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29.02.2012

Bouffiers Fluglärmgipfel: Umzugsbeihilfen statt Lärmreduzierung

Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sieht in dem heute von Ministerpräsident Bouffier (CDU) vorgestellten Maßnahmenpaket zum Fluglärm eine Mischung aus bereits mehrfach versprochenen Maßnahmen, die schon längst hätten umgesetzt werden müssen, zusätzlichen Maßnahmen des passiven Schallschutzes, die allerdings den Menschen nur helfen, wenn sie Gebäude niemals verlassen und die Ankündigung weiterer Lärmverlagerung statt Lärmreduzierung. „Der Kern der Maßnahmen besteht vor allem aus Finanzhilfen, die die Vertreibung der Betroffenen beschleunigen sollen und dem verbleibenden Rest nur Schallschutz innerhalb von Gebäuden bei geschlossenen Türen und Fenstern bietet. Offensichtlich ist die Triebfeder der Landesregierung nicht die Sorge um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger im Rhein-Main-Gebiet, sondern die Panik vor dem Ausgang der Frankfurter Oberbürgermeisterwahl. Diese Panik führt zu immer hektischerem Aktionismus und dadurch sogar zur Ankündigung sich teilweise widersprechender Maßnahmen. Wieder einmal hat sich Ministerpräsident Bouffier nur mit der Luftverkehrswirtschaft abgesprochen und weder den Sachverstand der betroffenen Kommunen einbezogen noch die Bürgerinnen und Bürger beteiligt. Während er davon redet, die Bürgerinnen und Bürger entlasten zu wollen, klagt seine Regierung vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen das Nachtflugverbot. Da braucht er sich nicht zu wundern, wenn der Schuss wieder nach hinten los gehen wird“, sagt der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Tarek Al-Wazir.

Die angekündigte Ausweitung des „Casa-Programms“, also der Aufkauf von Häusern in besonders belasteten Gebieten wie beispielsweise in Flörsheim, sei kein Beitrag zur Reduzierung des Fluglärms, sondern in letzter Konsequenz eine Vertreibung der betroffenen Menschen. „Wir verstehen den Wunsch insbesondere der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Flörsheim nach einer Ausweitung der Aufkaufprogramme von Immobilien. Faktisch ist dies aber kein Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Fluglärm, sondern ein Schutz des Lärms vor den Bürgern, indem man diese zum Wegzug bewegt.“ Die Gewährung von Umzugsbeihilfen durch das Land Hessen ist eine Hilfe für Schwerstbetroffene, gleichzeitig allerdings das Eingeständnis der Regierung, mit dem Ausbau eine dramatische Fehlentscheidung getroffen zu haben. In der Finanzierung der Maßnahmen des passiven Schallschutzes sei außerdem ein deutliches Ungleichgewicht bei der Verteilung der Lasten zu sehen. „Das Land Hessen stellt 100 Millionen Euro zur Verfügung, die landeseigene Förderbank Kredite von 150 Millionen, die allerdings von den Betroffenen zurückgezahlt werden müssen. Die Fraport, also der Verursacher des Lärms, beteiligt sich mit weniger als 100 Millionen Euro. Wir sind als GRÜNE immer schon Anhänger des Verursacherprinzips gewesen. Wenn die Fraport den Krach macht, dann soll sie auch für die Folgekosten einstehen. Das kann auch bedeuten, dass alle Anteilseigner jahrelang eine geringere oder keine Dividende bekommen. Wenn aber nur die öffentlichen Anteilseigner für den Lärmschutz bezahlen, während die privaten Anteilseigner munter weiter die Gewinne einstreichen ist dies ein weiteres Beispiel für die Privatisierung von Gewinnen und die Sozialisierung von Verlusten“, so Al-Wazir.

„Die angekündigte Gebührenstaffelung für lautere Flugzeuge ist zwar richtig, uns aber zu vage formuliert. Solche Maßnahmen wirken nur, wenn sie so deutliche Verteuerungen beinhalten, so dass es einen zusätzlichen ökonomischen Druck zur Modernisierung der Flugzeugflotten gibt. Hier brauchen wir klare Vorgaben und keine Ankündigungen gemeinsam mit der Luftverkehrswirtschaft, die daran verständlicherweise kein Interesse hat. Es wäre auch interessant zu erfahren, ob die angekündigte Modernisierung der Flugzeugflotte im Kern nicht schon längst geplant war und jetzt als zusätzlicher Beitrag zum Lärmschutz verkauft wird.“

Ein Beispiel für sich widersprechende Handlungen der Landesregierung sei die angekündigte wechselnde Nutzung der Bahnen zwischen 5- und 6 Uhr („DROPS Early Morning“). „Die gleiche Regierung, die in Leipzig gegen das Nachtflugverbot klagt, spricht sich jetzt für zusätzliche Lärmpausen aus, die allerdings freiwillig und ‚in Abhängigkeit der operativen Möglichkeiten‘ geschaffen werden sollen. Wer soll das denn glauben? Es bleibt dabei: Eine verbindliche Ausweitung des Nachtflugverbots auf die gesetzliche Nacht von 22 bis 6 Uhr gehört auf die Tagesordnung“, so Al-Wazir

Die Erhöhung der Gegenanflugstrecken und andere entlastende Maßnahmen der DFS sei eine längst überfällige Maßnahme, die ausdrücklich zu begrüßen ist. Die angekündigte stärkere Nutzung der Flugroute „N 07 Lang“ bei gleichzeitig geringerer Nutzung der Flugroute „N 07 Kurz“ sei allerdings nur ein erneutes Paradebeispiel für aus nur mit dem Frankfurter OB-Wahlkampf zu erklärender Panik. „Von keinerlei Sachkenntnis getrübt versucht die Landesregierung die Menschen für dumm zu verkaufen. Wenn die gleiche Zahl von Flugbewegungen von einer Route auf die andere verlagert wird, dann ist dies keine Lärmreduzierung, sondern einfach nur eine Umverteilung des Lärms.“ Diese Umverteilung bedeute keinerlei Entlastung bei Landeanflügen, weil es sich nur um Startrouten handele, die nur bei Ostwind benutzt werden. Bei dieser Wetterlage würde dann zwar das eher selten betroffene Kerngebiet der Stadt Frankfurt entlastet, gleichzeitig aber Teile von Sachsenhausen, Oberrad, die Stadt Offenbach und der Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim deutlich stärker belastet als ohnehin schon. „Wie Boris Rhein auf die Idee kommt, dass eine zusätzliche Belastung der Frankfurter Stadtteile Sachsenhausen, Oberrad und Bergen-Enkheim ihm in seinem OB-Wahlkampf hilft, das wird sein Geheimnis bleiben. Aber es zeigt erneut die Panik, die offensichtlich in der CDU herrscht. Dies führt dazu, dass zwei Wochen vor der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht die Rechtsvertreter der Stadt Offenbach neue Argumente bekommt, da der Planfeststellungsbeschluss offensichtlich auf falschen Grundlagen und einer fehlerhaften Abwägung beruht. Wir sind seit dem heutigen Tag noch gespannter auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts“, so Al-Wazir.

„Der Sinn des Ausbaus war die Kapazitätserweiterung, also mehr Lärm. Solange die Regierung nicht bereit ist, sowohl über eine Ausweitung des Nachtflugverbots, eine absolute Obergrenze des Lärms und über eine absolute Obergrenze der Flugbewegungen zu reden, solange bleiben alle Fluglärmgipfel der schwarz-gelben Regierung letztlich der Versuch, irgendwie über den Termin der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt zu kommen, ohne an der Substanz entscheidendes zu ändern. Angesichts der Erfahrungen der Menschen mit der Gültigkeit von Versprechen der Landesregierung nach Wahlterminen wird dieses Manöver sicher nicht gelingen.“


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecherin: Elke Cezanne

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