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13.07.2016
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Marcus Bocklet: Zuverlässiger und effektiver Rettungsdienst in Hessen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein solcher Setzpunkt ist in der Tat immer eine Möglichkeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen und eine Analyse vorzunehmen, eine Zustandsbeschreibung für den Rettungsdienst, einerseits und andererseits zu fragen: Vor welchen Herausforderungen stehen wir?
(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Ich kann Ihnen sagen: Es gehört nicht zu den Pflichtaufgaben, sich bei allen Akteuren zu bedanken.
Manchmal ergibt es sich, dass Tagesordnungspunkte den Fokus auf die eigene Biografie lenken. Ich war mit dem Schreiben meiner Rede fertig, da fiel mir auf, dass ich eigentlich Jahrzehnte lang selbst Betroffener war. Das vergisst man dann. Mein Vater war über 40 Jahre lang bei der Berufsfeuerwehr Frankfurt und hat zehn Jahre lang selbst als Rettungssanitäter im Notarztwagen 5 in Frankfurt-Höchst gearbeitet. Ich kann Ihnen berichten, dass ich gute Einblicke gewinnen konnte, dass diese Arbeit, dieses Engagement nicht immer einfach in der Einsatzkleidung hängen blieb, wenn man als Rettungssanitäter zu bestimmten Unfällen gefahren war oder was man so alles erlebt hat. Ich kann Ihnen berichten, das ist nicht immer nur eine schöne Angelegenheit.
Aus dieser persönlichen Sicht kann ich nur nochmals allen Personen, Männern und Frauen, die in den Rettungsdiensten arbeiten, zu Lande, zu Wasser und in der Luft, allerherzlichsten Dank für ihr Engagement sagen. Das ist mehr, als man erwarten darf.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie der Abg. Lisa Gnadl (SPD))
Zu einer Bilanz gehört auch eine nüchterne Analyse. Ich finde es selbst manchmal ein bisschen müßig, immer wieder in Superlativen zu reden. Bei einer Bilanz aber ist es tatsächlich so, dass man sagen kann, wo man führt und wo man noch Nachholbedarf hat.
Wenn man sich als Bundesland – und die CDU hat das vor vielen Jahren eingeführt – selbst als ehrgeiziges Ziel gesetzt hat, die kürzeste Hilfsfrist aller Flächenländer einzuführen, dann ist das erst einmal lobenswert.
Ich weiß, vom hr gab es auch andere Berichterstattungen. Aber wir wissen auch: Beim Rettungsdienst in Hessen ist bereits die zweiminütige Dispositions- und Ausrufzeit von zwei Minuten darin enthalten – Frau Dr. Sommer. Man hat dann bei 70 Prozent der Einsätze den Notfallort bereits nach acht Minuten erreicht. Das finde ich ein sehr respektables, lobenswertes Ergebnis.
(Beifall des Abg. Manfred Pentz (CDU))
Damit meint natürlich niemand hier im Saal, wir sollten aufhören, daran zu arbeiten, damit es nicht nur 90 Prozent sind, sondern damit man nahe an die 100 Prozent herankommt.
(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist aber wirklich ein bundesweit tolles Ergebnis.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Wir haben die kürzeste Rüstfrist aller Flächenländer. Wir haben ein dichtes Netz an Rettungswachen. Wir haben ein fantastisch dichtes Netz an Luftrettungsstationen – auch das übersieht man gerne einmal.
Hubschrauber sind nämlich ein ganz wesentlicher Teil der Ausstattung der Rettungsdienste, gerade bei Notfalleinsätzen. Mit der Abdeckung des Gebiets um Gießen ist der letzte weiße Fleck auf der Landkarte Hessens beseitigt worden.
Wir berücksichtigen als erstes Bundesland die sogenannte Golden hour, weil man festgestellt hat, dass es in der Notfallversorgung logischerweise nicht nur wichtig ist, innerhalb von zehn Minuten am Notfallort zu sein, sondern auch, dass man einen Patienten relativ schnell in ein Krankenhaus bringt, damit er dort schnell und qualitativ hochwertig versorgt wird. Auch hier ist das Bundesland Hessen weit vorne.
Wir haben hervorragende Maßnahmen zur Vorbereitung auf Großschadensereignisse neu eingeführt. Gerade angesichts einer erhöhten Terrorgefahr müssen wir uns noch mehr darum kümmern, wie die Rettungsdienste ihre Kapazitäten sinnvoll und koordiniert zusammenführen können. Auch hierfür ist der Erlass von 2014 eine richtungsweisende Entscheidung. Er wird dazu führen, dass man in Hessen das gute Gefühl haben kann, dass dieses Bundesland, sollten solche schrecklichen Ereignisse eintreten, gut aufgestellt ist.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Hessen ist außerdem das erste Bundesland, das damit begonnen hat, Notfallsanitäter auszubilden – weil wir wissen, dass die präklinische Versorgung enorm wichtig ist, weil wir wissen, dass es entscheidend dazu beitragen kann, dass Leben gerettet werden, wenn ein Rettungssanitäter bei einem Notfall weiß, was er tun muss. All das führt, finde ich, in der Tat zu einer guten Bilanz.
Frau Dr. Sommer, ich finde die Diskussion, wie sie geführt wird, sehr sachlich. Sie haben natürlich auch Punkte genannt, bei denen man sagen muss: Wir wollen als Bundesland hier nicht stehen bleiben. Sie haben die richtigen Fragen gestellt, und ich will die Herausforderungen benennen, vor denen wir in der Gesundheitspolitik – in dem Fall bei den Rettungsdiensten – stehen.
Nach meiner Ansicht müssen wir drei Themenfelder besonders in den Fokus stellen.
Erstens den demografischen Wandel, insbesondere im ländlichen Raum. Dort stehen viele Krankenhäuser vor großen Problemen, überhaupt weiterbetrieben werden zu können. Die wenigsten der vielen Krankenhäuser, die ich besucht habe, schreiben eine schwarze Null; die meisten machen große Verluste. Man muss tatsächlich die Notwendigkeit im Auge behalten, dass ein Rettungssanitäter zügig ein Krankenhaus oder eine andere geeignete Einrichtung anfahren kann. Das ist völlig unstrittig. Darauf liegt bei der Krankenhaus- und der Notfallversorgungsplanung natürlich ganz wesentlich der Fokus.
Das zweite Thema wird sein, dass sich in der Tat die Krankheitsbilder verändern. Darauf wird man bei Anpassungen im Rettungsdienstwesen und bei Vorqualifikationen achten müssen.
Drittens. Wir werden auch die Veränderung in den Krankenhausstrukturen insgesamt beobachten müssen, insbesondere die Frage: Wie wird sichergestellt, dass die Krankenhäuser tatsächlich jeden Notfall aufnehmen können?
Diese drei Themenfelder sehen auch wir in der Koalition. Ich will noch einmal herzlichen Dank für die Anmeldung dieses Setzpunktes sagen, denn ich finde es richtig, dass man über solche Themen redet, wenn sie nicht in der Krise sind und nicht täglich im Fokus der medialen Berichterstattung stehen, wenn man auch ihnen einmal Aufmerksamkeit schenkt und das mit einer Analyse der Lage verbindet.
Ich finde, das Ergebnis der Analyse ist kein Jubelgeheul, sondern es ist eine sachliche Feststellung, dass wir an der Stelle in vielen Bereichen sehr gut aufgestellt sind. Wir können den Menschen in diesem Land sagen, dass wir uns um dieses Thema kümmern und dass wir wissen, dass das ein ganz wichtiger Punkt der Daseinsvorsorge ist. Frau Bächle-Scholz wird mir recht geben: Wir scheuen an dem Punkt keine Diskussion darüber, was wir verbessern können – in Kooperation mit den Rettungsdiensten, mit anderen Akteuren, mit den KV, den Ärztekammern und allen, die sich sonst noch beteiligen wollen. Wir sind so aufgestellt, dass wir uns jede Frage der Zukunftsplanung und einer guten Versorgung selbstkritisch stellen können, und wir werden weiterhin daran arbeiten, noch besser zu werden, als wir es schon sind.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

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