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13.10.2016

Sigrid Erfurth in der Aktuellen Stunde: Endlich Durchbruch für mehr Lohngerechtigkeit – auch Frauen in Hessen profitieren davon

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz der FDP scheint 2016 in gutes Jahr zu sein, frauenpolitische Forderungen in Hessen ein Stück voranzubringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf Sie daran erinnern: Zum 01.01.2016 ist das neue hessische Gleichberechtigungsgesetz in Kraft getreten, das den Fokus auf mehr Frauen in Führungspositionen legt und die Rechte der Frauenbeauftragten durch das Organklagerecht stärkt. In der ersten Jahreshälfte dieses Jahres haben wir gemeinsam mit vielen Frauenverbänden dafür gestritten, das Sexualstrafrecht endlich zu verschärfen. Nicht zuletzt auch durch die Unterstützung der Landesregierung ist es gelungen, den Grundsatz „Nein heißt nein“ endlich im Sexualstrafrecht zu verankern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf Sie an dieser Stelle an die Debatte erinnern, die wir am 14. Juli hier im Plenum geführt haben. Am Dienstag hat der Sozialminister in seiner Regierungserklärung sehr deutlich gemacht, dass wir bei der Fachkräftesicherung sehr viel stärker darauf achten müssen, dass Frauen gefördert werden, dass auch Frauen in Führungspositionen kommen und dass auch Führen in Teilzeit ermöglicht werden muss und dass die Vereinbarkeit von Familienaufgaben und Beruf hergestellt werden muss. Heute Nachmittag werden wir in der dritten Lesung das HR-Gesetz beschließen. Auch in dem HR-Gesetz, wenn es dann verabschiedet ist, wird dafür gesorgt werden, dass künftig mehr Frauen im Rundfunkrat sein werden.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Heute nun, Herr Siebel, beantragt Ihre Fraktion mit der Kollegin Lisa Gnadl eine aktuelle Stunde, um darauf hinzuweisen, dass eine weitere langwierige Baustelle frauenpolitischer Forderungen auf Bundesebene endlich einmal bearbeitet wird. Das ist ein gutes Signal.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Entgeltgleichheit, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Gender Pay Gap, Equal Pay Day – wie auch immer Sie dieses Problem beschreiben, es ist ein großes Ärgernis. Es ist zutiefst ungerecht – da hat die Kollegin Gnadl Recht, und da hat auch die Kollegin Ravensburg Recht –, dass Frauen in vielen Bereichen immer schlechter bezahlt werden als Männer. Das Statistische Bundesamt hat ermittelt, dass Frauen 2015 im Schnitt 21 % weniger verdient haben als Männer, wobei die Quote bei uns im Westen noch einmal deutlich schlechter ist als in den Ostländern.

In den Ostländern sind es nur 8 %. Diese niedrige Quote sorgt dafür, dass wir gesamtdeutsch bei 21 % landen.

Jetzt kann man lange darüber streiten, ob diese Lohnlücke bereinigt oder unbereinigt diskutiert werden muss. Fest steht, dass es nicht sein darf und nicht sein kann, dass Frauen für vergleichbare Arbeit weniger Lohn bekommen als Männer.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Daher ist es gut, dass jetzt begonnen werden soll, einen Regelungsrahmen zu schaffen, der solche Ungerechtigkeiten aufdecken helfen und dafür sorgen soll, dass diese Ungerechtigkeit sich verschmälert.

Ich formuliere bewusst vorsichtig an dieser Stelle; denn bisher kenne ich nur Presseerklärungen über die Eckpunkte, auf die sich das Bundeskabinett in Berlin geeinigt hat. Ich kenne noch keinen Gesetzentwurf. Ich sehe ihm aber mit einer gewissen Spannung entgegen. Es gibt die üblichen Befürchtungen von allen Seiten, wir haben sie heute hier auch gehört.

Die einen sagen, es ist bürokratisch, es ist gar nicht nötig, und überhaupt seien die Frauen teilweise selbst schuld, weil sie die falschen Berufe wählen und weil sie sich für Teilzeit entscheiden. Das haben wir in dieser Form von der FDP heute gehört.

Auf der anderen Seite gibt es die Menschen, die sagen: Es geht längst nicht weit genug. Es müsste viel mehr gemacht werden. Es fehlt noch viel zu viel. Der Schritt ist zu kurz. Es fehlt auch noch ein Verbandsklagerecht. Die Diskussion kennen wir auch aus Hessen.

Von daher haben wir noch ein großes Spannungsfeld, wie der Gesetzentwurf am langen Ende aussehen wird.

Aber, meine Damen und Herren, wie auch immer er aussehen wird, er schickt ein wichtiges Signal. Dieses Signal heißt: Die Politik will künftig nicht mehr dulden, dass es diese Lohnungleichheit gibt. Das befördert eine öffentliche Debatte darüber und ein Bewusstsein, dass es nicht sein kann und nicht sein darf, dass Frauen weniger als Männer verdienen. Dieses Bewusstsein ist fast wichtiger als ein Gesetz; denn man kann nicht alles verordnen und in Gesetze schreiben. Von daher ist es gut, dass es diesen Gesetzentwurf gibt und dass die Debatte darüber endlich stärker in den öffentlichen Raum getragen wird. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

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