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20.04.2016
Portraitfoto von Martina Feldmayer vor grauem Hintergrund.

Martina Feldmayer: Gefahren durch Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Löber, ich bedanke mich erst einmal bei Ihnen dafür, dass Sie uns mit der Großen Anfrage diese Informationen geliefert haben. Ich bedanke mich aber vor allem bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für die Beantwortung der Großen Anfrage.
Es wurde schon viel darüber gesprochen, worum es bei den Antworten auf die Anfrage geht. Es geht um die gesundheitlichen Gefahren durch Lebensmittelverpackungen aus Plastik; aber auch Kunststoffe und Papier wurden angesprochen.
Der Grund, warum Lebensmittel verpackt werden, ist klar: Die Lebensmittel sollen geschützt und frisch gehalten werden, und sie sollen hygienisch bleiben. Das ist alles in Ordnung.
Diese Plastikverpackungen haben normalerweise eine spröde Struktur. Aber wir alle wissen, Plastikverpackungen gibt es in allen möglichen Formen und Farben, und sie werden mit Weichmachern, den sogenannten Phthalaten, geschmeidig gemacht. Das ist ein Problem. Solange diese Weichmacher – die gibt es in den unterschiedlichsten Verbindungen – in Kunststoff gebunden sind, ist es kein Problem. Aber wenn beispielsweise eine normale Plastikdose, die dafür nicht geeignet ist, erwärmt wird, hat das natürlich Auswirkungen. Dann können diese Stoffe freigesetzt werden, und dann kann das Auswirkungen auf die Gesundheit haben.
Je billiger Kunststoff produziert wird, umso schneller lösen sich die Partikel. Sie merken das wahrscheinlich alle, wenn Sie in einen Billigladen gehen, in dem viele Plastikgegenstände sind: Dann hat man diesen bestimmten Geruch in der Nase und erkennt, wie wichtig es ist, dass es auch hochwertige Plastikverpackungen gibt.
Wir brauchen einen sachgerechten Einsatz von Plastikverpackungen, aber auch Kontrollen. Darüber wurde schon gesprochen, und darüber wird von der Landesregierung in der Antwort auf die Große Anfrage berichtet: wie viele Kontrollen es in den letzten vier Jahren gegeben hat und ob die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten wurden. Kollegin Löber hat schon darauf hingewiesen, dass die Grenzwerte eingehalten worden sind. All dies wird von der Landesregierung schon gemacht.
Es gab bei den Schadstoffen keine Grenzwertüberschreitungen; aber in einigen Proben konnten doch Weichmacher nachgewiesen werden. Besonders auffällig war die Bubble-Tea-Probe; d. h. die Werte für die Zutaten, die dort hineingeschüttet werden. Dort sind Weichmacher enthalten. Natürlich ist das wichtig und richtig: Je weniger davon enthalten ist – auch wenn die Werte noch unter der Grenze liegen –, desto besser. Ich glaube, deswegen sollten wir dieses Thema im Auge behalten.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Was das Verbot von Weichmachern betrifft: E ist klar geregelt, dass auf europäischer Ebene und auf der Bundesebene entschieden werden muss, wie man mit diesen riskanten Stoffen umgeht. Es gibt die unterschiedlichsten Stoffe; sie müssen bewertet werden. Die Landesregierung unterstützt, so, wie sie es in der Antwort auf die Große Anfrage schreibt, diese Initiativen.
Die Landesregierung hat nicht die Kompetenz – auch wenn sie sie gern hätte –, um auf der Bundesebene das zu bewegen, was Sie jetzt vorgeschlagen haben, z. B. Verbote. Da müssen die Bundesregierung und die Europäische Kommission reagieren. Aber die Landesregierung unterstützt das gern, wie man an der Beantwortung der Großen Anfrage sieht.
Plastik ist ziemlich praktisch, und deshalb findet es sich so gut wie überall. Die Kolleginnen haben schon darauf hingewiesen: Es ist ein generelles Problem, und wir können es jetzt wahrscheinlich nicht einseitig lösen, indem wir die Migration bei Lebensmitteln angehen, sondern wir müssen das Thema ein bisschen globaler sehen.
Das globale Problem ist, wie der Film Plastic Planet drastisch verdeutlicht hat, dass Plastik fast überall im Gebrauch ist und dass es die Meere verschmutzt. Wir alle kennen die Bilder von den Müllstrudeln im Meer, also quadratkilometergroße Flächen von aneinandergereihten Plastiktüten im Meer. Deshalb greift es zu kurz, wenn man jetzt nur über diese Grenzwerte sprechen würde, über Verbote von Einzelsubstanzen und Kontrollen. Das ist natürlich wichtig. Das will ich nicht in Abrede stellen. Aber ich glaube, dass wir das Ganze auch ein bisschen globaler betrachten müssen, um das ganze Problem in den Griff zu bekommen.
(Beifall der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Wir müssen darüber reden, wie wir dahin kommen, den Plastikmüllberg zu verkleinern. Ich glaube, das ist die zentrale Frage. Deutschland ist leider Europameister. Wir produzieren mit Abstand am meisten Verpackungsmüll in der gesamten Europäischen Union – insgesamt und pro Kopf. Ich glaube, auf diesen Meistertitel können wir nicht stolz sein.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wie kann man darauf reagieren? – Wir brauchen eine längere Lebensdauer von Produkten. Wir müssen natürlich Plastikmüll vermeiden. Unnötige Verpackungen müssen vermieden werden. Wir brauchen mehr Recycling, und wir brauchen Produkte, die nicht von der Wiege, also der Produktion, bis zur Bahre gehen und dann vernichtet, also verbrannt, oder vielleicht, wenn es hoch kommt, recycelt werden. Sondern wir brauchen wirklich einen Produktzyklus von der Wiege bis zur Wiege, der dann also komplett in den Kreislauf der Produktion geht. Ich glaube, das ist die Antwort auf die zentralen Fragen.
Meine Damen und Herren, der Trend zur Wegwerfkultur – Frau Kollegin Schott hat auch darauf hingewiesen – muss gestoppt werden. Wir leben bereits jetzt schon über die Grenzen unseres Planeten hinaus. Sicherlich benötigen wir weiterhin das Material Kunststoff, das in vielen Bereichen wie z. B. der Medizin unabdingbar ist. Aber wir müssen einfach wegkommen von unserer Ex-und-hopp-Kultur, sonst schaufeln wir uns unser eigenes Plastikgrab.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Alternativen gibt es. Es gibt biologisch abbaubare Stoffe. Es gibt nachwachsende Rohstoffe. Es gibt Mehrweg. All das gibt es schon. Es gibt Läden wie „Unverpackt“, also Läden, zu denen man hingehen und sich selbst seine Lebensmittel in mitgebrachte Behälter abpacken kann. Ich glaube, das sind gute Ansätze. Sie sind unterstützenswert. Es gibt Alternativen wie Bee’s Wrap, also eine Bienenhülle, ganz aus Öl und Wachs bestehende Baumwollgewebe, die eine Alternative zu Plastik darstellen und innerhalb von sechs Wochen abbaubar sind statt wie Plastik innerhalb von 100 Jahren.
All diese Dinge gibt es. Ich bin froh, dass es hier schon Initiativen und Ansätze gibt und dass es mittlerweile viel mehr Menschen gibt, die sagen, dass sie einfach keine Lust mehr auf diesen ganzen Plastikmüll haben und in diese Läden gehen und diese Alternativen auch nutzen.
Auch Plastiktüten sind nicht notwendig. Ich bin aufgewachsen mit dem Spruch „Jute statt Plastik“. Dieser Spruch hat sozusagen meine Schulzeit begleitet. Diese etwas muffig riechende kratzende Stoffhülle kennen Sie vielleicht auch. Das war damals der Klassiker für die Umweltbewegung und die Solidarität mit der Dritten Welt. Wer nicht unbedingt eine Jutetasche haben will, kann auch eine ganz normale Stofftasche nehmen. All diese Dinge gibt es schon. Man muss es nur anpacken.
Ich bin froh, dass auch unsere Ministerin sich des Themas annimmt und auch konkrete Initiativen in diese Richtung zum Thema nachhaltiger Konsum, weniger Verpackung und weniger Verpackungsmüll startet wie z. B. die Initiative „Becher-Bonus“. Kaffeetrinker sollen ihre eigene Tasse mitnehmen und füllen lassen, wenn sie im Café, der Bäckerei oder in der Tankstelle ein Getränk mitnehmen. Das schlägt sie im Rahmen der Initiative „Becher-Bonus“ vor. Ich habe einmal nachgeschaut: Die Deutsche Umwelthilfe prangert an, dass im Jahr in Deutschland 2,8 Milliarden Becher für Mitnehmkaffee verbraucht werden. Das sind nicht einfach nur Papp- oder Papierbecher, sondern sie sind auch beschichtet. Von daher ist es auch ein Riesenmüllberg, der da produziert wird. Auch die Deutsche Umwelthilfe schlägt vor, dass man freiwillige Anreize und Bonussysteme nutzt, wie unsere Ministerin das auch vorgeschlagen hat. Da bekommen die Leute wirklich einen Anreiz, mit ihrem eigenen Becher dahin zu gehen, indem sie dann zehn oder 20 Cent sparen.
Wir haben es bedauert, dass die SPD, die Opposition, dann reflexhaft, weil es ein Vorschlag von unserer Ministerin ist, das als Symbolpolitik abtut. Die Ministerin handelt hier also konkret bei den Kontrollen für die Lebensmittelverpackung, aber auch beim Thema nachhaltiger Konsum. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer.

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