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26.06.2012

Kai Klose: Hessisches Gesetz über die soziale Wohnraumförderung

Herr Minister, ich danke für diese Überleitung.

Meine Damen und Herren! Herr Rentsch, ich möchte mit der Heimstätte anfangen. Ich danke Ihnen ausdrücklich dafür, dass Sie diesem Spuk heute hier ein Ende gemacht haben, und zwar ausdrücklich auch im Namen der vielen Mieterinnen und Mieter,

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU) – Gegenruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

die seit dem Interview von Finanzminister Schäfer extrem beunruhigt waren. Es gab dazu auch eine Petition in diesem Hause. Hier haben Sie mit Ihrem klaren Wort heute tatsächlich Erleichterung geschaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich finde es gut, dass inzwischen auch die Landesregierung vom Baum der Erkenntnis gekosten hat. „Wohnen darf nicht zum Luxus werden“, hat Bundesminister Ramsauer den Ländern gestern laut zugerufen. Sie erinnern sich: Das ist der Mann, der schon von Ihrer Politik der Planklarstellung zum Flughafenausbau so begeistert war, und auch diesmal hat er den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Länder sollen endlich – so Ramsauer – mehr für den sozialen Wohnungsbau tun. Es ist ein ideales Timing, dass wir ausgerechnet heute über ein neues Wohnraumförderungsgesetz diskutieren.

Meine Damen und Herren, allerdings legt uns die Landesregierung nach zwölf Monaten heute nun endlich den Entwurf für ein hessischen Wohnraumförderungsgesetz vor, der aus unserer Sicht diesem Anspruch leider nicht gerecht wird.

In Hessen suchen Menschen in 40.000 Haushalten eine bezahlbare Wohnung. In Hessen ist die Anzahl der Wohnungen mit Sozialbindung in den letzten 20 Jahren drastisch zurückgegangen. Bis zum Jahr 2025 laufen die Sozialbindungen bei weiteren 25.000 Wohnungen aus. Dennoch leistete es sich diese Landesregierung, ein Jahr lang Ankündigungspolitik zu betreiben.

In einigen hessischen Kommunen hatte sich die Möglichkeit bewährt, der Fehlsubventionierung von Wohnungen mit einer Abgabe entgegenzuwirken. Das waren vielfach die einzigen Mittel, die den Kommunen für die Schaffung von Sozialwohnungen zur Verfügung standen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Trotzdem hat diese Landesregierung im vergangenen Jahr diese Möglichkeit ersatzlos gestrichen.

Was die Landesregierung nun heute, nach einem Jahr Arbeitspause – wenn man so will –, vorlegt, ist leider ein weitgehend unambitionierter Gesetzentwurf, der den auf dem hessischen Wohnungsmarkt bestehenden Herausforderungen kaum gerecht wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Da zu befürchten war, wie ein Gesetzentwurf aus Ihrer Feder zu diesem Thema aussehen wird, legen wir GRÜNE Ihnen hier eine echte Alternative vor: einen Gesetzentwurf, der deutlich macht, wie verantwortungsvolle, moderne, soziale Wohnraumförderung in Hessen aussehen kann, die vor allem die Menschen im Blick hat, die dringend bezahlbaren Wohnraum suchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Natürlich sehen auch wir eine stärkere Fokussierung bei der energetischen und altersgerechten Modernisierung vor. Ich will die verbleibende Zeit aber vor allem dazu nutzen, die zentralen Unterschiede zwischen Ihrem und unserem GRÜNEN-Gesetzentwurf in einigen wenigen Punkten zu skizzieren.

Zum einen – das hat auch Herr Minister Rentsch hervorgehoben – fokussiert sich die Landesregierung auf den Mietwohnungsbau und selbstgenutztes Wohneigentum. Wir hingegen wollen eine Beschränkung der Förderung auf den Mietwohnungsbau.

Warum machen wir das? Dafür gibt es vier gute Gründe.

Zum Ersten. Wir haben hier nur sehr begrenzte Mittel zur Verfügung, aber einen großen Bedarf. Deshalb wollen wir den Einsatz der Mittel auf den echten Bedarf konzentrieren, und der besteht im Mietwohnungsbau.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Konkret hieße das, wenn man die Zahlen des Jahres 2009 zugrunde legt, dass wir künftig rund 1.300 Mietwohnungen pro Jahr fördern könnten, statt bisher rund 770.

Ein weiterer Grund: Der Hypothekenzins ist im Moment sehr niedrig. Der würde durch eine Förderung nur unwesentlich vermindert, und es entstünden hauptsächlich Mitnahmeeffekte.

Zudem können wir die Förderung des Mietwohnungsbaus auf die Ballungsräume beschränken. Wenn man die Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums hinzunimmt, dann gilt das hessenweit. Aber auch hier wollen wir die Konzentration auf die echten Problembereiche, also den Ballungsraum.

Drittens. In unserem Gesetzentwurf sehen wir vergleichsweise niedrigere Einkommensgrenzen vor, als Sie das tun. Auch das hat einen einfachen Grund: Selbst bei den Einkommensgrenzen, die wir wählen – die liegen etwa 10 Prozent höher als die des Bundesgesetzes –, sind etwa 40 Prozent der hessischen Haushalte berechtigt, eine geförderte Wohnung zu beziehen.

Warum wollen wir niedrigere Einkommensgrenzen? Ganz einfach: Der Bestand an Wohnungen – ich hatte das erläutert – schrumpft in den kommenden Jahren drastisch. Wenn man die Einkommensgrenzen so hoch ansetzt, wie das die Landesregierung tut, dann wird der Kreis der Berechtigten nochmals deutlich ausgeweitet. Das heißt im Umkehrschluss, dass gerade die Haushalte mit besonders niedrigem Einkommen und somit bereits bestehenden Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt weiterhin mit erheblichen Nachteilen zu kämpfen haben werden.

Zum vierten Punkt. Wir wollen weg von der komplizierten Berechnung des anzurechnenden Einkommens. Die finden wir auch im Entwurf der Landesregierung noch zu kompliziert.

Wir wollen eine radikale Vereinfachung. In unserem Entwurf wird nur noch das Gesamteinkommen des Haushalts zugrunde gelegt. Die Empfänger von Transferleistungen wollen wir ohne weitere Einkommensüberprüfung als wohnberechtigt einstufen. Das ist ja bereits von anderen Behörden hinreichend geprüft worden.

Meine Damen und Herren, ein anderer wichtiger Punkt ist bereits angesprochen worden – im vorigen Jahr haben wir lange darüber gestritten: Wir wollen die Reaktivierung der Fehlbelegungsabgabe. Dieses Instrument hat sich in Hessen bewährt, weil es einen angemessenen Ausgleich zwischen den in geförderten Wohnungen verbleibenden, aber nicht mehr berechtigten, und denjenigen wohnberechtigten Haushalten schafft, die noch nicht mit einer Wohnung versorgt werden konnten. So kann den Kommunen endlich wieder zweckgebunden Geld für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie haben sich jetzt bereits ein Jahr lang darum herumgedrückt, Fehlsubventionierungen auszugleichen – obwohl das nach wie vor geltende Bundesgesetz das von Ihnen verlangt. Wenn Sie das auch in diesem Gesetz nicht verankern, dann frage ich Sie: Wie stellen Sie dann eigentlich den Ausgleich für die Kommunen her, den Sie hier vor einem Jahr versprochen haben – im Übrigen auch denjenigen Kolleginnen und Kollegen Ihrer eigenen Fraktion, die der damaligen Abschaffung – wir erinnern uns – in namentlicher Abstimmung, bestenfalls zähneknirschend zugestimmt haben?

(Widerspruch des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Zum letzten Punkt. Kein Gesetzentwurf aus einem FDP-geführten Haus ohne Grußadresse an das vermeintliche eigene Klientel, in diesem Fall die Wohnungswirtschaft.

Meine Damen und Herren, bisher ist es so, dass bei den Wohnungen, die bis zum 31.12.2002 gefördert wurden, die Sozialbindung für einen Zeitraum von 20 Jahren gilt. Wer das Darlehen vorzeitig tilgt – so die bisherige Regelung –, ist noch zehn Jahre gebunden.

Sie übertragen nicht nur diese Regel ins Landesrecht, wie Sie in Ihren Erläuterungen glauben machen wollen, sondern Sie verkürzen nebenbei diese sogenannte Nachwirkungsfrist von zehn auf fünf Jahre.

Auch hier bieten wir Ihnen mit der Übernahme der bewährten Frist aus dem Bundesgesetz eine Alternative.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Ihnen liegen hier zwei echt alternative Gesetzentwürfe vor. Wir sehen der Anhörung dieser beiden Gesetzentwürfe mit großer Freude entgegen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Michael Siebel (SPD) und Janine Wissler (DIE LINKE))

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