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22.06.2016
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Lärmpausen führen zu einer spürbaren Entlastung in der Region

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was haben wir uns in den letzten zwei Jahren nicht alles anhören müssen, auch in diesem Plenarsaal als es um die Lärmpausen ging. Ich stelle fest, die siebenstündigen Lärmpausen am Frankfurter Flughafen haben den Praxistest mit Bravour bestanden.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Wirksamkeit konnte nach über einem Jahr Probebetrieb nachgewiesen werden. Der Lärm in der Stunde vor und in der Stunde nach dem Nachtflugverbot ist messbar weniger geworden, und im Ergebnis erhalten Zehntausende Menschen im Rhein-Main-Gebiet durch eine intelligentere Bahnennutzung seit über einem Jahr eine zusätzliche Stunde Ruhe. Meine Damen und Herren, weil das ein Erfolg ist, haben wir im letzten Monat die Lärmpausen in den Regelbetrieb überführt, und das ist auch gut so.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn ich ein bisschen zurückblicke – das hat teilweise der Kollege Weiß in seinem Redebeitrag immer noch gemacht, obwohl er von der Wirklichkeit widerlegt worden ist – fällt mir ein, was wir uns auch in diesem Bereich nicht alles haben anhören müssen; am Anfang hieß es: Das geht betrieblich gar nicht. Das ist im laufenden Betrieb unmöglich umzusetzen. Die Kapazität reicht nicht. Auch die Instabilität hat er wieder genannt.
Ich stelle einfach einmal fest: 23. April 2015 – Beginn des Probebetriebs. Wir haben über ein ganzes Jahr hinweg, von Ende April 2015 bis Ende Mai 2016, eine Anwendungsquote bei Westbetrieb in den Nachtrandstunden von morgens 96 Prozent und abends 92 Prozent. Also: Die Wirklichkeit hat gezeigt, es funktioniert.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Natürlich gab es einmal – Stichwort: Wetterereignisse – eine schlechte Quote. Wir haben im Juni dieses Jahres eine schlechte Quote. Aber da frage ich Sie, Herr Kollege Weiß: Haben Sie in den letzten zwei Wochen einmal rausgeschaut, was da draußen los ist?
(Zurufe der Abg. Michael Boddenberg und Horst Klee (CDU) – Weitere Zurufe von der CDU – Gegenruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))
Dass ich jetzt von Ihnen auch noch dafür verantwortlich gemacht werde, dass es Gewitter und Starkregenereignisse gibt, finde ich toll. Aber so viel Kraft habe ich nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Anhaltende Zurufe von der SPD)
Es ist übrigens die umgekehrte Omega-Wetterlage, um genau zu sein, und vielleicht wird sie auch durch heiße Luft im Zentrum des Rhein-Main-Gebiets hervorgerufen. Das sollten Sie sich einmal überlegen.
(Zurufe von der SPD und der LINKEN – Glockenzeichen der Präsidentin)
Dann gibt es den Vorwurf von SPD und LINKEN, es ist gar keine Lärmreduzierung – es ist nur eine Lärmverschiebung. Da will ich Ihnen ausdrücklich sagen, wir haben im Rhein-Main-Gebiet eine Menge an Messstationen, die den Lärm messen. Diese werden betrieben von der Fraport, vom Umwelt- und Nachbarschaftshaus und teilweise auch von Privaten. Das Ergebnis des Monitorings ist schlicht, dass wir unter dem Strich eine deutliche Lärmreduzierung in diesen beiden Stunden haben.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben abends unter der Anflugroute der Landebahn Nordwest eine Reduzierung von bis zu 10 Dezibel. Das muss man einmal sagen, wie viel das ist. Das heißt, faktisch ist es in dieser Stunde weg. Natürlich landet das, was nicht dort landet, auf der anderen Bahn, also im Süden. Dann schauen wir uns die Messergebnisse aus Neu-Isenburg an. Wir haben dort abends eine zusätzliche Belastung von viereinhalb Dezibel aber morgens eine Entlastung von 6 Dezibel. Das heißt, unter dem Strich ist es eine Lärmreduzierung. Was kann man eigentlich dagegen haben, meine sehr verehrten Damen und Herren?
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Bürgerinnen und Bürger wollen, dass wir weitermachen. Das war übrigens die erste Maßnahme des aktiven Lärmschutzes, die von einem Monitoring begleitet worden ist, das nicht nur Fokusgruppen sondern auch repräsentative Umfragen einbezogen hat, um zu wissen, wie es bei den Leuten ankommt, wie es wahrgenommen wird und welche Veränderungsvorschläge es gibt. 71 Prozent der Befragten haben gesagt, sie wollen, dass dieses Modell weitergeführt wird, und genau das tun wir jetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Auch die Fluglärmkommission hatte sich dafür ausgesprochen. Diese war am Anfang noch sehr skeptisch aber am Ende auch von den faktischen Ergebnissen überzeugt, und genau deswegen machen wir das jetzt.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es gab am Ende zwar auch Leute, die gesagt haben, es hat ihr Alltagsleben nicht verändert; es ist aber natürlich eine hohe Hürde, das Alltagsleben zu verändern.
(Zurufe der Abg. Jürgen Lenders (FDP) und Janine Wissler (DIE LINKE))
– Wir haben gefragt, weil wir interessiert sind daran, was die Menschen spüren, weil wir interessiert sind daran, was die Menschen wahrnehmen und weil wir weiter daran arbeiten, dass wir andere und nächste Lärmschutzmaßnahmen machen, die genau auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen. Wenn Sie nicht wissen wollen, was die Leute wollen, weil Sie nur Ihre eigenen Parolen nachbeten, dann ist das Ihr Problem. Wir arbeiten kontinuierlich weiter an der Reduzierung des Lärms.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Janine Wissler und Hermann Schaus (DIE LINKE) – Glockenzeichen der Präsidentin)
Deswegen will ich Ihnen ausdrücklich sagen, das haben wir von Anfang an gesagt: Die Lärmpausen sind kein Allheilmittel gegen den Fluglärm in der Region. Mir ist sehr bewusst, dass manche Gebiete mehr und andere Gebiete weniger profitieren. Wir wissen, dass wir noch an anderen und weiteren Maßnahmen arbeiten müssen.
(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))
– Herr Lenders, natürlich. Sagen Sie doch nicht: Aha. – Wir werden an anderen Maßnahmen des aktiven Schallschutzes arbeiten, weil wir um jedes Dezibel kämpfen, insbesondere in den sensiblen Nachtrandstunden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will, dass der Frankfurter Flughafen Vorreiter dafür ist, wie man einen großen internationalen Flughafen möglichst lärmarm betreibt, ohne dabei die Wettbewerbsfähigkeit des Flughafens zu gefährden. Beides gehört zusammen. Man muss nur die richtige Balance finden.
(Beifall dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und der FDP)
Ich will ausdrücklich sagen, wir arbeiten gerade an einem Vorschlag, wie Lärmobergrenzen in die Tat umgesetzt werden können. Lärmobergrenzen, die übrigens schon in der Mediation versprochen wurden. Wir arbeiten jetzt an genau einem solchen Vorschlag, und ich bin gespannt, ob jenseits der Kritik, die auf jeden Fall kommt, auch irgendeine eigene Vorstellung der Oppositionsfraktionen davon kommt, wie es denn besser gehen könnte. Ich freue mich schon heute darauf.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Wir sind gerade dabei, das zweite Maßnahmenpaket für aktiven Schallschutz des Forums Flughafen und Region mit zu erarbeiten, das voraussichtlich 2017 mit vier Säulen vorgestellt werden soll: Optimierung bereits vorhandener Maßnahmen, Neueinführung kurz- und mittelfristiger Maßnahmen, Erforschung und Entwicklung perspektivischer Maßnahmen und natürlich Veränderungen von Rahmenbedingungen und Anreizinstrumenten, um aktiven Schallschutz zu fördern. Wir unterstützen das.
Zum Schluss. Lieber Kollege Marius Weiß, ein freundschaftlicher Rat: Offensichtlich hat die SPD ihre Angriffsstrategie völlig verändert: Getreu dem Bill-Clinton-Motto „It’s the economy, stupid!“ hat die SPD wohl irgendwie gemerkt, dass sie auf dem falschen Dampfer war in den letzten zwei Jahren, und geht jetzt auf eine völlig andere Linie über.
(Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD))
Dabei muss man aber wissen, Bill Clinton hat noch einen zweiten sehr wichtigen Satz gesagt, nämlich: „Don’t be a Flip-Flopper“. Auch darüber sollten Sie einmal nachdenken.
(Zurufe der Abg. Marius Weiß (SPD) und Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))
Ich will an dieser Stelle ausdrücklich sagen, ich bin dankbar für die Rede des Kollegen Marius Weiß; denn wir werden diese Rede an Peter Feldmann schicken, und wir werden diese Rede an Ursula Fechter sowie an viele andere schicken und dann einmal fragen, ob das eigentlich ihre SPD ist.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie als Regierung! – Weitere Zurufe von der SPD)
– Also, Entschuldigung. Landtagsprotokolle sind ja durchaus da. – In der Sache liegen Sie völlig falsch. Wir haben in Hessen die geringste Arbeitslosenquote seit der Wiedervereinigung, nämlich 5,2 Prozent. Wir haben übrigens im Regierungsbezirk Kassel eine Arbeitslosenquote von 4,9 Prozent. Wenn das früher so gewesen wäre, hätten Sie überall rote Fahnen hissen lassen und einmal die Woche davor antreten lassen. Wir haben die höchste Zahl an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, die es jemals in Hessen gegeben hat. Wir haben die höchste Zahl an offenen Stellen, die es in der Vergangenheit gegeben hat. Wir haben einen deutlichen Reallohnzuwachs. Also auch da sind Sie auf dem falschen Dampfer.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)
Letzter Punkt an die Kollegin Wissler. Wissen Sie, liebe Kollegin Wissler, ich habe als Schüler in der 5. Klasse einen Aufkleber auf dem Schulranzen gehabt. Dort stand drauf: Keine Startbahn West! Nachtflugverbot! Jetzt muss man einmal feststellen: Von 1981 – damals war das – bis 2014 sind es 33 Jahre; es war also nicht sehr erfolgreich. Deswegen versuche ich es vielleicht anders, um sozusagen einmal in die Sphären der Linksfraktion einzutreten, und fange mit der 11. Feuerbach-These von Karl Marx an. Er hat gesagt: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt darauf an, sie zu verändern.“ Ich sage, liebe Kollegin Wissler, etwas abgewandelt: Die Linkspartei beklagt die Zustände auf der Welt in unterschiedlichen Varianten. Es kommt aber darauf an, an diesen Zuständen etwas zu verändern, und genau das tun wir. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank.

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