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30.04.2014

NSU-Expertenkommission - Schwarz-grüne Koalition unterbreitet Vorschlag zur überparteilichen Aufarbeitung unter intensiver Beteiligung des Parlaments

gegenrechts, RechtsextremismusDie Regierungskoalition der CDU und Bündnis 90/GRÜNEN hat ihren Willen bekräftigt, eine an der Sache orientierte, überparteiliche Aufarbeitung der NSU-Mordserie und der Konsequenzen daraus für die hessischen Sicherheitsbehörden sicherzustellen. Hierzu seien in den vergangenen Wochen von der Landesregierung sowie von den Landtagsfraktionen viele wertvolle Vorschläge gemacht worden. „Mit einem Schreiben an alle Fraktionen des Landtags unterbreiten wir einen Vorschlag, wie dies aus unserer Sicht zusammengeführt werden könnte. Damit gehen wir in der Sache auf die Opposition zu und greifen ihre Anregungen mit auf“, so die Fraktionsvorsitzenden von CDU und GRÜNEN, Michael Boddenberg und Mathias Wagner, die den Brief auf einen Vorschlag der Innenpolitischen Sprecher ihrer Fraktionen, Alexander Bauer und Jürgen Frömmrich, verfasst haben.

Der Vorschlag umfasse folgende drei Punkte:

1. Benennung von Mitgliedern für die Expertenkommission der Landesregierung

„Wir stehen zu unserem Angebot, mit der Expertenkommission sachorientiert und parteiübergreifend die Erkenntnisse und Lehren aus der schrecklichen Mordserie des NSU für die hessischen Sicherheitsbehörden umzusetzen“, so Boddenberg und Wagner heute.

Die Expertenkommission der Landesregierung unter Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Joachim Jentsch habe den Auftrag, entlang der einvernehmlichen Empfehlungen des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages sowie der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus Vorschläge zur künftigen Arbeit der hessischen Sicherheitsbehörden und zur Zusammenarbeit zwischen den Ländern und dem Bund zu unterbreiten. „Wir möchten dabei den Landtag aktiv mit einbeziehen. Daher hat die Koalition der SPD explizit angeboten, einen Experten oder Expertin für die Kommission zu benennen und darüber bereits erste Gespräche geführt“, betonten Boddenberg und Wagner. Man freue sich, mit dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) und Mitglied des NSU-Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag, Wolfgang Wieland, sowie Justizstaatssekretär a.D. Dr. Rudolf Kriszeleit (FDP) kompetente und engagierte Mitglieder für die Expertenkommission gewonnen zu haben. „Um dem Wunsch der SPD nach stärkerer Beteiligung des Parlamentes noch weiter entgegenzukommen, haben wir angeboten, dass auch eine Kollegin oder Kollege des Hessischen Landtags als Mitglied benannt werden kann“, so Boddenberg und Wagner weiter.

2. Beauftragung der Parlamentarischen Kontrollkommission Verfassungsschutz, die Aufgaben eines Sonderausschusses des Landtag zur NSU-Aufarbeitung wahrzunehmen

Die bereits existierende Parlamentarische Kontrollkommission Verfassungsschutz (PKV) des Landtags soll darüber hinaus die parlamentarische Beteiligung sicherstellen. Sie könne mit ihren ohnehin vorhandenen weitreichenden Befugnissen die Aufgaben des Sonderausschusses wahrnehmen. Damit werde den besonderen Umständen des Geheimschutzes, dem viele der Akten unterliegen, ebenso Rechnung getragen wie dem Wunsch des Parlamentes, durch ein eigenes Gremium an der Aufarbeitung beteiligt zu sein Die Landesregierung wird der PKV auf deren Anforderung hin über besondere Themen aus dem Bereich der NSU-Verbrechen berichten. Hierzu gehöre auch, den Mitgliedern der PKV Einsicht in die Akten und die Daten des Landesamtes für Verfassungsschutz zu gewähren. Dies sei auch unter Hinzuziehung von Sachverständigen möglich, wenn sich die PKV-Mitglieder hierüber einigten.

Man sei sich mit der SPD einig in dem in ihrem Antrag auf Einsetzung eines Sonderausschusses formulierten Ziel, das Zusammenwirken der Sicherheitsbehörden und die strukturellen Rahmenbedingungen der Ermittlungen zur Aufklärung der NSU-Morde zu analysieren und daraus Empfehlungen abzuleiten, um die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden effektiver zu gestalten. Auch solle herausgearbeitet werden, welche gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen hierfür notwendig seien, ebenso wie Maßnahmen, welche die Arbeitsweise des Landesamtes für Verfassungsschutz effektiver gestalten und die Zusammenarbeit mit den Bund und den anderen Ländern verbessern. Die Überprüfung der Informationspflichten von Verantwortungsträgern sowie die Struktur und Effizienz der parlamentarischen Kontrolle gegenüber der Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz, welche die SPD mit ihrem Antrag anstrebt, wird ebenfalls Gegenstand der Arbeit der Expertenkommission sein. Die Einbeziehung von Sachverständigen könnte, wie dargelegt, auch in der PKV erfolgen. Darüber hinaus stünden der Expertenkommission ständige Ansprechpartner aus den Bereichen der Polizei, des Verfassungsschutzes sowie der Justiz für ihre Arbeit zur Verfügung. Auch bei der von der SPD gewünschten Einbeziehung der Ergebnisse der Arbeit des Bundestags-Untersuchungsausschusses stimme man überein, so Boddenberg und Wagner.

3. Fortlaufende Information des Landtags über die Arbeit der Expertenkommission der Landesregierung und Diskussion des Abschlussberichts im Landtag

Die Expertenkommission werde einen Bericht für die Landesregierung erstellen, der im Anschluss selbstverständlich dem Hessischen Landtag zur Beratung vorgelegt werde. Darüber hinaus werde die Expertenkommission dem Hessischen Landtag während ihrer Tätigkeit fortlaufend berichten.
„Mit diesen drei Maßnahmen kann aus unserer Sicht den aus dem Parlament vorgetragenen Anliegen Rechnung getragen werden. Eine zügige, sachliche Aufarbeitung ist damit gewährleistet. Der Ernsthaftigkeit der Sache unangemessener vordergründiger Parteienstreit wird so vermieden. Konsequenzen für die Zukunft können schnell gezogen werden. Wir hoffen sehr, dass hiermit eine Einigung mit den Oppositionsfraktionen möglich ist“, so Boddenberg und Wagner.

Wer all das nicht wolle, der solle endlich offen sagen, dass das eigentliche Ziel die Einsetzung eines weiteren Untersuchungsausschusses ist. „Wir halten nach der hervorragenden, überparteilichen und umfassenden Arbeit des Bundestagsuntersuchungsausschusses zum Thema NSU einen eigenen hessischen Untersuchungsausschuss nicht für zielführend. Vor einem Jahr waren wir uns darüber auch schon einmal mit der SPD einig. Die Motivation für einen Untersuchungsausschuss wäre dann nicht allein aus sachlichen Gründen gespeist“.


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecher: Volker Schmidt

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