau Ministerin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Gleiche gilt auch bei den Ergänzungsschulen. Da schauen Sie noch laxer hin. Wir hatten ja das Beispiel einer Schule in Dreieich, was auch relativ breit durch die Presse ging, wo sich eben nicht daran gehalten wurde, dass man nicht alle Schülerinnen und Schüler aufnehmen darf, sondern nur ganz bestimmte Kinder. Wenn diese Schule in ganzseitigen Anzeigen in Zeitungen wirbt, diese Schule zu besuchen, dann hat man doch sehr große Zweifel, ob dieser Schule klar ist, dass sie eben kein Bildungsangebot an alle Schülerinnen und Schüler macht, sondern nur an einzelne.

Deshalb glaube ich, dass es im Interesse der bewährten Träger sehr richtig ist, wenn wir hier genauer hinschauen. Wenn Schulen nur deshalb gegründet werden, um über die Höhe des Schulgeldes bessere Bedingungen für einzelne Schülerinnen und Schüler zu erreichen, dann sollten wir diesen Schulen ganz klar die rote Karte zeigen und sagen: Das hat nichts mit den Schulen in freier Trägerschaft zu tun, die wir uns wünschen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Frage des Schulgeldes – –

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Herr Kollege Wagner, ich darf Sie bitten, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Mathias Wagner:

Selbstverständlich, Frau Präsidentin.

Die Frage des Schulgeldes hat auch etwas mit der staatlichen Finanzierung der Ersatzschulen zu tun. Frau Ministerin, hier müssen wir sehr schnell zu einem neuen Finanzierungsmodell kommen, damit wirklich für die Schulen in freier Trägerschaft gilt und gelten kann, dass eine Sonderung nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht stattfindet. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Herr Wagner.

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