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12.10.2016
Portraitfoto von Martina Feldmayer vor grauem Hintergrund.

Martina Feldmayer: Lebensmittel wertschätzen

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin der SPD-Fraktion und Frau Kollegin Löber dankbar, dass sie dieses wichtige Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben. Denn das ist in der Tat ein Problem, mit dem wir uns beschäftigen sollten.

(Beifall der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abgeordneten Timon Gremmels (SPD))

Die Situationsbeschreibung, die die Rednerinnen vor mir schon gemacht haben, möchte ich jetzt nicht wiederholen. Es ist klar, dass zu viele Lebensmittel verschwendet werden. Sie landen in der Tonne. Das gilt gerade vor dem Hintergrund, dass weltweit Menschen an Hunger leiden. Es ist deswegen schwer auszuhalten, dass wir hier im Überfluss leben, während anderenorts die Menschen nichts zu essen haben.

Aber auch die Tatsache, dass Umweltressourcen und landwirtschaftliche Leistungen hinter jedem Produkt stecken, macht es schwer erträglich, zu wissen, wie viel von diesen Lebensmitteln teilweise noch vollständig verpackt im Müll landen.

Ich glaube, der Begriff Lebensmittelverschwendung ist spätestens dann jedem klar geworden, seitdem es den Film „Taste the Waste“ von Regisseur Valentin Thurn gibt. Er ist in diesem Film dem Problem im wahrsten Sinne des Wortes auf den Grund gegangen. In den Abfallcontainern großer Lebensmittelgeschäfte finden sich teilweise noch vollständig verpackte Lebensmittel, die kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums sind.

Ich möchte auch noch einmal unterstreichen, was meine Vorrednerinnen gesagt haben. All das macht deutlich, dass wir von der Geiz-ist-geil-Mentalität und von der Wegwerfkultur wegkommen müssen, hin zu einer Wertschätzung der landwirtschaftlichen Leistungen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir müssen klar machen: Qualität ist geil. Die krumme Gurke ist vielleicht auch einmal geil. Die Möhre, die vielleicht schon ein bisschen angedetscht ist, und der Apfel, der schon ein bisschen angedetscht ist, sind geil. Teilen ist geil. Essen retten ist geil. All das sind neue Werte, die wir, so glaube ich, in unserer Gesellschaft vermitteln müssen.

(Beifall der Abg. Angela Dorn und Eva Goldbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der CDU)

Es geht also um Qualität statt Massenproduktion. Aus diesem Grund haben wir in Hessen den Ökoaktionsplan und die Förderung regionaler Lebensmittel – da geht es um Besonderheiten in der regionalen Landwirtschaft – auf den Weg gebracht. Wir wollen damit diese Probleme beseitigen und eine andere Mentalität auf den Weg bringen.

Ich finde, es gibt auch schon sehr gute Beispiele. Es wurde allseits treffend gesagt, was es an Problemen gibt. Es gibt aber auch gute Beispiele. Es gibt gute Initiativen, bei denen sich Menschen um dieses Thema kümmern. Das Stichwort Foodsharing habe ich schon genannt. Es gibt jetzt z. B. eine App von Restaurants und Imbissen, mit der man nachschauen kann, wo man ab einer bestimmten Uhrzeit Lebensmittel verbilligt abholen kann. Denn sie würden ansonsten weggeschmissen. Es gibt in Hessen Kampagnen und Initiativen, mit denen sich um dieses Thema gekümmert wird. Das geschieht auch im Rahmen der Nachhaltigkeitskampagne. Hier sind wir also in Hessen sehr gut dabei.

Liebe Kollegin Löber, ich finde, dass man dieses Problem national oder auf der Ebene der Europäischen Union anpacken muss. Sie haben darauf hingewiesen, was auf Landesebene gemacht werden muss. Dort wird einiges bei der Verbraucherbildung, bei der Ernährungsbildung, mit den Kampagnen, die es hier gibt, und beim Ökolandbau getan. Aber auch die nationale Strategie, die in dem Antrag der SPD-Fraktion genannt wird und die schon seit Jahren gefordert wird, ist ganz wichtig. Denn ein Bundesland allein kann diese Strategie nicht durchführen. Da brauchen wir alle Bundesländer. Wir brauchen da auch etwas auf der Ebene der Europäischen Union, um diese Maßnahmen zu unterstützen.

(Beifall des Abg. Turgut Yüksel (SPD))

– Vielen Dank. – Was brauchen wir darüber hinaus? – Ich habe das schon angedeutet. In Hessen brauchen wir Unterstützung mit Kampagnen und Initiativen. Da müssen Sie vielleicht ein bisschen genauer hinschauen. Da gibt es schon einiges, was gemacht wird. Wir haben z. B. die Verbraucherberatung in Hessen ausgeweitet. Es gibt das DHB – Netzwerk Haushalt. Es gibt die Verbraucherzentrale Hessen. Das alles sind Initiativen. Das sind Projektträger, die genau das Thema Lebensmittelverschwendung auf dem Schirm haben.

Wir haben die Verbraucherberatung mit 537.000 € mehr im Jahr gestärkt. Ich finde, Hessen ist da auf einem sehr guten Weg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Eines finde ich nicht richtig. Das haben Sie jetzt nicht gemacht. Das hat auch Frau Müller-Klepper nicht gemacht. In dieser Debatte geht es meistens darum: Wer hat Schuld? – Oder es geht darum: Wer muss jetzt was machen?

Sie haben in Ihrem Antrag zu Recht geschrieben – und Sie haben auch noch einmal darauf hingewiesen –, dass man auf allen Stufen der Produktion des Lebensmittels darauf achten muss, die Lebensmittel nicht zu verschwenden. Darauf muss vom Acker bis zum Teller geachtet werden.

Ich fände es in dieser Debatte unsäglich, wenn man sagen würde: Der Verbraucher ist schuld. Der Verbraucher muss jetzt regeln, dass die Lebensmittelverschwendung aufhört. – Oder man könnte sagen, der Landwirt muss das regeln. Da sind alle gefordert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Zusammenfassend will ich zum Schluss sagen, dass wir eine nationale Strategie brauchen. Man muss das Thema wirklich gesamtgesellschaftlich in den Blick nehmen. Man muss europaweit daran arbeiten. Wir müssen auf Landesebene etwas tun, um die Vermarktung regional erzeugter Lebensmittel zu fördern. Wir haben den Ökoaktionsplan, die Verbraucherberatung und die Verbraucherbildung. Wir müssen vor allen Dingen bei den Kleinsten ansetzen, beispielsweise mit dem Projekt „Bauernhof im Klassenzimmer“, um von Anfang klarzumachen: Lebensmittel sind etwas wert, und sie gehören nicht in den Müll. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

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