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19.05.2016
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Marcus Bocklet: Verantwortungsvolle Sozialpolitik für alle Menschen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kollegen Grüttner, Hahn und Bocklet sind besonders aufgeregt: Wir sind mental schon fast auf dem Weg ins Frankfurter Waldstadion und machen uns große Sorgen um den Bundesligaerhalt von Eintracht Frankfurt. Aber jetzt gilt es, sich den tatsächlich wichtigen Dingen des Lebens zu widmen, hier: der Frage des sozialen Zusammenhalts in diesem Lande.
Ich möchte begründen, warum wir diesen Entschließungsantrag als Setzpunkt aufgerufen haben. Es geht nämlich um eine sehr ernste Situation. Viele Menschen in diesem Land haben Sorge, von der Teilhabe an der Gesellschaft abgehängt zu werden. Arbeitnehmer und Angestellte haben Sorge, im Falle von Arbeitslosigkeit in einen sozialen Abstieg zu geraten. Jugendliche haben Sorge, ob sie in der Erwachsenenwelt tatsächlich Chancen haben, ob ihnen dort ein Platz geboten wird, ob eine gute Schulbildung, Ausbildung oder ein Studium ihnen tatsächlich eine Möglichkeit zur Teilhabe an der Erwachsenenwelt und zur Gestaltung ihrer Zukunft gibt. Ältere Menschen haben Sorge um die Rente, haben Sorge, ob sie ihren Lebensstandard werden halten können. Menschen in unterschiedlichsten Lebenslagen, beispielsweise Verschuldete, sorgen sich, ob man sie unter Umständen vergessen wird oder ob da ein Sozialstaat ist, der ihnen Hilfe bietet, wieder auf die Füße zu kommen.
Andererseits erleben die Menschen täglich in den Medien, dass die Reihe der schlechten Nachrichten nicht abreißt: Probleme in der Wirtschaft, Finanzkrisen, Bürgerkriege, Flucht, aber auch Probleme in den Sozialsystemen.
In diesen Zeiten gilt es, darüber zu sprechen, dass diese Sorgen ernst zu nehmen sind, zum Teil verständlich sind, aber auch klar zu sagen, was der Staat – in diesem Fall das Land – tut, damit niemand zurückgelassen wird. Dazu gehört auch, zu sagen, dass es eine Fülle von Angeboten gibt, die garantieren sollen, dass der soziale Zusammenhalt in diesem Land gewährleistet werden kann.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Wir sind der Auffassung, dass der, der von Menschen verlangt, Risiken in einer immer flexibler werdenden Welt einzugehen, auch zeigen muss, dass es Sicherheiten gibt, wenn diese Risiken tatsächlich zu Nachteilen führen. Dabei haben wir einen Ansatz, den wir auch im Koalitionsvertrag hinterlegt haben, der besagt: Wir wollen allen Menschen die Chance geben, ihr Leben aktiv selbst zu gestalten.
Eine wirkungsvolle Sozialpolitik grenzt niemanden aus, sondern schafft Chancengerechtigkeit für alle, unabhängig von sozialer Herkunft, Alter, Geschlecht oder kulturellem Hintergrund. Dieses Ziel bleibt eine Daueraufgabe, der wir uns täglich stellen müssen. Es wird aber nie zu seiner Vollendung kommen, sondern es wird täglich zu überprüfen sein, wann wir bei sozialen Problemlagen weiterhin unterstützend eingreifen müssen.
Es ist die Aufgabe demokratischer Parteien, diese Befürchtungen aufzugreifen und zu verhindern, dass populistische Gruppierungen mit scheinbar einfachen Lösungen auf Stimmenfang gehen können. Eine Wirkungsvolle Sozialpolitik grenzt niemanden aus, sondern schafft wirkliche Chancengerechtigkeit. Sie trägt dazu bei, dass diese Gesellschaft auch dauerhaft einen sozialen Zusammenhalt bieten kann.
Wir haben gesagt, wir wollen allen Menschen, die Hilfe benötigen, Hilfe anbieten. Wir wollen dort eingreifen, wo sich Menschen nicht selbst helfen können, und werden diesen Menschen Angebote machen. Wir wollen unseren heutigen Setzpunkt dazu nutzen, aufzuzeigen, dass das nicht nur leere Sprüche sind, sondern dass das Land Hessen – das gilt gleichermaßen für den Bund und die Kommunen – eine Fülle von Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, die zeigen, dass wir keine gesellschaftliche Gruppe gegeneinander ausspielen, dass Mittel für alle zur Verfügung stellen werden, die in soziale Notlagen gekommen sind oder die schutzbedürftig sind.
Ich will die Situation nochmals beschreiben, weil ich finde, es ist notwendig, sie zu beschreiben und so auch zu hinterlegen.
Wir haben ein um 35 Prozent erhöhtes Sozialbudget aufgelegt, das soziale Initiativen und Menschen in Notlagen umfangreiche fördert. Ich will es kurz erwähnen: Wir haben Schuldnerberatungsstellen für Menschen, die von Armut bedroht sind oder unverschuldet in diese Situation gekommen sind. Die Mitarbeiter zeigen einen Ausweg aus der Schuldenspirale auf und leisten damit einen Beitrag zur Verhinderung von Armut.
Wir haben umfangreiche Ausbildungs- und Arbeitsmarktprogramme aufgelegt. Ich nenne hier nur beispielhaft die Ausbildung für Hauptschüler und QuABB, eine begleitete Ausbildung. Sie signalisieren den Jugendlichen: Wer möchte, dem werden wir helfen, über eine Ausbildung die Teilhabe an der Gesellschaft zu erlangen.
Für Arbeitslose oder auch für ungelernte Beschäftigte gibt es das Programm „ProAbschluss“; Zielgruppe sind Ungelernte ab 27 Jahren. Für Langzeitarbeitslose haben wir ein eigenes Landesprogramm entwickelt, das ihnen dabei hilft, einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen und sich gleichzeitig praxisnah zu qualifizieren. Wir wollen Langzeitarbeitslosen, die schon länger im Sozialhilfesystem sind, Möglichkeiten bieten, sich wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir wollen diese Zielgruppen, sowohl Langzeitarbeitslose als auch Jugendliche, nicht vergessen. Für sie haben wir ein Bündel von Maßnahmen auf den Weg gebracht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)
Verschuldete und arbeitslose Jugendliche ohne Ausbildung habe ich schon erwähnt. Aber wir haben auch an die Familien gedacht; denn um der Armut im Alter zu entgehen, ist es besonders wichtig, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet ist. Bei der Kinderbetreuung ist ein Ausbau sowohl in qualitativer als auch in quantitativer unser Ziel, um die Familien zu unterstützen. Dazu gehören auch Familienzentren.
Wir haben umfangreiche neue Programme aufgelegt. Ich nenne nur den weiteren Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen. Aber ich sage Ihnen auch, dass wir 10 Millionen Euro für die gemeinsame Betreuung von nicht behinderten und behinderten Kindern bereitgestellt haben: 10 Millionen Euro für die Inklusion in den Kindergärten. Das ist ein gutes Zeichen. Alle Familien sollen eine gute Betreuung für ihre Kinder bekommen. Auch die Zielgruppe der Familien, in denen beide Elternteile arbeiten wollen, vergessen wir nicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Über die Bildungspolitik haben wir vorhin ausführlich diskutiert. Aber ich will wenigstens Stichpunkte nennen: Mit dem neu eingeführten Sozialindex werden wir Schulen in einem schwierigen sozialen Umfeld dabei helfen, die sozialen Probleme zu bearbeiten. Wir haben das Umsetzungskonzept Inklusion, das die Möglichkeiten der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf verbessert. Auch das sind soziale Probleme, die wir im Bildungssektor angegangen sind.
Das Sprachförderkonzept, das vom HKM aufgelegt worden ist, bietet eine Fülle unterschiedlichster Maßnahmen an. Zum Beispiel haben wir dort insgesamt über 2.000 neue Lehrerstellen zur Verfügung gestellt. Das heißt, auch der Bildungsbereich, der dafür Sorge trägt, dass Schülerinnen und Schüler über eine gute Bildung den Weg in den Arbeitsmarkt und damit auch zu Wohlstand und Teilhabe an der Gesellschaft finden, ist angegangen worden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Viele Menschen im Lande Hessen sorgen sich um günstigen Wohnraum. Das ist tatsächlich eine große Baustelle und eine große Daueraufgabe. Aber auch hier will ich lobend erwähnen, dass in dieser Legislaturperiode rund 1 Milliarde Euro dafür bereitstehen. Wir hoffen, am Ende dieser Legislaturperiode rund 30.000 zusätzliche Wohnungen geschaffen zu haben. Wir müssen den Menschen signalisieren: Es ist ein Problem, in der Politik haben wir es erkannt, und wir setzen alles daran, dass das Land und vor allem die Kommunen diese Wohnungsnot nicht weiter verschärfen, sondern gezielt dagegen angehen. Wir wollen, dass jeder Mensch preisgünstigen Wohnraum finden kann.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Wir wollen uns um Menschen kümmern, die sich um die Rente Sorgen machen. Über die Deutschland-Rente haben wir schon diskutiert. Wir wollen, dass die Menschen nicht in Altersarmut geraten. Wir wollen, dass Jugendliche am Leben teilhaben und sich schnell integrieren können. Wir wollen, dass Menschen preisgünstigen Wohnraum finden, dass sie Arbeit finden und dass Ungelernte besser qualifiziert sind und dauerhaft in Arbeit bleiben.
Ich habe in den letzten zehn Minuten anhand dieser Beispiele zeigen wollen, dass wir die Sozialpolitik umfangreich verstärkt haben, was deutlich macht, dass wir keine Gruppe, die von Armut betroffen ist, und auch keine Menschen in sozialen Problemlagen zurücklassen wollen. Wir wollen auch keine Gruppen gegeneinander ausspielen. Wir haben mehrere 100 Millionen Euro bereitgestellt, um diesen Menschen zu helfen. Wir wollen in Hessen Chancengerechtigkeit und Teilhabegerechtigkeit ermöglichen. Wir wollen den sozialen Zusammenhalt in diesem Land stärken.
Ich bin mir sicher, wenn wir signalisieren und auch dokumentieren, dass wir dieses Ziel bearbeiten, fühlen sich weniger Menschen abgehängt, und weniger Menschen fallen auf politische Rattenfänger herein. Vielmehr sagen die Menschen stattdessen: Ja, wir sehen, das Land tut etwas für uns. Sie wollen uns helfen, wenn wir bereit sind, uns helfen zu lassen, damit uns die Teilhabe an dieser Gesellschaft gelingt. Es wird etwas für uns getan.
Das ist die zentrale Botschaft, die wir mit diesem Setzpunkt senden wollen. Sie ist durch die Aktivitäten der Landesregierung und durch das, was im Koalitionsvertrag von CDU und GRÜNEN steht, hinterlegt. Sie lautet ganz klar: In diesem Land findet eine Politik statt, bei der kein Mensch vergessen werden soll. Um alle Menschen, die Hilfe benötigen, werden wir uns kümmern. Wir sind auf einem guten Weg. – Ich danke Ihnen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet.

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