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25.06.2015
Portraitfoto von Marcus Bocklet

Marcus Bocklet: Solidarität mit den Streikenden bei der Deutschen Post AG – keine Genehmigung von Sonntagsarbeit durch das Land Hessen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste! Was man als Vorbemerkung vorausschicken muss, ist, dass man für jeden, der nicht jeden Tag im Parlament ist, erwähnen muss, dass mit dem Stichwort der Tarifautonomie gemeint ist, dass der Staat in keinerlei Auseinandersetzung der Arbeitskämpfe eingreift, dass er neutral bleibt.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

– Herr Schaus, ich komme gleich zu Ihnen. – Wir haben derzeit mehrere Arbeitskämpfe, die sich zum Teil in Schlichtung befinden: die Erzieherinnen und Erzieher bei den Kitas, die Lokführer, die Flugbegleiter drohen mit Streik, und es gibt den Streik bei der Post. An dieser Stelle haben wir schon mehrfach betont, dass es klug ist, dass das Neutralitätsgebot des Staates gilt, und zwar in alle Richtungen. Das sollte man an dieser Stelle noch einmal betonen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Zweite Vorbemerkung. In all diesen Arbeitskämpfen geht es um bessere Entlohnung, gute Arbeitnehmerrechte, gute Arbeitsbedingungen. Wie wir hier im Saal sind, kann ich Ihnen in dieser Abstraktheit, ohne eingreifen zu wollen, auch für die GRÜNEN sagen: Wir wünschen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gute Bezahlung für gute Arbeit, gute Arbeitnehmerrechte, dass ihnen die Arbeit Spaß macht und sie vor allem nicht entlassen werden. In diesem Punkt sollten wir uns einig sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Drittens. Ich habe eine persönliche Meinung dazu, ich war auch selbst Betroffener. Ich war bei einem großen sozialen Träger, als ich als Sozialarbeiter gearbeitet habe, und konnte mitbekommen, was es bedeutet, wenn ein großer Träger immer mehr in GmbHs auslagert, mit billigeren Tarifen arbeitet. Meine persönliche Meinung dazu ist klar: Ich finde so etwas unanständig. Ich finde, es ist ein Unterlaufen einer fairen Tarifpolitik.
Andererseits muss man in dieser Stunde sagen: Für Politiker und für das Parlament ist das ein Schritt zu weit, als Außenstehende jeweils die eine oder andere Seite zu kommentieren und zu sagen: Denen geht es gut, die dürfen es machen, oder denen geht es schlecht, die dürfen es nicht mehr machen, oder die haben eine Krise, die dürfen alle Rechte über den Haufen werfen.

Ich glaube, wir müssen konsequent sein und uns treu bleiben. Wir sollten in solchen Situationen unsere Nichteingriffsverpflichtung ernst nehmen, auch in solchen Situationen wie jetzt, und das heißt einfach: kein Kommentar.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU)

Jetzt hat Herr Schaus zu Recht einen Punkt angesprochen. Frau Kollegin Wissler, Sie haben Nordrhein-Westfalen zitiert. Der Sprecher vom NRW-Arbeitsministerium sagte: Für Sonntagsarbeit hat die Post Sondergenehmigungen, dies sei Routine.

Jetzt kommen wir zu einem Punkt, wo wir beide sehr einig sind. Es ist offensichtlich Routine, dass es Sondergenehmigungen für die Post gibt. Sie werden uns sicher an Ihrer Seite haben, wenn es so ist – das werden wir überprüfen –, dass die routinehafte Sondergenehmigung für die Sonntagsarbeit tatsächlich signifikant verstärkt verwendet wurde, um die durch den Streik freitags und montags aufgelaufene Arbeit abzuarbeiten. Wenn dem so ist, dann ist das klipp und klar illegal. So einfach ist das, und dann muss es mit einem Bußgeld geahndet werden. So ist genau die Situation.

(Zuruf der Abg Janine Wissler (DIE LINKE))

– Was NRW sagt, ist eine Sache. Es gibt unterschiedliche Verteilzentren. Es kann in jedem Verteilzentrum anders gewesen sein. Äpfel mit Birnen zu vergleichen macht keinen Sinn.

(Zurufe von der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Kollege Bocklet, Herr Kollege Lenders möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Marcus Bocklet:

Ich habe nur noch 1:27 Minuten Redezeit!

– So lange braucht er nicht. Aber machen Sie erst einmal weiter.

Marcus Bocklet:

Ich will diesen Streitpunkt klar benennen. Es ist zulässig, in bestimmten Situationen sonntags zu arbeiten. Es ist nicht zulässig, diese Sonntagsarbeit signifikant zu erhöhen, um den Streik zu unterlaufen. In dem Punkt sind wir uns einig. Aber das können weder Sie noch ich in dieser Stunde beurteilen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wenn dem so ist, ist das bußgeldbehaftet. Genau das ist überall gleich. Wenn das RP Darmstadt für sich sagt, in diesem speziellen Verteilzentrum, in dieser speziellen Region ist es nicht so gewesen, es war zulässig, dann war es zulässig. Dann kann man nicht von außen sagen, dass ein Streik unterlaufen wurde, genauso wenig wie wir sagen können, es war kein Streikbruch.

Ich bitte, das zu respektieren. Es gibt eine Prüfung jedes einzelnen Falles: Ist die routinemäßige Sonntagsarbeit signifikant angehoben worden oder nicht? Das gilt es zu prüfen. Aber schon von hier aus – wie war Ihr Wort von den Haustieren? – von Sauereien zu sprechen, das kann ich in dieser Stunde nicht.

((Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Es gibt mehrere Hinweise dafür, dass Sonntagsarbeit deutlich angehoben wurde, um die Folgen des Streiks abzumildern. Dann wäre das ein Unterlaufen des Streikrechts. Das gilt es zu prüfen. Wir werden uns dafür einsetzen, Informationen über diesen Fall herauszubekommen, und wir werden hier darüber berichten können.
In den letzten 20 Sekunden meiner Rede möchte ich den Streikenden viel Glück und Erfolg wünschen. Ansonsten gilt in dieser Stunde in diesem Haus: Wir haben eine Neutralitätspflicht, wir werden sie wahrnehmen und sollten auch bei den anderen Streiks nicht einseitig Position beziehen, obwohl wir eindeutige, klare persönliche Sympathien haben, und die habe ich auch gesagt. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Kollege Bocklet, lassen Sie in dieser historischen Stunde dem Kollegen Lenders eine Schlussfrage?

Marcus Bocklet:

Nein!

Vizepräsident Frank Lortz:

– Nein. Dann ist es auch gut.

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