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02.02.2016
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Marcus Bocklet: Änderung des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Wiesmann hat vieles richtig angedeutet und abgearbeitet. Kinderbetreuung in Hessen findet in der Tat eine Menge von täglichen Problemen vor. Vor allem die Eltern, die einen Betreuungsplatz suchen, suchen vielerorts noch. Eltern suchen eine hohe Qualität in der Kinderbetreuung.

Also ist doch die Frage, mit welchen Prioritäten man eine Kinderbetreuungspolitik umsetzt. Da bedarf es klarer Linien. Ich bin auch sehr froh und dankbar, dass wir gemeinsam mit der CDU an einem Strang ziehen, wenn wir sagen: Wir haben eine Fülle von Flächen in der Kinderbetreuung, die wir quantitativ noch ausbauen müssen. Wir wollen bei der U-3-Kinderbetreuung kontinuierlich ausbauen. Wir wollen bei den Ganztagsplätzen bei den Kindergärten weiter die Anzahl der Plätze erhöhen. Wir wollen in den Ausbau der Grundschulkinderbetreuung investieren. Das heißt, dass wir noch eine ganze Menge an quantitativem Ausbau zu erledigen haben. Ich glaube, wir machen kein Geheimnis daraus, dass das teuer ist.

Zweitens. Wir wissen auch um die Probleme, die angesprochen wurden: Durch die Umstellung im KiföG wird es im ländlichen Raum Probleme geben. Ist die Gruppengröße ideal? Müssen wir noch Freistellungen für Führungspersonal machen? – Andere Fragen werden gerade diskutiert. Gemeinsam haben wir am runden Tisch KiföG, den die Landesregierung einberufen hat, eine Evaluation in Auftrag gegeben. Diese läuft. Sie wird Ergebnisse zu der Frage bringen: Müssen wir noch bei der Qualität der Kinderbetreuung nachsteuern? Ich glaube, wenn es sich ergibt, dass man nachsteuern muss, wird das sicherlich auch nicht zum Nulltarif zu haben sein. Daraus machen wir auch kein Geheimnis.

Wenn man seriös Politik macht, weiß man, welche Stellschraube wie viel kostet. Damals hat Herr Grüttner nur gesagt, was es ausmachen würde, wenn man die Freistellung für Führungskräfte ausbauen würde. Da ging es gleich um Beträge von 80 Millionen Euro, wenn man nur kleine qualitative Nachsteuerungen umsetzen würde und z. B. die Gruppengrößen verändern würde. Dann reden wir also bei dem Thema Qualität in der Kinderbetreuung auch über potenziell hohe Kosten.

Wir haben uns das Ziel in Hessen gesetzt, Quantität und Qualität Schritt für Schritt weiter auszubauen. Wir haben in der frühkindlichen Bildung einen Schwerpunkt gesetzt. Da wird die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schritt für Schritt kontinuierlich daran arbeiten. Das kostet Geld.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dann ist es in der Tat auch eine Frage der Seriosität, mit welchen finanzpolitischen Prioritäten man arbeitet. Die Kollegen von der LINKEN waren da ja deutlich ehrlicher. Sie haben die Endausbaustufe mit 520 Millionen Euro schon einmal berechnet. Wir kamen auf rund 600 Millionen Euro. Man muss nur die Betreuungsplätze mit den Elternbeiträgen multiplizieren. Da haben das Hessische Statistische Landesamt und der Landesrechnungshof ja Beiträge geliefert. Diese muss man miteinander multiplizieren. Nach unserer Rechnung kämen wir auf 600 Millionen Euro. Die Frage ist in der Tat: Ist es das größte Problem der Eltern, jetzt zu dieser Stunde tatsächlich Kindergärten kostenfrei zu bekommen?

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Oder ist es nicht eher das Problem, überhaupt einen Platz zu finden und gute Qualität vorzufinden? Wenn die LINKE jetzt von links ruft, Herr Kollege Schaus und Frau Schott, es sei unter Umständen ein Problem, dass sich sozial schwache Menschen das nicht leisten können, dann müssen Sie aber zur Wahrheit auch beitragen, indem Sie sagen, dass Menschen mit geringen Einkommen die Wirtschaftliche Jugendhilfe haben. Einkommensschwache Einkommen haben die Möglichkeit, Zuschüsse zu bekommen.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Es ist auch in der Tat so: Wir haben bis zu 25 Prozent oder 30 Prozent der sozial Schwachen, die die Kindergartengebühren erstattet bekommen. Deswegen ist es keine Frage der Chancengleichheit.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Diese Kosten werden nämlich übernommen. Niemand, der arm ist, muss sein Kind zu Hause lassen. Das gehört auch zur Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Nein, Sie bauen da einen Popanz auf. Wer arm ist, bekommt das erstattet. Dann gibt es viele Kommunen, die zu Recht sagen: Wir haben eine Staffelung nach den Einkommen der Eltern. Auch das ist sozial ausgewogen. Es gibt keine Gründe zu sagen, aus finanziellen Gründen behalte ich mein Kind zu Hause. Die Zahlen sprechen doch eine eindeutige Sprache. Sie sprechen von den Migrationskindern. Sie sagen, viele Familien mit Migrationshintergrund ließen ihre Kinder zu Hause.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Wir konnten doch gerade im „Wiesbadener Kurier“ vom 28. Januar lesen: 94 Prozent aller Migrantenkinder sind in Kindergärten. Auch 93 Prozent der „biodeutschen“ Kinder sind in Kindergärten. Wir haben also doch eine extrem hohe Betreuungsquote. Erstens einmal stimmt die These nicht, dass Massen an Kindern zu Hause bleiben. Das stimmt überhaupt nicht. Es geht um einen sehr kleinen Teil. Und die Begründung, dass die Eltern sie aus wirtschaftlicher Notlage nicht hinschicken, ist durch nichts zu halten. Entweder sind sie durch die Sozialhilfe oder eine Staffelung angehalten hinzugehen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was bleibt also? Wie kann man sich finanzpolitisch verantwortlich bei dieser Frage verhalten? Will man Quantität und Qualität, oder machen wir jetzt tatsächlich schon die Gebührenfreiheit? Wer um die Summen weiß, über die wir reden, der muss sehen: Ich finde es – und das muss man so sagen – geradezu finanzpolitisch unverantwortlich. Ich sage das auch der LINKEN noch einmal ganz deutlich. Sie verweigern die Realität dauerhaft. Sie predigen zwar, dass man auf Bundesebene Steuern erhöhen möge, z. B. die Vermögensteuer und vieles andere mehr. Teile davon haben wir als Bundesgrüne bei den Steuern auch gefordert. Aber ich bitte Sie, auch zur Kenntnis zu nehmen, dass diese Bundesregierung, die wir haben, diese Steuergesetze nicht geändert hat. Wir haben nur diese Steuereinnahmen, die wir haben. Zu einer verantwortlichen Finanzpolitik gehört, dass man dann auch mit seinen Haushaltsmitteln verantwortlich umgeht. Da gilt die Priorität: Quantität und Qualität, und dann gibt es am Ende des Tages erst das Freibier.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Summiert man Ihre Haushaltsanträge, dann wird das selbst die Steuerforderungen der LINKEN um ein Vielfaches überfordern. Sie reden von Wohnungspolitik, Sozialbudget, Beamtengehälter, Schulen und vielem anderen mehr. Das sind Milliardenbeiträge, und jetzt kommt noch über eine halbe Milliarde on top für die gebührenfreien Kindergärten. Das ist doch alles nicht wirklich seriös bezahlbar. Das wissen Sie auch. Es geht um einen, wie ich finde, Linkspopulismus und darum, kurz vor der Kommunalwahl jetzt noch einmal zu punkten. Ich finde das fahrlässig. Das sage ich auch ganz ehrlich. Denn Sie wecken auch Erwartungen und Hoffnungen, die Sie wirklich, auch wenn Sie 51 Prozent im Landtag hätten, nicht erfüllen könnten. So fördern sie auch Politikverdrossenheit. Das ist unseriös und mit uns nicht zu machen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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