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10.03.2016

Frank-Peter Kaufmann: Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Frankfurt weiterentwickeln

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erleben in dieser Frage, wenn ich es recht wahrgenommen habe – und ich habe sehr genau zugehört –, eine sehr zweiseitige Debatte, zum einen den Versuch des Kollegen Rentsch und der FDP mit ihrem Antrag und insbesondere auch mit dem Interview am Samstag vor dem Wahltag, Vorwürfe an die Landesregierung zu richten. Jetzt haben wir – insoweit kann man sogar für den Setzpunkt danken – eine qualitativ sehr hochwertige Debatte, eingeleitet vom Staatsminister, vom Kollegen Reif, aber auch vom Kollegen Schäfer-Gümbel, gehört, wo wir uns als Landtag zu den verschiedenen Aspekten dieser Problematik austauschen können.

Herr Kollege Rentsch, der entscheidende Unterschied ist, dass Sie wieder einmal in der Ihnen eigenen Art gleich meinten, Sie müssten Ohrfeigen verteilen, obwohl es viel klüger gewesen wäre, sich mit der Sache zu befassen. Wir im Landtag können auch eine Position formulieren, und so, wie ich die Debatte verstanden habe, ist sie sehr breit getragen, mit den Aspekten, die auch schon genannt wurden. Was wir nicht können, was wir nicht tun sollten und, vor allem wenn wir das Ergebnis gern hätten, wie es hier formuliert ist, auf jeden Fall vermeiden müssten, ist, auch nur den Eindruck zu erwecken, wir würden aus nicht sachgerechten Gründen eine Entscheidung der zuständigen Behörde, nämlich des Wirtschaftsministers, hier präjudizieren oder gar vorgeben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Genau das ist der Unterschied. Genau an dieser Stelle hat der Kollege Rentsch wieder einmal das gemacht, was ihm immer mal wieder gelingt, nämlich völlig neben der Sache zu liegen. Ich mag Ihnen gern unterstellen, dass Sie in der Sache positive Absichten gehabt haben. Allein, sie sind nicht herausgekommen, sie sind nicht deutlich geworden. Das Zitat vom früheren Wirtschaftsminister Dieter Posch, das wir bereits gehört haben, ist nur eines aus der Debatte vom 3. März 2011. In ähnlicher Weise hat sich auch der damalige Fraktionssprecher der FDP, der ehemalige Kollege Fritz Krüger, geäußert. Ich darf das auch noch zitieren:
Erst wenn diese Dinge abschließend auf dem Tisch des Hauses liegen und ein mit Sicherheit komplizierter Fusionsvertrag vorliegt, kann man sich inhaltlich mit diesen Fragen beschäftigen. Alles andere – ich wiederhole mich – ist nichts anderes als Spekulation …
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, diese Sache ist viel zu ernst, als dass wir uns hier in Spekulationen ergehen sollten. Die Aspekte, warum sie so ernst ist für den Finanzplatz Frankfurt, letztendlich für die wirtschaftliche Kraft des Landes Hessen und insbesondere auch im Interesse der Menschen, die dort in der Finanzwirtschaft arbeiten, sind allen bekannt. Deswegen hat der Kollege Krüger damals an einer späteren Stelle weiter ausgeführt – ich zitiere –:
Wir gehen davon aus, dass durch die Prüfung der BaFin und durch das hessische Wirtschaftsministerium als Börsenaufsichtsbehörde auf deutscher Seite ausreichend sachkundig und fachkundig entschieden wird, und zwar nach Recht und Gesetz, wie das bei uns üblich ist.
Verehrter Herr Kollege Rentsch, genau das wird geschehen. Das hat uns Staatsminister Al-Wazir zu Beginn der Debatte sehr klar dargelegt, und daran gibt es auch nicht den geringsten Zweifel.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Ich will noch anfügen: Weil wir an dieser Stelle durchaus auch inhaltliche Positionen aus Sicht des Landtags, der Fraktionen und der Abgeordneten darstellen, will ich daran erinnern, dass wir uns bei der damaligen Debatte, als es um die New York Stock Exchange ging, äußerst skeptisch geäußert haben – aus guten Gründen.
Diese Skepsis ist aus unserer grünen Sicht auch bei der aktuell anstehenden Frage durchaus geboten – um nicht zu sagen: fast schon zwingend.
Ich bin nicht der Börsenfreak per se; das will ich auch gar nicht behaupten. Aber ich weiß nicht, worin der Nutzen liegen soll, den Standort mit all dem, was dranhängt – was hier auch schon dargestellt worden ist –, vom Finanzplatz Nummer eins der Eurozone zu verlagern. Dabei glauben wir alle – ich dachte zumindest, es sei so –, dass der Euro als eine der tragenden Weltwährungen in Zukunft eher an Stärke gewinnen als verlieren sollte.
Wo ist da also der Sinn? Diese Frage kann ich nur in den Raum stellen. Die Euroraum-Frage ist eine etwas andere als die EU-Frage, die darüber hinausgeht und hier auch schon thematisiert worden ist.
Meine Damen und Herren, unsere Position, die man durchaus als Signal aus Wiesbaden senden kann, ist – vielleicht wird es der Vorstandsvorsitzende der Deutsche Börse AG verstehen –: Wir sind äußerst skeptisch. Unser Ziel ist es, die Kraft des Finanzplatzes Frankfurt im Interesse aller Beteiligten, einschließlich der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Finanzwirtschaft, zu stärken.
Abgesehen davon denke ich – das sollte zumindest überwiegend der Eindruck sein –, dass die hessische Börsenaufsicht die Fragen dann sachgerecht prüfen und entscheiden wird, wenn es so weit ist, nämlich wenn konkret auf dem Tisch liegt, was wirklich beabsichtigt ist.
Es sollte also keine Panikmache geben, aber man sollte umgekehrt auch nicht in Euphorie verfallen und meinen, dass nur der Zusammenschluss mit London das richtige Ergebnis ist. Keineswegs: Nüchternheit ist angesagt, die Fakten müssen auf den Tisch, und dann wird sorgfältig entschieden.
Verehrter Kollege Rentsch, für Narzissmus oder Eitelkeiten – das konnte man Ihrer Rede wieder entnehmen – ist hier eigentlich kein Platz. Dafür ist die Sache zu ernst. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Vizepräsident Wolfgang Greilich:
Vielen Dank, Herr Kaufmann.